Название: Bauphysik-Kalender 2021
Автор: Группа авторов
Издательство: John Wiley & Sons Limited
Жанр: Отраслевые издания
isbn: 9783433610558
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Es ist zu erwarten, dass in den nächsten Jahren weitere Forschungsergebnisse vorgelegt werden und zumindest die Sachversicherer erhöhte Anforderungen stellen werden. Bei CEN TC 127 (dem europäischen Normungsgremium für die Prüfung des Brandverhaltens von Bauprodukten) wird derzeit diskutiert, ob eine zusätzliche Prüfnorm für die Prüfung des Brandverhaltens von Dächern unter Solarmodulen erstellt werden muss (Stand 2020).
12 Weitere Beispiele für brandsicheres Bauen mit Kunststoffen
Ein Beispiel sind Sandwichelemente mit organischem Kernwerkstoff und nichtbrennbaren Deckschichten, z. B. aus Stahl. Wichtig ist bei solchen Elementen immer, dass der Kernwerkstoff vor dem direkten Angriff einer Flamme geschützt bleibt. Der Schwachpunkt bei solchen Konstruktionen sind in der Regel die Fugen. Sind diese gut konstruiert und verschraubt oder anderweitig verbunden, können die Flammen im Brandfall den Kernwerkstoff nicht erreichen und entzünden; eine Brandausbreitung im Inneren des Elements wird unmöglich gemacht. Dies kann aber nur funktionieren, wenn auch die Tragkonstruktion des Bauwerks ausreichend stabil ist und insbesondere Deckenelemente und deren Deckschichten so befestigt sind, dass auch im Falle eines Brandes gewährleistet ist, dass weder die Elemente, noch die Deckschichten herunterfallen können.
Unterschiedliche Schutzziele können durch die Verwendung von Sandwichelementen mit unterschiedlichen Kernwerkstoffen erreicht werden.
Soll z. B. eine Konstruktion einen langandauernden Feuerwiderstand gewährleisten, müssen bei Beflammung von einer Seite mit der sogenannten „Einheitstemperaturkurve“, die einen sich entwickelnden Brand bis hin zum Vollbrand simuliert, die folgenden Anforderungen erfüllt werden:
– Die untersuchte Konstruktion muss intakt bleiben (kein Flammen- oder Rauchdurchtritt).
– Die Temperatur auf der dem Feuer abgewandten Seite darf bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten.
Diese Ziele können mit einem Sandwichelement nur dann erreicht werden, wenn der Kernwerkstoff nicht thermoplastisch ist. Bei duroplastischen Dämmstoffen wie PUR/PIR- oder Phenolharzschäumen bleibt trotz der teilweisen thermischen Zersetzung ein Kohlenstoffgerüst stehen und damit ist eine gewisse Wärmeisolation auch nach längerer Hitzeeinwirkung gewährleistet.
Ein anderer Fall kann bei der Auslegung von großen Industrie- oder Lagerhallen auftreten. Wenn hier eine große Brandlast (z. B. durch das Lagergut) im Inneren eines Raumes oder Gebäudes vorhanden ist und somit die Gefahr eines Brandes mit hoher Wärmeentwicklung besteht, kann es wünschenswert sein, dass möglichst viel Wärme nach außen abgeführt wird. Sind nun hier als Dämmstoff thermoplastische Schäume eingesetzt, so schmelzen diese schnell und die Wärmeabfuhr nach außen wird erleichtert. Dieser Effekt kann mit Mineralwolldämmung, PUR- oder Phenolharzschäumen nicht erreicht werden. Allerdings müssen hier besondere Vorkehrungen getroffen werden, dass keine flüssige Schmelze an den Kanten und Fugen heraustropft oder herausläuft und sich entzündet.
Kunststoffe können auch gezielt für den Brandschutz eingesetzt werden. Die Eigenschaften bestimmter Kunststoffe können genutzt werden, um im Falle eines Brandes mehr Sicherheit zu erreichen.
Ein Beispiel ist der Einsatz von thermoplastischen Verglasungen als Lichtkuppeln. Diese werden bei der Konzeption von Gebäuden oft als Öffnungen für den Rauch- und Wärmeabzug eingeplant, da sie im Falle eines Brandes schnell schmelzen und somit Öffnungen entstehen, durch die der nach oben strebende heiße Rauch abziehen kann.
