Название: Radieschen von unten
Автор: Marie Kastner
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783967525731
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Aber was, und vor allen Dingen: Wieso, zum Henker?
Nervöse Unruhe befiel ihn, er geriet ins Grübeln.
Er konnte in der Zwischenzeit wohl kaum was falsch gemacht haben, ganz im Gegenteil. Julia hatte ihre restlichen Sachen bei ihm in Elend abgeholt. Sie hatten sich in finanzieller Hinsicht fair geeinigt und waren danach friedlich auseinandergegangen. Eine schmutzige und langwierige Scheidung war damit endgültig vom Tisch. Also hatte er genau das getan, worauf Marit größten Wert gelegt hatte. Weshalb also behandelte sie ihn wie Dreck? Oh ja. Marit war ihm definitiv eine Erklärung schuldig.
Irgendwann hielt er es nicht mehr aus, total ignoriert zu werden, ging Marit suchen und fand sie mit Fred Jablonski, Verena Kant und Thomas Wolters‘ Vorzimmerdame Christa in der Teeküche. Es genügte ein tiefer, prüfender Blick in Marits bernsteinbraune Augen – und Mader wusste mit vernichtender Klarheit, woran er bei ihr war. Das durfte doch nicht wahr sein.
»Ach, hier bist du. Mir war doch so, als hätte ich deine Stimme gehört. Bringst du mir bitte auch eine Tasse Kaffee mit, wenn du dich nachher offiziell zurückmelden wirst?«, plauderte er, scheinbar lässig. In seinem Innersten sah es freilich vollkommen anders aus. Sein Herz stand kurz davor, brüllend Amok zu laufen.
Marit nickte, tat so, als hätte sie den Seitenhieb mit der verspäteten Rückmeldung nicht bemerkt.
»Na klar, ich komm in ein paar Minuten rüber. Und zum Wolters muss ich vorher auch noch«, beschied sie ihm emotionslos. Keine erkennbare Wiedersehensfreude, kein Lächeln erhellte ihr hübsches Gesicht. Das konnte ja heiter werden.
Fred und Verena merkten ebenfalls, dass Ärger in der Luft lag. Diese Kollegen hatten längst was vom Techtelmechtel der beiden geahnt, wechselten jetzt irritierte Blicke.
Wer hatte hier wohl wen abserviert?
Die illustre Runde löste sich auf. Mader dackelte wie ein geprügelter Hund zurück in sein Zimmer. Er kam sich reichlich doof vor. Hatte er sich dermaßen in Marit getäuscht – oder gab es eine harmlose Erklärung für ihr schnödes Verhalten?
Das werden wir sehen. Nur Geduld, Bernd. Du darfst nichts übers Knie brechen und keine voreiligen Schlüsse ziehen. Beruhige dich erstmal. Sie wird die Sache aufklären, das muss sie ja eigentlich.
Die Selbstsuggestion zeigte keinerlei Wirkung. Er tigerte entnervt in seinem Zimmer auf und ab, bis sie schließlich mit zwei dampfenden Tassen zur Tür hereinkam. Selbst die anmutige Bewegung, mit der sie ihm immer die Kaffeetasse über den Schreibtisch reichte, hatte sich nach diesem vermaledeiten Urlaub verändert. Auch das aufmunternde Lächeln fehlte gänzlich.
Sie setzte sich ihm gegenüber. Der Schreibtisch stand wie eine Barriere zwischen ihnen. Aber leider nicht nur der.
»So, der Dienst hat mich wieder. Na, wie viele Leichen haben unsere lieben Harzer in der Zwischenzeit produziert?«, fragte sie launig. Ein Ausweichmanöver, zweifellos. Sie wollte offenkundig nicht über Privates reden. Aber so billig würde sie ihm nicht davonkommen.
»Du wirst es ja kaum glauben, die Wernigeröder leben alle noch. Wir kommen momentan sogar zum Aufarbeiten der liegengebliebenen Sachen. Richtig langweilig ist es hier zurzeit, doch das kann auch mal nicht schaden. Wir kriegen unsere Schreibtische frei und können endlich wieder ein bisschen Privatleben genießen.
Apropos genießen … wie war dein Urlaub? Alles so gewesen, wie du es dir erhofft hattest?«
»Oh, es war herrlich, noch viel schöner als ich es mir vorgestellt hatte. Du hast ja die Fotos gesehen«, schwärmte Marit verträumt.
