Название: Die großen Reden der Weltgeschichte
Автор: Martin Kaufhold
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: marixwissen
isbn: 9783843802215
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Die römische Republik hatte sehr sensibel auf monarchische Ambitionen reagiert. Wer nach der Königskrone strebte, hatte in ihrer Überlieferung den Tod verdient. Und so soll auch der Stadtgründer Romulus getötet worden sein, als er in der Frühzeit Roms nach der Krone griff. Wie ernsthaft Caesars Absichten waren, ist umstritten. Praktisch verfügte er über weitgehende Macht. Der Senat hatte ihn zum Diktator auf Lebenszeit ernannt. Das war in der römischen Geschichte ohne Beispiel. Aber ob er diese Kompetenzen noch durch eine Krone auf eine Ebene heben wollte, die ihn dauerhaft der Sphäre der Republik enthob, ist unklar. Es war diese Unklarheit, die den Verdacht der Verschwörer schürte und die seinen Tod herbeiführte. Dabei hatte Caesar die Krone öffentlich zurückgewiesen. Markus Antonius geht in seiner Rede darauf ein, wie er selber beim Lupercalienfest Caesar dreimal die Krone angeboten habe („die dreimal er geweigert“). Brutus und seine Anhänger trauten Caesar nicht. In der klassischen Übersetzung, in der der Text im Folgenden wiedergegeben ist, lautet der von Antonius zitierte Vorwurf der Verschwörer gegen Caesar „dass er voll Herrschsucht war“. Das englische Wort ist „Ambition“. Die Verschwörer glaubten nicht, dass die Zurückweisung der Krone Caesars wahren Absichten entsprach. Sie sahen in ihm und in der großen Zustimmung des römischen Volkes zu seiner Person die Gefahr für das Ende der Republik und der Freiheit. So fand sich der Kreis um Caesars Vertrauten Markus Iunius Brutus zusammen („Et tu, Brute?“, so heißen die berühmten letzten Worte Caesars bei Shakespeare, „auch Du Brutus? So falle Caesar“).
Verschwörer im eigentlichen Sinne waren sie nicht, denn sie verzichteten auf einen gegenseitigen Eid, um sich aneinander zu binden. Zwar erhoben sie sich für die Republik und die Freiheit gegen den mächtigsten Mann Roms, doch schon bald wurde offenbar, dass sie keinen Plan für den Fall vorbereitet hatten, falls ihr Attentat erfolgreich war. Sie sahen Caesar als das eigentliche Problem an. Dabei war die Republik nicht allein durch Caesar in die Krise geraten, und auch nach seinem Tod verfügten die Anhänger Caesars über mächtige Mittel und über Truppen. Caesars Großneffe Oktavian, der spätere Augustus, den der Diktator in seinem Testament adoptierte, stand vor der Stadt. Die Verschwörer hatten keine Vorkehrungen getroffen. Die nun folgenden dramatischen Tage, in denen die Anhänger Caesars die Initiative zurückgewannen und die Mörder Caesars aus der Stadt flohen, werden bei Shakespeare in der Rede des Markus Antonius zusammengefasst. Das ist eine Verkürzung, aber die Leichenfeier für Caesar hatte tatsächlich eine besondere Bedeutung und Markus Antonius beherrschte seine Rolle zu diesem Zeitpunkt mit großem Geschick. Doch er blieb eine Figur des Übergangs. Er war ein Lebemann mit der Fähigkeit, Emotionen zu wecken, aber er war kein Mann der Zukunft. Die Zukunft gehörte Oktavian, mit dem er sich zunächst verbündete (im sogenannten zweiten Triumvirat), den er dann aber bekämpfte. Im Jahre 31 vor Chr. unterlag er, und mit der Alleinherrschaft des Augustus begann eine neue Epoche in der langen Geschichte des römischen Reiches.
REDE
Mitbürger! Freunde! Römer! Hört mich an:
Begraben will ich Caesar, nicht ihn preisen.
Was Menschen Übles tun, das überlebt sie,
das Gute wird mit ihnen oft begraben.
So sei es auch mit Caesar! Der edle Brutus
Hat Euch gesagt, dass er voll Herrschsucht war;
Und war er das, so wars ein schwer’ Vergehn,
und schwer hat Caesar auch dafür gebüßt.
Hier, mit des Brutus Willen und der Andern,
(Denn Brutus ist ein ehrenwerter Mann,
Das sind sie alle, alle ehrenwert)
Komm ich, bei Caesars Leichenzug zu reden.
Er war mein Freund, war mir gerecht und treu:
Doch Brutus sagt, dass er voll Herrschsucht war,
und Brutus ist ein ehrenwerter Mann.
Er brachte viel Gefangne heim nach Rom,
wofür das Lösegeld den Schatz gefüllt.
Sah das der Herrschsucht wohl an Caesar gleich?
Wenn Arme zu ihm schrien, so weinte Caesar:
Die Herrschsucht sollt’ aus härterm Stoff bestehn.
Doch Brutus sagt, dass er voll Herrschsucht war,
und Brutus ist ein ehrenwerter Mann.
Ihr alle saht, wie am Lupercus-Fest
Ich dreimal ihm die Königskrone bot,
die dreimal er geweigert. War das Herrschsucht?
Doch Brutus sagt, dass er voll Herrschsucht war,
und ist gewiss ein ehrenwerter Mann.
Ich will, was Brutus sprach, nicht widerlegen,
Ich spreche hier von dem nur, was ich weiß.
Ihr liebtet all’ ihn einst nicht ohne Grund:
Was für ein Grund wehrt euch, um ihn zu trauern?
O Urteil, du entflohst zum blöden Vieh,
der Mensch ward unvernünftig! – Habt Geduld!
Mein Herz ist in dem Sarge hier bei Caesar,
Und ich muss schweigen, bis es mir zurückkommt.
…
Noch gestern hätt’ umsonst dem Worte Cäsars
Die Welt sich widersetzt: nun liegt er da,
und der Geringste neigt sich nicht vor ihm.
O Bürger! Strebt ich, Herz und Mut in Euch
zur Wut und zur Empörung zu entflammen,
so tät ich Cassius und Brutus Unrecht,
die Ihr als ehrenwerte Männer kennt.
Ich will nicht ihnen Unrecht tun, will lieber
dem Toten Unrecht tun, mir selbst und Euch,
als ehrenwerten Männer wie sie sind.
Doch seht dieses Pergament mit Caesars Siegel:
Ich fands bei ihm, es ist sein letzter Wille.
Vernähme nur das Volk dies Testament,
(Das ich, verzeiht mir, nicht zu lesen denke)
Sie gingen hin und küssten Cäsars Wunden,
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