Höllen-Lärm. Ian Christe
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Название: Höllen-Lärm

Автор: Ian Christe

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

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isbn: 9783854454137

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СКАЧАТЬ entgegenbiegen. Unten auf dem Gras bluten Mohnblüten einem zuckenden Tod entgegen, und junge Kaninchen, tot in Fal­len geboren, stehen bewegungslos da, als bewachten sie die Stille, die sie umgibt und alle zu verschlingen droht, die zuzuhören wagen …

      Mit silbernen Kreuzen kultivierten die Mitglieder von Black Sabbath ein Bild des Unheimlichen – ein Image, das stark vom damals angesagten Interesse an Hexerei und Mystizismus geprägt war. Das machte die Band bei selbst ernannten Satanisten berühmt und berüchtigt und sorgte für ein paar kleine öffentliche Proteste von Kirchgängern. Rockstars vor ihnen hatten das Pop­bewusstsein mit Blumen und Straßenparaden verzaubert und versprochen, die Welt zu verändern. Black Sabbath liefen am Ende der Prozession, predigten noch immer die Notwendigkeit der Liebe, warnten aber die Nachzügler, dass es keine Rückkehr zur Gnade Gottes gab. Während die meisten populären Zeit­genossen auf dem „Mädchen beißt Mann“-Gebiet versackten, sangen Sabbath von vaterlosen Kindern und der Schlechtigkeit der Welt. Bill Ward beschrieb die edle Außenseiterperspektive der Band später als „gesunde Wut“.

      Wie ein nachhallendes Echo aus lange vergangener Zeit inszenierte die Musik Konflikte zwischen Menschen auf Erden, und zwar nicht als Tages­geschehen, sondern als mythische Auseinandersetzungen. Mit der gesamten Zere­monie läutete die Totenglocke für die bis dahin als Rock ’n’ Roll bekannte Musik, die seither nichts weiter sein sollte als eine gezähmte Verwandte des Heavy Metal. „Black Sabbath haben jede einzelne Band beeinflusst, die es gibt“, sagt Peter Steele von Type O Negative, einer Band, die sich dreißig Jahre später von Sabbath inspi­rieren ließ.„Für mich waren sie das Heftigste überhaupt,und das sind sie immer noch. Härter kann man nicht werden. Ich liebe diesen langsamen, monotonen Sound, der so klingt, als ob ein Dinosaurier durch den Wald stapft.“

      Sie waren aufgetaucht wie der Monolith in Stanley Kubricks Film 2001: Odyssee im Weltraum, der damals gerade höchst aktuell war, und sie ließen sich ebenso wenig klein reden wie der bodenlose Ozean, der immer währende Him­mel und die sterbliche Seele. Es gab keine Vorläufer – und es war keine Erklä­rung ihrer Macht nötig. Ihre düsteren Klänge glichen einem Sirenenruf, gerich­tet an eine tiefe, unbefriedigte Leere im modernen Bewusstsein. Die donnernde Lawine des Heavy Metal ließ sich nun nicht mehr aufhalten – sie hatte lange genug darauf gewartet, von Black Sabbath 1970 losgetreten und von Menschen­massen ungeahnten Ausmaßes angebetet zu werden.

      In den folgenden dreißig Jahren flüchteten einhundert Millionen Hörer in den sich schnell ausbreitenden Trend und fanden dort unverklärte Reinheit, frei von kleinlichen Zweifeln oder Ablenkungen. Sabbath erfanden den Heavy Metal, eine Musikform, die später in doppelter Intensität zum Power Metal wer­den sollte und aus der dann der Thrash Metal hervorging. Von dort aus kreuz­ten sich die Wege dieser Musik mit anderen Formen, bis sie schließlich den Black Metal hervorbrachten, sich zum unglaublichen Soundgefüge des Death Metal veredelten und sich schließlich mit jeder anderen Art von Musik ver­banden. Nach drei Jahrzehnten der Marshall-Verstärker, Gitarrenmassaker und Schlagzeugtrümmer bilden Black Sabbath noch immer die Grundlage – die schwere Steinplatte, auf deren Fundament sich der Heavy Metal erhebt.

      I: Die Siebzigerjahre: Auftakt zur Härte

      13. Februar 1970: Black Sabbath veröffentlichen ihr Debütalbum

      4. Juni 1971: Black Sabbath erhält Gold in Amerika

      Dezember 1975: Judas Priest nehmen Sad Wings Of Destiny auf

      28. Oktober 1978: NBC zeigt den Fernsehfilm Kiss Meets the Phantom of the Park

      11. Dezember 1978: Das letzte Konzert von Ozzy Osbourne auf seiner Abschiedstour mit Black Sabbath

      Heavy Metal entstand zu einem Zeitpunkt, als sich der Rock ’n’ Roll, die Heilslehre der vorangegangenen Generation, in einem schrecklichen Auf­lösungsprozess befand. Vier Tote bei einem Gratiskonzert der Rolling Stones am Altamont Raceway im Dezember 1969 erschütterten die Rockgemeinde und desillusionierten die Jugend mitsamt ihren pazifistischen Idealen. Als Black Sabbath in die Popcharts einstieg, verkündete Paul McCartney das Ende der Beatles. Statt ihr Publikum in einer unsicheren Welt zu trösten, waren die Rock­giganten Janis Joplin, Jimi Hendrix und Jim Morrison längst tot, alle innerhalb eines Jahres an einer Überdosis Drogen gestorben.

