Ich habe sieben Leben. Frederik Hetmann
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Название: Ich habe sieben Leben

Автор: Frederik Hetmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9783862870677

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СКАЧАТЬ es schwerfiel, jeden möglichen Marschweg einer kleineren Gruppe abzuriegeln -, stand außerdem die 4. Division unter Oberst Reque Terán bereit.

      Die zweite Phase sah vor, in die nun immer enger werdende »Rote Zone«, wie der Generalstab der bolivianischen Armee und der amerikanische CIA den Operationsraum der Guerilleros bezeichnete, einzudringen. Zentenos Truppen standen schließlich östlich von Guevaras Gruppe an der Eisenbahnlinie zwischen Yacuiba und Santa Cruz. Von dort aus stießen sie nach Westen vor.

      Phase eins und zwei von Zentenos strategischem Plan waren in den ersten Wochen des Oktobers abgeschlossen. Die Armee schickte sich nun an, den Kampfauftrag der Phase drei zu erfüllen: Zerschlagung der Guerillas. Die Einheiten, die hierbei zum Einsatz kamen, waren die Kompanien A und B des sorgfältig ausgebildeten 2. Ranger-Bataillons. Sie ließ Oberst Zenteno die Gegend westlich von Valle Grande, der Provinzhauptstadt, durchkämmen.

      In seinem Handbuch für den Guerillakrieg hat Guevara die Beweglichkeit des Verbandes als entscheidend für den Erfolg dieser Kampfweise bezeichnet. Er hatte geschrieben: »Charakteristisch für diesen Bewegungskrieg ist das, was man in Analogie zu dem Tanz gleichen Namens das Menuett nennen könnte: Die Guerillas umkreisen die Position des Feindes, zum Beispiel einer vorrückenden Abteilung, sie umstellen sie an den vier wichtigsten Punkten und mit hinreichendem Abstand, um nicht selbst umzingelt zu werden. Der Kampf beginnt an irgendeinem dieser Punkte, die Armee bewegt sich dorthin, die Guerillas weichen zurück, dabei immer den Feind im Auge behaltend. Dann greifen sie einen anderen Punkt an. Die Armee reagiert wie zuvor, die Guerillas ebenfalls. Auf diese Weise wird es in der Folge möglich, die feindlichen Streitkräfte zu schwächen. Man zwingt sie große Mengen an Munition zu verschwenden. Man zehrt an der Moral der feindlichen Truppen, ohne sich selbst allzu großen Gefahren auszusetzen.«

      Betrachtet man die Gefechte, die sich zwischen den Guerillas und Zentenos Truppen in den ersten Wochen des Oktobers 1967 abspielten, so stellt man fest, dass sich in der Realität die theoretisch im Handbuch festgelegten Rollen nun genau vertauscht hatten. Die Guerillas waren von der Armee umstellt. Es waren Zentenos Soldaten, die das Menuett ausführten.

      Wie war es möglich, dass Guevara entgegen allen Regeln, die er selbst entworfen hatte, in die Falle geraten war? Die Antwort liegt auf der Hand, wenn man in seinem Tagebuch nachliest. Er konnte nicht nach diesen Regeln handeln, weil seine Gruppe zu schwach war und weil er sich zudem mit der Geographie dieses Gebiets zu wenig auskannte. Am meisten aber fiel ins Gewicht, dass er sich kaum Nachrichten über die Bewegungen des Feindes verschaffen konnte, während der Feind über ihn und seine Gruppe fast alles wusste.

      Guevara hatte nur eine vage Vorstellung über die Operationen der Armee. Er war auf die zensierten Radiomeldungen angewiesen und auf das, was sich aus den kleineren Scharmützeln mit Militärpatrouillen ergab. Was er an Gerüchten von den Bauern erfuhr, darauf war kein Verlass.

      Die Moral seiner Guerilleros war angeschlagen. Zwischen den einheimischen und kubanischen Angehörigen seiner Gruppe bestanden starke Spannungen.

      Am 3. Oktober waren wiederum zwei Guerilleros zu den Regierungstruppen übergelaufen:

      »... während Camba zugab, gegen die Armee gekämpft zu haben, gestand Leon, dass er sich im Vertrauen auf die Worte des Präsidenten hin ergeben hätte. Die beiden haben Informationen über Fernando gegeben, über seine Krankheit und alles weitere, dabei nicht eingerechnet, was sie geredet haben, und was nicht veröffentlicht worden ist. So endet die Geschichte zweier heroischer Guerilleros. Höhe 1.360 m.«

      Bei Guevara waren seit einiger Zeit, bedingt durch die unerhörten Strapazen, vielleicht aber auch durch die ungünstige Entwicklung, die die Guerilla genommen hatte, die Asthmaanfälle wieder häufiger aufgetreten. Aber seit einem Monat schon besaß er keine Medikamente mehr. Sein Asthma schnürte ihm Lungen und Hals zu und hinderte ihn am Atmen. Es gab Augenblicke, da bat er seine Kameraden, ihn heftig auf die Brust zu schlagen, oder er hängte sich an die Äste eines Baumes. Offenbar verschaffte ihm das Erleichterung.

