Das Geheimnis von Karlsruhe. Bernd Hettlage
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Название: Das Geheimnis von Karlsruhe

Автор: Bernd Hettlage

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Lindemanns

isbn: 9783881908351

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СКАЧАТЬ Kadett des Baden-Durlachischen Regiments hob einen Metallkasten vom Kutschbock und brachte ihn in die Mitte. Dann trat zu meiner Überraschung auf einmal der Prorektor des Durlacher Gymnasiums vor, der Herr Johann Caspar Malsch, und holte unter seinem Rock ein Stück Papier hervor, das er auseinanderfaltete.

      Ich kann den Herrn Malsch nicht leiden. Er ist ein eitles, kleines Männlein. Als Schüler hatte ich unter ihm leiden müssen. Einmal war ich vor der Schule in einen Raufhändel mit dem Sohn eines Kammerherrn verwickelt und kam mit am Knie aufgerissener Hose und dreckigem Hosenboden in den Unterricht. Was sollte ich tun? Noch schlimmer wäre es gewesen, erst nach Hause zu rennen und um eine neue Hose zu bitten, um dann zu spät zum Unterricht zu kommen. Da hätte ich zweimal Dresche bezogen, erst zu Hause und dann in der Schule.

      Ich versuchte, den Zustand meiner Hose unter der Bank zu verbergen, aber der Prorektor hatte mich wohl schon zuvor gesehen, als ich das Gebäude betrat. Er zog mich am Ohr aus der Bank und vor den Katheder, wo er mich vor versammelter Klasse lächerlich machte: „So, der Herr Arnold. Tut immer so intelligent, kann aber anscheinend nicht einmal den Inhalt seines Gedärms bei sich behalten. Guckt mal seinen braunen Hosenboden an.“

      Er drehte mich mit dem Rücken zur Klasse und alles lachte. Am lautesten brüllte Wieland Müller, der Sohn des Hofkammerrates, mit dem ich mich vorher geprügelt hatte.

      „Und zerrissen ist seine Hose auch.“

      Malsch drehte mich wieder nach vorne.

      „Bist du so ein Lump? Dann solltest du dich auch zum Lumpenpack gesellen, aber in unseren ehrwürdigen Mauern hast du mit solch einer Hose nichts zu suchen.“

      Er gab mir eine Kopfnuß und forderte mich dann auf, mich wieder hinzusetzen. Ich könne von Glück sagen, daß er heute milde gestimmt sei, sonst hätte ich den Rest des Vormittages im Karzer verbracht.

      Jetzt las der Herr Prorektor, dem ich zum Glück inzwischen entkommen war, ein offensichtlich selbst verfaßtes Gedicht vor, allerdings auf Latein, darin war ich nicht so gut. Ich verstand nur ein paar Bruchstücke, es ging um den Stein und den Turm, der auf ihm errichtet werden soll, und daß beides Jahrhunderte überdauern und immer stärker werden möge. Dann ging es noch um die Sonne und ihre Kraft oder irgendeine Kraft, die damit verbunden war. Es hörte sich wie der übliche Stuß an, den Malsch auch gegenüber uns regelmäßig äußerte, weswegen ich in seinem Unterricht oft weghörte und als Folge davon jetzt eben in Latein nicht besonders gut war. Aber was brauche ich das Latein schon zum Bauen von Häusern und Schlössern?

      Als der Prorektor geendet hatte, wurde der Grundstein, ein ausgehöhltes, steinernes Gefäß, in die Grube hineingelassen. Soweit ich erkennen konnte, kamen eine Flasche Wein, ein Porträtbild des Markgrafen, das Gedicht selbst und ein paar Münzen hinein. Dann zog Richtenfels aus der Kiste, die der Kadett zuvor von der markgräflichen Kutsche gehoben hatte, eine rautenförmige Metallplatte hervor. Ihre Seiten waren mehr als eine halbe Elle lang und sie blinkte, als sei sie aus purem Gold. Auf der Oberfläche schien eine Art stilisierte Sonne eingeprägt zu sein.

      Ein Raunen ging durch die Menge. Der Markgraf sah der ganzen Szene höchst interessiert zu. Richtenfels legte die Platte in den Grundstein und verschloß ihn dann.

      „Was war das?“, fragte der Baumeister Schwartz seinen Kollegen, den Herrn von Bazendorff.

      Der zuckte unwirsch die Schultern.

      „Habt Ihr gesehen, was darauf eingeritzt war?“, fragte Stadelmann die beiden, während er sich zu ihnen umwandte.

      „Nein“, sagte Bazendorff.

