Tempowahn. Winfried Wolf
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Название: Tempowahn

Автор: Winfried Wolf

Издательство: Bookwire

Жанр: Математика

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isbn: 9783853718858

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СКАЧАТЬ als fatal – worauf wir zurückkommen werden.

      Ein entscheidender Grund für den Erfolg der Eisenbahnen bestand in der Temposteigerung. Alle bisher genannten Charakteristika der Eisenbahnen – Art der Streckenführung, Preisrevolution und extreme Formen der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft – trafen auch auf die Transporte auf Kanälen und auf den schiffbaren Flüssen und Strömen zu. Die qualitative Geschwindigkeitssteigerung allerdings ist ein neues Element in der Verkehrsgeschichte, das erstmals mit den Eisenbahnen auftauchte. Zwei Jahrtausende lang hatten sich die Transportzeiten und Reisegeschwindigkeiten kaum verändert. Die im dritten Jahrhundert vor Christus unter Alexander dem Großen gebauten Straßenverbindungen, die bis nach China reichten, das unter Gaius Julius Cäsar stark erweiterte und bis zu 80.000 Kilometer umfassende Netz römischer Straßen und das unter Napoleon 1811 errichtete System der »routes impériales« wiesen eine vergleichbare Qualität auf. Die Geschwindigkeit des zivilen Verkehrs auf denselben – auch das Tempo beim Vormarsch und Rückzug der Heere – hatte sich über diese zweitausend Jahre hinweg kaum verändert. Entscheidender Grund dafür war, dass die Antriebskräfte beim Personen- und Güterverkehr mit Mensch, Esel und Pferd zu Lande und Mensch, Pferd und Wind zu Wasser dieselben geblieben waren.

      Nun kam es mit der Dampfkraft auf den eisernen Schienen (und zeitlich weitgehend parallel auf den Wasserstraßen und den Seewegen) zu einer qualitativen Beschleunigung. Die Eisenbahnen brachten im Vergleich zu den Pferdefuhrwerken eine Steigerung der Geschwindigkeit um das Zehnfache, wenn wir als durchschnittliche Transportgeschwindigkeiten mit Pferdekraft eine solche von fünf Stundenkilometern und im Fall von Eisenbahnen im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts eine solche von fünfzig Stundenkilometern unterstellen.

      Das Tempo von Verkehr und Transport wurde noch durch die neue Art der Streckenführung erhöht. Bereits im Kanalbau war versucht worden, natürliche Gegebenheiten zu ignorieren und möglichst kurze Verbindungen zu wählen. Dafür gab es bei dieser Transporttechnologie zwar bereits die notwendigen Mittel (Bau von Schleusen, Tunneln und Aquädukten), allerdings war dafür erst teilweise ein rein technisch bedingter Zwang vorhanden. Bei der neuen Transporttechnologie der Eisenbahnen gab es für die Herstellung möglichst kurzer Verbindungen ebenfalls von Anfang an die entsprechenden Mittel (Tunnel, Brücken, Viadukte, Einschnitte). Nunmehr existierten jedoch für eine direkte Streckenführung auch technische Notwendigkeiten: Eisenbahn-Schleusen oder gar »Schleusenfolgen« (»flights of locks«), um auf kurzer Distanz größere Höhenunterschiede zu überwinden, waren nicht vorstellbar. Eisenbahnen konnten (und können) nur maximale Steigungen von 25 Promille (2,5 Meter auf 1000 Meter) realisieren. Der Charakter des rollenden Materials und die hohen Geschwindigkeiten, mit denen Eisenbahnen betrieben werden, erfordern des Weiteren weite Radien bzw. sie verbieten enge Radien und eine »mäandernde«, stark kurvenreiche Streckenführung, wie sie bei vielen britischen und teilweise auch bei französischen Kanälen noch typisch war. Auf die davon teilweise abweichende Schienen-Streckenführung in Nordamerika kommen wir noch zu sprechen.

      Zwischen Europa und Nordamerika gab es einen wichtigen Unterschied im Eisenbahnbau. In Europa war im 19. Jahrhundert die Arbeitskraft preiswert, Kapital in großem Umfang vorhanden und der Boden in Privatbesitz, also teuer. In Nordamerika dagegen war Arbeit knapp und, soweit es weiße Arbeitskräfte betraf, relativ teuer. Kapital war zunächst knapp und teuer. Preiswert gestaltete sich jedoch der Grund und Boden, da er zu einem großen Teil durch die Gewalt des Faktischen niemand mehr gehörte – er war widerrechtlich angeeignet, geraubt: Die indigene Bevölkerung war in den vorausgegangenen drei Jahrhunderten getötet, vertrieben oder in Reservaten zusammengepfercht worden.

      Die privaten Bahnbaugesellschaften erhielten in den USA vom Staat enorme Vergünstigungen, vor allem in Form der »grants«, der Landschenkungen. Dabei vergab der Staat Land, das ihn nichts kostete und das andere reich machte. Dokumentiert ist, dass mittels der Landschenkungen im Zeitraum 1850 bis 1871 rund 210 Millionen Acres oder rund 850.000 Quadratkilometer Grund und Boden in das Eigentum der Eisenbahngesellschaften übergingen. Das entsprach rund 18 Prozent der Fläche des Staatsgebiets im Jahr 1871 und entspricht elf Prozent der Fläche der heutigen USA. Berücksichtigt man frühere Landschenkungen an erste Eisenbahngesellschaften, solche an die privaten Straßenbahngesellschaften und die Tatsache, dass die Kanalgesellschaften ebenfalls mit gewaltigen Landschenkungen bedacht worden waren, dann dürfte binnen weniger Jahrzehnte ein Fünftel bis ein Viertel des Bodens der USA in die Hände einiger weniger privater Kanal- und Bahngesellschaften gelangt sein. Diese Gesellschaften kontrollierten einen großen Teil des fruchtbaren Bodens bzw. des Bodens im Umkreis der Besiedelungen durch die weißen Einwanderer. Eisenbahnen in Privateigentum СКАЧАТЬ