Noch mehr Fußball!. Jürgen Roth
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Название: Noch mehr Fußball!

Автор: Jürgen Roth

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783941895461

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СКАЧАТЬ das immer wahrgenommen. Die Erwartungshaltung ist leicht hochzutreiben.

      Woher die Unzufriedenheit? Die haben doch in der vergangenen Saison gut gespielt, waren im UEFA-Cup, im DFB-Pokalhalbfinale, haben vierzig Punkte geholt …

      Greser: Das ist halt nichts mehr. Ich fand am Frankfurter Publikum früher immer beeindruckend, daß es einen enormen kollektiven Sachverstand besaß und den Wunsch nach schönem Fußball nicht preisgab. Die rein defensive Ausrichtung des Saisonziels ist dagegen zuwenig – die Verhinderung aller möglichen Übel. Das ist nicht im Sinne eines gestandenen Eintracht-Fans, zumindest nicht aus unserer Generation.

      Lenz: Das ist wie in Nürnberg. Man träumt dauernd von den goldenen Zeiten. Hölzenbein, Grabowski …

      Greser: Hölzenbein und Grabowski, die Nürnberger Meistermacher von ’68! Nein, man verkennt in Frankfurt einfach, daß die Hochkapitalisierung des Fußballs von einigen Vereinen früher ernstgenommen wurde. Die Bayern haben durch jahrelange Erfolgsserien Geld aufgetürmt und hatten plötzlich einen Riesenkonkurrenzvorsprung.

      Aber Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre war die Eintracht doch eine Topmannschaft. Man hat den UEFA-Pokal gewonnen … Greser: Aber es gab keine garantierten Einnahmen von zehn oder wie vielen Millionen Euro wie heute in der Champions League.

      Also seht ihr langfristig keine Chance für die Eintracht, zu den oberen vier, fünf Bundesligisten aufzuschließen?

      Greser: Die Wahl des Spielerpersonals ist auch eine große Glückssache. Einen aus dem internationalen Niemandsland zu holen, der zum Brecher wird, wie diesen Gekas zum Beispiel, das ist Zufall. Hertha BSC war ja auch lange Zeit ein Verein, der nur von seiner Vergangenheit gelebt hat, und dann haben sie den Sprung unter die ersten fünf geschafft.

      Mit der Hertha ist es allerdings heute nicht mehr weit her. Das ist ja ein Pfeifenverein sondergleichen – über fünfzig Millionen Euro Schulden, was die Mitglieder nicht daran hindert, den genialen Manager Dieter Hoeneß im Amt zu bestätigen.

      Greser: Zu Dieter Hoeneß kann ich eine Geschichte erzählen. Wir haben gute Freunde bei Hertha, die sich als arme Studenten aus Fanleidenschaft VIP-Dauerkarten vom Maul abgespart haben, um dem Getriebe ihres Herzensvereins näher zu sein – mit dem Erfolg, daß einer von denen jetzt im Präsidium hockt, was für uns schon mehrfach von Vorteil war. Wir haben Karten gekriegt für das WM-Spiel gegen Ecuador und das Pokalfinale.

      Ihr seid ja gnadenlos korrupt!

      Greser: Für Leidenschaften gibt man doch alles!

      Lenz: Eben.

      Greser: Und über diesen Kontakt haben wir versucht, einen alten Traum zu verwirklichen, nämlich daß einmal eine Zeichnung von uns auf der Stadionanzeigetafel gezeigt wird. Deshalb haben wir angeboten, für das Stadionheft zu jedem Heimspiel einen Witz zu zeichnen – durchaus auch zu aktuellen Problematiken der Hertha –, verbunden mit der Hoffnung, daß er dann auf der Anzeigetafel landet. Wir haben zwei Probewitze abgeliefert, die sind an den Pressesprecher weitergeleitet worden. Ein Witz hat den Alleinherrschaftsanspruch von Dieter Hoeneß thematisiert – nicht nur den Anspruch, der ist ja verwirklicht, Hoeneß mischt sich offenbar in alles ein und läßt sich über jeden Kleinstvorgang unterrichten. Wir hatten die Wäschefrau gezeichnet, die bei Hoeneß vorstellig wird und ihn fragt: »Herr Hoeneß, werden die Heimtrikots bei dreißig oder sechzig Grad gewaschen?« Es ist dann nicht zu unserem Engagement gekommen. Der Pressereferent hat sich nicht getraut, dem Dieter Hoeneß diesen Witzvorschlag vorzulegen. Na ja, der Wunsch, in dieser sagenhaften Wunderwelt Fußball mal an so prominenter Stelle plaziert zu werden, der war eigentlich auch korrupt, weil wir mit der Hertha, was die fußballerische Herzensseite anbelangt, absolut nichts am Hut haben.