      „Sah aus wie der Plan, der uns heute in der Kabinettssitzung als des Herrn Richtenfels’ Plan für die neue Residenz vorgestellt wurde.“

      Der Markgraf hob jetzt den Kopf und spähte in Richtung der schwatzenden Räte. Sie schwiegen sofort. Carl Wilhelm sah schlecht aus, er hatte tiefe Schatten unter den Augen und wirkte müde. Schon lange ging das Gerücht um, daß ihm sein ausschweifender Lebensstil zusetzte und ihn vor der Zeit altern ließ.

      Regen setzte wieder ein, aber die Zeremonie war noch nicht zu Ende. Ohne darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Tropfen auch den Hermelin in Mitleidenschaft zogen, hob der Markgraf an, daß er gedenke, zum Anlaß dieses Tages einen badischen Hausorden zu gründen, den er unter die Devise der Treue stellen wolle – Fidelitas sei deshalb sein Name. Neun solle die Zahl der ersten Ordensritter betragen. Eine ebenso heilige wie sinnfällige Zahl, fügte der Markgraf hinzu, ohne näher zu erläutern, warum das so war.

      Damit war zur Überraschung aller die Zeremonie beendet. Es gab weder eine Gründungsfeier des Ordens noch wurden die Namen der neun Ritter bekanntgegeben. Vielleicht waren sie ja auch gar nicht anwesend.

      Stattdessen begab sich der Markgraf zusammen mit Richtenfels und den Handwerkern unverzüglich in den Schutz der trockenen Bauhütte. Dort brannte wohl schon ein Feuer im Ofen, wie man an dem Rauch erkennen konnte, der sich aus dem Schornstein kräuselte. Von Loewencron, von Bazendorff und Schwartz waren ebenfalls zu der Feier geladen, aber von den Geheimen Räten nur die, die unmittelbar mit den Bautätigkeiten zu tun hatten. Als Stadelmann und Müller der Gesellschaft in die Hütte folgen wollten, stellte sich ihnen Richtenfels am Eingang entgegen.

      „Meine Herren.“ Er hob die Hände mit nach außen gekehrten Handflächen vor die Brust. „Auf Sie wartet andere Arbeit.“

      Die beiden zogen empört ab.

      Ich konnte ihn in diesem Moment zum ersten Mal aus leidlicher Nähe betrachten. Tiefe Falten hatten sich um seinen Mund gegraben. Seine Gesichtshaut schien von roten Adern durchzogen, als habe er sich sein ganzes Leben lang oft im Freien aufgehalten. Aber vielleicht kam das auch von den alchemistischen Experimenten, die er angeblich in gräflichem Auftrag als Bergwerksdirektor in Thüringen unternommen hatte.

      Ich sann noch über diese Dinge nach, während Richtenfels längst in der Hütte verschwunden war, als plötzlich der eben abgewiesene Geheimrat Stadelmann neben mir stand.

      „Junge“, er beugte sich vertraulich zu mir, so daß der Regen von seinem Hut herunterlief. „Du sollst doch künftig für den Richtenfels arbeiten, ist das richtig?“

      Ich nickte und zitterte ein wenig, weil mir die Nässe mittlerweile gänzlich unter die Haut gekrochen war.

      „Erstatte mir doch gelegentlich Bericht darüber, was der Herr Richtenfels so spricht und was er für Pläne hat. Dein Schaden soll es nicht sein.“

      Sein Atem roch sauer nach dem Wein und dem Braten, den er wohl zu Mittag zu sich genommen hatte. Er atmete schwer und suchte meinen Blick. Trotz des Wetters schien er unter seiner Perücke zu schwitzen, denn er kratzte sich dauernd den Kopf, wobei dieselbige verrutschte und verklebtes, dünnes Kopfhaar zum Vorschein kam.

      „Irgendwann wird der Herr Richtenfels auch wieder fort aus der Markgrafschaft sein, eher früher als später, wie ich meine.“ Stadelmann grinste grimmig. „Du aber willst doch sicher bleiben und hier außerdem noch etwas werden, wie ja jeder weiß – oder, Herr Arnold?“

      Ich nickte wieder.

      „Sicher, Herr Geheimrat.“

      „Dann warte ich auf deinen Rapport. Ich bin jeden Montagabend im Waldhorn. Punkt 20 Uhr nehme ich dort mein Abendessen, eine Stunde später verlasse ich die Gaststätte für einen kleinen Spaziergang. Den, würde ich vorschlagen, unternehmen wir künftig gemeinsam. Du wartest auf mich am Waldesrand. Es muß uns ja nicht unbedingt jemand zusammen sehen. Und wenn doch, bin ich dein wohlwollender Förderer, СКАЧАТЬ