Er verschränkte die Arme, nahm sie ins Visier.
»Und?!«
»Was … und?«
»Das weißt du ganz genau. Aber bitte sehr. Ich hätte gerne gewusst, was in diesem Urlaub vorgefallen ist. Du bist reserviert und abweisend«, brummte er angesäuert. Nun durfte er sich nicht nur eine schallende Ohrfeige für sein Gefühlsleben abholen, sondern musste ihr diese auch noch selber aus der Nase ziehen.
»Ich wollte damit nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, lieber später mit dir über einiges Wichtige reden. Unter anderem darüber, dass ich mich so schnell wie es geht für mindestens ein Jahr beurlauben lassen möchte. Du musst mir glauben, dass ich sowas nicht beabsichtigt hatte, Bernd. Es kam einfach aus dem Nichts.
Ich bin verliebt und werde auf die Insel ziehen, dort mit meinem Freund eine Surfschule eröffnen. Er hat mich gebeten, ihn zu unterstützen. Ich weiß, was ich dir damit antue. Ich kann einfach nicht anders, es tut mir leid. Manchmal schreibt das Leben Geschichten, die man selbst kaum glauben kann«, strahlte sie.
Es tut ihr leid? Geschenkt! Sie hat dich, aus einer Laune heraus, ausrangiert und abgeschoben. Vielleicht war es sogar gut, dass es jetzt zu Anfang und nicht später, nach vielen gemeinsamen Jahren, geschehen ist. Trotzdem. Sie lässt dich wegen einer Urlaubsaffäre fallen wie eine heiße Kartoffel und erwartet dafür auch noch Verständnis. Du musst ihr so richtig die Meinung geigen, suggerierte sein Verstand.
Bernd verzog das Gesicht, schüttelte missbilligend den Kopf.
»Und für einen braungebrannten Hallodri, den du seit wenigen Tagen kennst, willst du daheim alles hinschmeißen, inklusive deines Jobs? Mensch Marit, solch ein himmelschreiender Leichtsinn passt doch überhaupt nicht zu dir!
Okay, der Typ hat dir die Sinne vernebelt. Die wunderschöne Umgebung, die Sonne, die Unbeschwertheit nach all dem Stress … in solchen Situationen kann es leicht vorkommen, dass man ein wenig abhebt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, was das spanische Lebensgefühl mit einem anstellen kann. Aber eine gestandene, lebenserfahrene Frau wie du solltest doch merken, wann es an der Zeit wäre, wieder auf dem Boden der Tatsachen zu landen. Wach auf und denk nach, Marit!«
Sie zog eine beleidigte Grimasse, entgegnete kein Wort.
Er war ohnehin noch nicht fertig mit ihr.
»Ein arbeitsloser Surfer, der von der Selbständigkeit träumt. Du meine Güte, was für ein abgedroschenes Klischee. Ist dir eigentlich schon mal ernsthaft in den Sinn gekommen, dass er dich womöglich als Mittel zum Zweck sieht, im Grunde bloß deine Arbeitskraft und dein Geld abzocken will? Du bist sicherlich nicht die erste und auch nicht die letzte Frau, der er diesen Bären mit der Surfschule aufgebunden hat. Geschichten wie diese sind geradezu typisch«, wetterte Bernd abschätzig.
Er war tatsächlich vollkommen außer sich. Gut, dass Marit sich gegen ein Leben mit ihm, dem elf Jahre älteren Scheidungsopfer und Vater von zwei Kindern, entschieden hatte, zugunsten eines Jüngeren, schien ihm, jedenfalls von ihrer Warte, noch halbwegs verständlich zu sein. Sowas kam vor. Damit musste er irgendwie fertigwerden, auch wenn es irre wehtat.
Aber ein neues Leben mit einem Surflehrer anfangen zu wollen, den sie gerade seit ein paar Tagen kannte, für ihn auszuwandern … so dumm konnte sie doch eigentlich gar nicht sein, oder? Surfer gehörten, genau wie Ski- und Fahrlehrer, zu den berüchtigtsten Flirtprofis dieser Welt. Das sagte ihm seine Lebenserfahrung. Und СКАЧАТЬ