Bei Rohren kann das thermoplastische Verhalten der eingesetzten Kunststoffe einen Beitrag zur Brandsicherheit leisten. Wenn Rohre durch Brandwände geführt werden (die im Falle eines Brandes feuerwiderstandsfähig sein sollen, also einen Branddurchtritt in angrenzende Räume verhindern), können die Rohrdurchführungen Schwachstellen sein. Bei Verwendung thermoplastischer Rohre in Verbindung mit Produkten die im Brandfall aufschäumen, ist es möglich, einen Branddurchtritt zu verhindern, da die thermoplastischen Rohre durch die Hitzeeinwirkung erweichen. Diese können dann von dem aufschäumenden Brandschutz-Produkt (z. B. auf Basis von Wasserglas oder Blähgraphit) in einer Brandschutzmanschette zusammengedrückt werden – die Öffnung wird vollständig verschlossen und Flammen, Hitze und Rauch können nicht in angrenzende Räume durchtreten.
Ein weiteres Beispiel sind Dichtmassen, die beim Brandschutz eine große Rolle spielen können, z. B. bei Türen, Durchgängen und Trennwänden. Neben schwerentflammbaren Produkten spielen hier reaktive Produkte eine große Rolle. Sie bestehen in der Regel aus einer Grundmasse aus Kunststoff mit Zusatzstoffen, wie Blähgraphit. Solche Dämmschichtbildner können bis auf das 70-fache ihrer Ausgangsdicke aufschäumen. Durch diesen Effekt verschließen sie Öffnungen und Hohlräume und hindern das Feuer daran, sich weiter auszubreiten. Je nach den gestellten Anforderungen gibt es Produkte mit unterschiedlichem Blähdruck, unterschiedlicher Reaktionszeit und Wirkungsrichtung. Die komplexen und vielschichtigen Eigenschaften von Dämmschichtbildnern erlauben den individuell definierten und gezielten Einsatz und garantieren den optimalen Wirkungsgrad im Brandfall.
13 Zusammenfassung
Kunststoffe sind brennbar, können aber dennoch im Bauwesen so verwendet werden, dass im Brandfall kein Risiko für die Bewohner entsteht. Bei einer Reihe von Anwendungen können sie sogar zur Verbesserung der Brandsicherheit eingesetzt werden.
Das Brandverhalten von Kunststoffen für den Einsatz im Bauwesen wird nach verschiedenen Prüfmethoden beurteilt. Wie bisher in Deutschland, gibt es jetzt in Europa ein Prüf- und Klassifizierungssystem, mit dem brennbare Baustoffe in verschiedene Klassen eingeteilt werden.
Die Beurteilung der werkstoffspezifischen Eigenschaften alleine hat jedoch oft wenig mit den Risiken beim tatsächlichen Anwendungsfall zu tun. Es ist und bleibt zwar sinnvoll (in Deutschland sogar vorgeschrieben), keine leichtentflammbaren Produkte zu verwenden, da diese ein besonderes Risiko für die Brandentstehung z. B. in der Bauphase darstellen, selbst wenn sie in der Endanwendung vor dem Angriff von Hitze und Flammen geschützt sind. Aber die Art und Nutzung des Gebäudes, die Verwendung und der Einbau der jeweiligen Produkte und die Eigenschaften von Verbundkonstruktionen sind entscheidende Faktoren, um für das Gebäude insgesamt ein sinnvolles brandschutztechnisches Konzept realisieren zu können. Die Bestrebungen der Gesetzgeber in vielen europäischen Ländern gehen dahin, ihre Vorschriften weiterzuentwickeln, sodass nicht mehr die bisher übliche isolierte Betrachtung von Werkstoffeigenschaften im Vordergrund steht, sondern eine brandschutztechnisch sinnvolle Gesamtkonzeption von Gebäuden. Im Rahmen von Brandschutzkonzepten können dann die jeweiligen Eigenschaften von Kunststoffen optimal genutzt und Risiken durch entsprechende konstruktive Maßnahmen minimiert werden.
14 Literatur
[1] Study to evaluate the need to regulate within the Framework of Regulation (EU) 305/2011 on the toxicity of smoke produced by construction products in fires, 17.01.2018.
[2] Final Technical Report – SBI 2nd Round Robin, Januar 2005.
[3] Fraunhofer ISE (2020) Aktuelle Fakten zur Photovol-taik in Deutschland, 26.03.2020.
[4] Solar America Board for Codes and Standards (2010) Fire classification rating testing of stand-off mounted photovoltaic modules and systems [online] http://www.solarabcs.org/about/publications/reports/flammability-testing/pdfs/Solar%20ABCs-36-1-pager.pdf.
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