      Vor einigen Wochen hatte er Urbano ausgeschickt, um Medikamente aus den Höhlen des aufgegebenen Stamm- und Ausbildungslagers Ñancahuazú zu holen.

      Es war Urbano gelungen, in die getarnten Verstecke einzusteigen, die zu diesem Zeitpunkt von der Armee noch nicht entdeckt worden waren, und er hatte so viel gebracht, wie er nur tragen konnte. Aber diese Vorräte waren nun erschöpft. Das einzige Medikament, das Guevara blieb, waren zwei Flaschen einer besonderen Art von Collyrium mit einer starken Zumischung von Cortison. Wenn er sich sehr elend fühlte oder wenn eine Kampfhandlung bevorstand, injizierte sich Ernesto diese Collyrium-Mixtur, was aber jeweils nur eine kurzfristige Besserung brachte.

      Am 26. September waren die Guerilleros zwischen La Higuera und Jague in einen Hinterhalt geraten. In dem Feuergefecht mit den Regierungstruppen fielen Coco Peredo und zwei weitere Guerilleros. Die näheren Umstände dieser Kampfhandlung, der Tod eines seiner besten Männer (Coco), wirkten bei Ernesto schockartig nach. Er gestand sich ein, dass er, trotz aller Willenskraft, durch seinen schlechten körperlichen Zustand für die Beweglichkeit der Gruppe, von der allein es abhängig war, ob sie den Soldaten entwischen würden oder nicht, eine starke Belastung darstellte.

      Der Trupp bestand nur noch aus 17 Mann. Gegen Mittag des 7. Oktober stieß eine Bauersfrau auf der Suche nach einer Ziege, die sich von der Herde entfernt hatte, auf das Lager der Guerilleros. Che notierte an diesem Tag:

      »... 11 Monate sind seit Beginn unserer Guerilla ohne Schwierigkeiten vergangen ...« (Eine stoische Untertreibung. Die Guerilla war eine Kette von Schwierigkeiten, Fehlern und Katastrophen gewesen.) »... der Vormittag verlief ohne Gefahr in einer fast idyllischen Stimmung. Gegend 12.30 Uhr betrat eine Alte, die ihre Ziegen weidete, die Schlucht, in der wir unser Lager aufgeschlagen hatten. Wir haben sie festnehmen müssen. Die Frau gibt keinerlei glaubwürdige Auskunft über die Soldaten. Auf alles antwortete sie nur, dass sie nichts wisse und die Soldaten schon lange nicht mehr hier gewesen seien. Nur über den Weg machte sie Angaben, aus denen zu entnehmen ist, dass wir uns ungefähr eine Meile von Higuera, eine Meile von Jague und zwei Meilen von Pucara entfernt befinden. Gegen 17.30 Uhr gingen Inti, Aniceto und Pablito zum Haus der Alten, die zwei Töchter hatte, die eine kränklich, die andere ein halber Zwerg. Wir gaben ihr 50 Pesos und verpflichteten sie, nichts auszuplaudern. Wir haben jedoch trotz ihrer Versprechungen wenig Hoffnung, dass sie sich daran halten wird.«

      Das Auftauchen der alten Frau hatte die Guerilleros nervös gemacht. Sie diskutierten und analysierten andere solcher Vorkommnisse. Zu den meisten Verlusten war es bisher immer durch Informationen der bäuerlichen Zivilbevölkerung an das Militär gekommen.

      »Diese Bauern sind undurchschaubar wie Steine«, hat Ernesto in sein Tagebuch geschrieben. Ein Satz, in dem sich Zorn und Enttäuschung mischen und hinter dem sein intensives Verlangen spürbar wird, es möge doch anders sein. Die Guerilleros entschieden sich, ihr Lager abzubrechen.

      In der Abenddämmerung des 7. Oktober begann die Gruppe, die Schlucht des Churo-Baches hinauf zu marschieren. Che berichtet darüber in der vorletzten Eintragung seines Bolivianischen Tagebuches.

      »Wir, die restlichen 17 Mann, brachen bei sehr schwachem Mondlicht auf. Der Marsch war beschwerlich. In der Schlucht, in der wir uns bewegten, hinterließen wir viele Spuren. Es gab in dieser Gegend keine Häuser, nur kleine, bewässerte Kartoffeläcker. Gegen zwei Uhr nachts machten wir halt. Wir konnten einfach nicht mehr weiter. Wenn wir nachts marschieren, benimmt sich Chino jedesmal wie ein altes Weib. Höhe 2.000 m.«

      Am Abend dieses 7. Oktober versuchte der Bauer Victor Colomi, etwas Wasser aus dem Rinnsal des Churo-Baches auf seine Kartoffelfurchen zu leiten. Er öffnete den Zulauf zum Bewässerungssystem, streckte sich und hielt nach einem Baum Ausschau, an den er sich anlehnen konnte. Bald darauf hörte er Schritte und leises Sprechen. Er bekam Angst und versteckte sich hinter einem breiten Stamm. Er sah dann bärtige СКАЧАТЬ