      Eckhard Henscheids »Hymne auf Bum Kun Cha« flimmerte Anfang der Achtziger mal über die Anzeigetafel des Waldstadions.

      Greser: Das war in gewisser Weise Vorbild. Es waren allerdings andere Zeiten. Denn ein Bedenken des Pressemannes war zudem, daß man das durchschnittliche Hertha-Publikum mit Witzen, wie wir sie üblicherweise machen, überfordert.

      Da dürfte er nicht falschgelegen haben.

      Greser: Ja. Vielleicht war das damals bei der Eintracht aber auch ein einmaliger Fall, daß der Universitätspräsident Achaz von Thümen gleichzeitig Vereinspräsident war und die Intellektuellen der Stadt an den Klub gebunden oder wenigstens dafür gesorgt hat, daß der schöne Auftritt der schönen Henscheid-Hymne zustande gekommen ist. Was findet heute im Fußball an Kultur statt? Es gibt die vereinsindividuellen Fangesänge. Das ist aber alles von unglaublicher Nichtigkeit und auf dem Niveau von Lustigen Musikanten und Schlagerparade.

      Geht ihr noch zur Eintracht?

      Lenz: Ich war vor einem halben Jahr im Stadion und mußte eine von diesen unsäglichen Zahlkarten lösen, um eine Bratwurst kaufen zu können. Ich hab’ auf dem Kartenkonto immer noch zwischen 1,50 und zwei Euro liegen. Es würde mich schon interessieren, was die mit dem Geld angefangen haben.

      Die haben davon den Mahdavikia gekauft.

      Lenz: Dann müßte immer noch was übrig sein. Funkel hat betont, man habe mit Mahdavikia und Inamoto zwei »Knaller« geholt. Findet mit der starken asiatischen Fraktion – Takahara gehört ja noch dazu – jetzt eine Anknüpfung an die Zeiten mit dem holden Bum Kun Cha statt?

      Greser: Meine Leidenschaft für die Eintracht ist ziemlich abgekühlt, zumal weil in unserer Familie der Graben zwischen Nürnberg- und Eintracht-Fans tief ist. Die Tochter ist erfolgreich auf Nürnberg umgepolt worden, aber der Bub’ hält, vielleicht auch aus purer Opposition zu mir, zur Eintracht. Zu meinem Verdruß.

      Lenz: Bei mir liegt der Fall etwas anders. Ich hätte mir gewünscht, daß die Eintracht mehr schwarze Spieler holt. Man erinnere sich an die Saison ’91/’92 mit Yeboah und Okocha. Davon hätte ich mir mehr versprochen …

      Greser: … als von den asiatischen Batteln, auf die sie sich jetzt kaprizieren.

       Warum bringt der Asiate keine gescheiten Fußballmannschaften her? Die Asienmeisterschaften waren dem Hörensagen nach unterirdisch.

      Lenz: Richtig.

      Woran liegt das? Daran, daß etwa die Iraner um Mahdavikia kein Bier trinken dürfen?

      Greser: Der Iran ist halt nach wie vor ein Schwellenland, zivilisatorisch.

      Und Fußball hat was mit zivilisatorischer Entwicklung zu tun?

      Greser: Es gibt ja permanente Verfeinerungen in der Spielerbetreuung, Spielerausbildung, taktische Veränderungen – das kommt immer aus Europa oder Südamerika. Wissenschaftlich betrachtet ist die Fußballspitzenforschung dort beheimatet.

      Hans Meyer, der unbezweifelbar ein Genie ist, hat die zunehmende Verwissenschaftlichung des Fußballs dergestalt kommentiert, das sei ein grober Unfug. Das einzige, was man mit wissenschaftlichen Verfahren verbessern könne, sei die Athletik, das mache zehn Prozent der Arbeit aus. Der Rest müsse wie vor achtzig Jahren angegangen werden.

      Greser: Meyer hat ja auch fast dogmatische Vorstellungen vom Spielsystem – drei Stürmer, davon ein klassischer Strafraumstürmer. Deshalb hat er so viel Wert darauf gelegt, mit Charisteas einen adäquaten Ersatz für Markus Schroth zu bekommen, so einen langgewachsenen Knaller in der Mitte. Zum anderen sind die Spieler, wie man hört, sehr angetan von der Individualisierung der Trainingsmethoden, von der gezielten Bekämpfung individueller Defizite. Mit dem Waldlauf in der Lemmingherde oder dem Hin-und-her-Schmeißen СКАЧАТЬ