      Kurz nachdem John F. Kennedy, Robert Kennedy und Martin Luther King den Kugeln von Attentätern zum Opfer gefallen waren, erlagen die Initiatoren des Rock ’n’ Roll ihren naiven Exzessen. Erledigt und frustriert verließen die Kinder der Love Generation, die diese Gegenkultur einst geschaffen hatten, scharenweise die Städte, kehrten in ihre Heimatorte zurück oder verkrochen sich in den Bergen, um irgendwie den kollektiven Albtraum einer gescheiter­ten Utopie zu vertreiben. Es war das Ende der Sechzigerjahre und dessen, wofür sie standen. Als die gewaltlosen Blumenkinder durch die militanten Black Pan­thers, das Massaker auf dem Campus der Kent-State-Universität und die zuneh­mend brutaleren Straßenrevolten frustrierter Studenten in Paris, Berlin und Italien verdrängt wurden, warf man die alten Hoffnungen über Bord und wandte sich einem neuen Pragmatismus zu.

      Black Sabbath schienen in dieser Misere zu gedeihen: Abgesehen von gele­gentlichen Appellen an die Nächstenliebe gaben sie niemals vor, Antworten parat zu haben. Obwohl die Legende sie als zu spät gekommene Underdogs darstellt, eroberte die Band mit ihrem Debüt sehr bald die britischen Top Ten und setzte sich dort monatelang fest. Die erste Amerikatournee, die für den Sommer 1970 geplant war, wurde wegen des Mordprozesses gegen die Manson Family abgesagt. In den Vereinigten Staaten herrschte ein extrem feindseliges Klima gegenüber

      gefährlichen Hippies. Den­noch stieg das Album auch in den amerikanischen Charts und verkaufte sich im ersten Jahr über eine halbe Million Mal.

      Vertigo Records gaben sich alle Mühe, mehr Mate­rial aus ihren finsteren und geheimnisvollen Vertrags­partnern herauszuquet­schen, und unterbrachen die pausenlosen Tourneen der Band im September 1970 für eine weitere Auf­nahmesession. Gut einge­spielt wie immer und mit verstärkter kreativer Ent­schlossenheit trat die Band nach zwei Tagen mit dem gigantischen Paranoid auf den Plan, dem bestverkauften Sabbath-Album, auf dem Songs wie „War Pigs“, „Paranoid“ und „Iron Man“ zu hören waren. Sie wurden zu ihren Markenzeichen. Obwohl Paranoid den gespenstischen Geist von Black Sabbath beibehielt, waren die Themen des zweiten Albums weniger mystisch, dafür greifbarer. Fas­ziniert von Zerstörung und Kontrollverlust, beklagte Ozzy Osbourne mit

      melancholischer Stimme das Elend der Drogenabhängigkeit in „Hand Of Doom“, den Atomkrieg in „Electric Funeral“ und quälende Kriegsneurosen in „Iron Man“. Wie das packende Titelstück auf Black Sabbath entwuchs die Seele von Paranoid ebenfalls einem okkult ausgerichteten Titel, „Walpurgis“, dessen starke Bildlichkeit Hexen bei schwarzen Messen und todbringende Zauberer – „witches at black masses“ und „sorcerers of death’s construction“ – heraufbe­schwor. Als der Song jedoch für Paranoid aufgenommen wurde, schrieb man ihn in „War Pigs“ um und machte daraus eine vernichtende Antikriegshymne, in der Politikern vorgeworfen wird, junge und arme Männer loszuschicken und sie die blutige Arbeit für Banken und Nationen verrichten zu lassen.

      Sabbath waren nun erfahrener, nicht nur als Musiker, sondern auch als Sprachrohr einer Generation. Wenn Veränderung durch Musik herbeigeführt werden sollte, so wusste der Sabbath-Texter Geezer Butler, dass er Hässlichkeit an vorderster Front bekämpfen musste. Die neuen Black-Sabbath-Songs streb­ten nach Frieden und Liebe – nicht in den Blumenbeeten von Donovan und Jefferson Airplane, sondern in der harten Realität der Schlachtfelder und Ver­brennungsöfen. Ozzy Osbourne sang diese Texte wie in Trance – als läse er in den Himmel geschriebene Wahrheiten ab.

      Das Billboard-Magazin schrieb gut gelaunt, Paranoid „verspricht so groß zu werden wie ihr erstes Album“, und tatsächlich knackten die Songs „Paranoid“ und „Iron Man“ СКАЧАТЬ