In seinem mörderischen Element. Gerwalt
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Название: In seinem mörderischen Element

Автор: Gerwalt

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783944145518

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СКАЧАТЬ bin schon eine Journalistin, aber normalerweise schreibe ich für das Feuilleton.«

      »Und warum dann diese Sensationsnummer mit dem Pamina-Mörder?«

      Naomi zuckte mit den Schultern.

      »Berufliche Krise? Selbstfindungsprozess? Ein letzter Versuch, doch noch Karriere zu machen? Ich habe keine Ahnung.«

      Ulli deutete auf die Tasse.

      »Nimmst du noch einen?«

      »Danke, nein.«

      Naomi aß ihren Kuchen auf. Sie seufzte genießerisch.

      »Es ist eine Sünde. Es ist echt eine Sünde. Aber er schmeckt einfach zu gut … – Um auf den Mordfall zurück zu kommen: Sagst du mir trotzdem, wo ich die Gertelsbacher Wasserfälle finden kann?«

      Ulli seufzte.

      »Fahr die Straße den Berg hinauf, bis du nach Bühlertal kommst. Dann weiter, links den Berg hoch. Beim Hotel Wiedenfelsen zweigt genau an der Serpentine ein Weg ab. Dort sind die Wasserfälle. Sie sind eigentlich nicht zu verfehlen.«

      »Danke.«

      »Kommst du zum Abendessen zurück?«

      »Ich denke schon.«

      »Dann bis später.«

      »Ja, bis später. Es war nett mit dir zu plaudern, Ulli.«

      Ulli lächelte und stand auf.

      Wieder musste Naomi auf ihre Beine sehen, auf den blauen Fleck auf Ullis schlankem Schenkel. Sie fragte sich, wie er wohl entstanden sein mochte.

      *****

      DER PARKPLATZ war wirklich leicht zu finden gewesen. Naomi hatte sich während der Durchfahrt durch Bühlertal in einem kleinen Lebensmittelladen noch eine Flasche Wasser und ein paar Äpfel gekauft.

      Jetzt stellte sie den Ka am Beginn des Wanderweges auf dem Parkplatz ab und folgte zu Fuß der Beschilderung. Nach einer Viertelstunde hatte sie den Beginn der mehrstufigen Wasserfälle erreicht. Der Wald war hier hoch und dicht, es herrschte ein feuchtes, kühles Halbdunkel. Naomi schloss die Augen und roch: Moos, Farn, Tannen und den Geruch des herabstürzenden Wassers.

      Kann man Wasser eigentlich wirklich riechen?, dachte Naomi und öffnete die Augen wieder. Sie folgte dem Wanderweg, der die Kaskaden entlang von unten nach oben führte, stieg über flache Steinplatten, ging an großen, mit Moos bewachsenen Felsen vorbei.

      Das ist wirklich eine wildromantische Zauberwelt aus Tannen, Felsen und plätscherndem Wasser, dachte Naomi. Es würde mich nicht wundern, wenn es hier Trolle oder Wichtel gäbe.

      Doch dann fielen ihr wieder der Polizeibericht und die Reportagen ihrer Kollegen ein, und sie fröstelte.

      Sie erreichte nun einen kleinen Wasserfall, der Bach stürzte hier etwa drei Meter in die Tiefe, in einen kleinen, flachen Teich hinein. Naomi überlegte, ob das die Stelle gewesen sein mochte, doch der Platz passte nicht ganz zu den Schilderungen, die sie gelesen hatte. Sie ging also weiter, folgte dem Pfad nach oben. Auch der zweite Wasserfall passte nicht zu der Beschreibung. Dann erreichte sie den dritten, und sofort als sie ihn sah, wusste sie, dass es der richtige war. Naomi holte tief Luft und ließ die Szene auf sich wirken. Dem herabstürzenden Wasser gegenüberliegend gab es eine kleine ebene Fläche aus flachen Steinplatten, kleineren Felsbrocken und Kieselsteinen dazwischen. Ob der Platz nun natürlichen Ursprungs oder künstlich angelegt war, vermochte Naomi nicht zu sagen. Das Ganze machte auf sie in jedem Fall den Eindruck einer kleinen Arena mit dem Wasserfall als Bühne. Das Wasser prasselte auf eine Felsplatte, bevor es sich in das kleine Becken unterhalb der Platte ergoss. Naomi versuchte sich die nackte gefesselte Frau im eisigen Wasserstrahl vorzustellen.

       Wie lange mochte sie in der Kälte wohl noch gelebt haben?

      Eine Zeitlang verweilte sie noch vor der Kulisse des Wasserfalls, an der Stelle, an welcher vielleicht auch der Mörder gestanden haben mochte, während sein Opfer langsam den Erfrierungstod gestorben war. Dann ging sie näher an den kleinen Teich heran. Nach einigem Suchen entdeckte sie die beiden Löcher im Fels, mit denen die Stange festgemacht gewesen war. Die Stange, an der die Frau quasi gekreuzigt im tödlich kalten Wasserstrahl gestanden hatte. Die beiden Löcher im Fels waren das einzige noch sichtbare Zeichen des Mordes. Naomi zog ihre flachen Wanderhalbschuhe und die Strümpfe aus, dann krempelte sie die Hosenbeine ihrer Jeans nach oben und stieg in den flachen Teich, um sich die beiden Bohrungen näher anzusehen. Auch jetzt im Frühsommer war die Kälte des Wassers ein Schock. Die Strömung zerrte zudem mit erstaunlicher Kraft an ihren Füßen.

      Jetzt nur nicht ausrutschen, dachte Naomi. Der Gedanke, in voller Länge in das eisige Wasser zu fallen, hatte keinerlei Reiz für sie. Sie bewegte sich vorsichtig auf die Felswand neben dem Wasserfall zu. Das Spritzwasser begann, ihre Bluse zu durchnässen. Endlich hatte sie eines der Löcher erreicht und besah es sich von nahem. Es war annähernd kreisrund und maß vielleicht einen Zentimeter im Durchmesser. Naomi hob ein Stöckchen auf, das gerade vorbeischwamm, und steckte es probehalber bis zum Anschlag in das Loch hinein. Die Bohrung war etwa eine Handbreit tief.

      »Vermutlich hat er eine Akku-Bohrmaschine benutzt.«

      Naomi erschrak, als sie die Stimme hinter sich hörte, und beinahe hätte sie das Gleichgewicht verloren. Sie drehte sich vorsichtig, um zu schauen, wer sie angesprochen hatte.

      Es ist nicht fair, dachte sie, als sie ihn gesehen hatte. Es ist kein bisschen fair, dass Apoll hier frei herumläuft. Dass er mich anspricht. Und dass ich mit hochgekrempelten Hosenbeinen, mit mindestens zehn Kilo Übergewicht im Wasser herumturne, während mir der Mann meiner Träume begegnet.

      Apoll war recht groß, aber er war kein Riese. Er hatte breite Schultern, ohne massig zu wirken, lange braune Haare, ohne wie ein Hippie auszusehen, ein markantes Gesicht mit hohen Wangenknochen und blitzenden braunen Augen, die Naomis Knie weich werden ließen. Sie stakste durch das Wasser zurück. Als sie die Böschung erreicht hatte, rutschte sie prompt aus. Ein stechender Schmerz zuckte durch ihren rechten Knöchel. Verzweifelt versuchte sie, einen wenig damenhaften Fluch zu unterdrücken. Es gelang ihr nicht.

      Ausgerechnet jetzt musste sie umknicken! Einen Augenblick lang stützte sie sich an der Felswand ab und blieb stehen. Sie wartete, dass der Schmerz in ihrem Knöchel weniger wurde. Apoll war zu ihr geeilt, stand nun mit den Schuhen ebenfalls im Wasser und hielt sie am Arm.

      »Meinen Sie, Sie kommen die Böschung hoch?«

      Naomi winkte ab.

      »Es ist nichts.«

      Eine glatte Lüge, denn in ihrem Knöchel pochte es immer noch dumpf.

      Sie fluchte innerlich.

      Mein Gott, wie peinlich! Endlich mal ein attraktiver Mann, und ich muss mich aufführen wie ein dummes, hilfloses Weibchen.

      Sie biss also die Zähne zusammen und kletterte die Böschung wieder hinauf, Apolls Hand immer noch stützend an ihrem Unterarm. An der kleinen Freifläche angekommen, setzte sie sich auf einen Stein und betastete ihren schmerzenden Knöchel.

      »Sie interessieren sich also auch für den Mord?«, fragte sie betont beiläufig.

      »Ja. СКАЧАТЬ