Название: Das Alphabet
Автор: Hugo Kastner
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: marixwissen
isbn: 9783843802789
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An dieser Stelle soll auch ein Blick auf die fehlenden zwei Milliarden Menschen geworfen werden, die nicht-alphabetische Schriften verwenden. In erster Linie leben diese in China, Taiwan und Japan, das um zirka 600 n. Chr. das chinesische System übernommen hat. Was nun unterscheidet diese Schriften von Alphabeten? Einfach gesagt, wird im Mandarin-Chinesisch durch jedes Symbol ein ganzes Wort wiedergegeben, und zwar durch ein sogenanntes Logogramm (griech.: Wort-Buchstabe). Und diese Symbole sind in der Regel nicht phonetisch angelegt. Wenn wir im Deutschen das Wort „Blume“ als Bild wiedergeben, haben wir ein Piktogramm vor uns, wenn wir „Blume“ mit einem beliebigen Symbol belegen, z. B.ʘ, sprechen wir von einem Logogramm. Wenn wir aber „Blume“ mit fünf Buchstaben schreiben, bilden wir den Klang dieses Wortes ab, denn wir setzen fünf winzige Laute, sogenannte Phoneme, kleinste Einheiten, zusammen. Nun die gute Nachricht. Alle Sprachen tendieren zu einer sehr kleinen Zahl von Lautfarben – zwischen zwanzig und vierzig, grob gesprochen –, und die Buchstaben repräsentieren diese Laute. Egal nun, wie viele – Tausende oder Hunderttausende – Wörter eine Sprache benötigt: Alle können mit diesem Minimalinventar gebildet werden. Ja, genau genommen sind nicht einmal alle Laute einer Sprache im Buchstaben-Setzkasten enthalten. Wir helfen uns einfach mit freien Kombinationen wie ei oder sch. In wenigen Jahren können Kinder das Alphabet bequem erlernen, und zwar mit allen Feinheiten, die in der Schreibung zu beachten sind. Wie mühselig ist dagegen der Prozess des Spracherwerbs im Chinesischen, wo mindestens zweitausend Symbole memoriert werden müssen – mit einer Vielzahl an Homonymen, Wörtern also, die mehrere Bedeutungen tragen, aber in der offiziellen phonetischen Umschrift Pīnyīn (am 6. Feb. 1956 beschlossen) gleich wiedergegeben werden: Ma kann Mutter [mā], Hanf [má], Pferd [mă] oder schelten [mà] bedeuten, je nach Tonmodulation (hoch, steigend, fallend-steigend, fallend). Als chinesisches Schriftzeichen bestehen dagegen klar erkennbare Unterscheidungen, die es – und hier liegt wohl einer der Vorteile nicht-alphabetischer Sprachen – möglich machen, Texte zu lesen, die Hunderte Jahre alt sind. Außerdem konnten diese Zeichen leicht von Völkern, die irgendwann Teil des chinesischen Reiches wurden, übernommen werden. Damit wurde schriftliche Kommunikation möglich, ohne dass alle Mandarin beherrschen mussten. Eine Folge davon ist, dass die meisten Minoritäten in China (Ausnahme aus politischen Gründen: Uiguren und Tibetaner) relativ geringem Assimilierungsdruck ausgesetzt sind. Fazit: Logogramme sind eben nicht an Laute gebunden, logographische Schriftsysteme daher für die Ewigkeit erstellt.
Auch die Keilschrift kann nicht als vollwertiges Alphabet verstanden werden. Vielmehr handelt es sich um eine Silbenschrift, die aus Syllabogrammen besteht. Das Wort „Al-pha-bet“ würde mit drei Silben geschrieben werden, die ebenso wie Buchstaben für immer neue Wörter herangezogen werden können. Doch daraus ergeben sich Schwierigkeiten. Erstens braucht man Hunderte von Silben, um ein halbwegs reichhaltiges Vokabular abzubilden, und zweitens sind manche Silben wie obiges pha nahezu überflüssig, da nur wenige Wörter damit gebildet werden können. Hindi und Koreanisch sind zwei moderne Sprachen, die Silbenschrift und Alphabet miteinander vereinen. Für Deutsch oder Englisch wäre dieses System zweifellos äußerst unpraktisch.
Also bleiben wir bei der schon mehrfach wiederholten Feststellung, dass nichts die Flexibilität des Alphabets überbieten kann. Ein paar Beispiele sollen dies verdeutlichen: Phönizier, Griechen, Etrusker, Römer – die Hauptträger der Buchstaben-Stafette – verwendeten völlig unterschiedliche Sprachen, doch alle wurden mit denselben Buchstaben glücklich. Eroberungen, missionarischer Eifer und kulturpolitische Entscheidungen mögen zweifellos der Motor für diese Verbreitung gewesen sein, doch um sich erfolgreich durchzusetzen, müssen Buchstaben diese unglaubliche Anpassungsfähigkeit bereits in sich tragen. Die neuen asiatischen Staaten Aserbeidschan, Turkmenistan und Usbekistan zeigen ganz drastisch die ewige, phänomenale Kraft des „Alphabets“. Alle drei sprechen zwar Turksprachen, sind jedoch Anfang der 1990er-Jahre wieder zum lateinischen Alphabet zurückgekehrt, das unter Stalin 1940 durch Kyrillisch ersetzt worden war. Vor 1920, das heißt vor der Abschaffung durch die Sowjets, wurde in allen drei Staaten sogar die arabische Schrift verwendet. Was für ein gewaltiger Sprung in nur einem Jahrhundert! Die Türkei entschied sich 1928 unter Kemal Atatürk, arabische Buchstaben gegen lateinische zu tauschen. Rumänien gab bereits 1860 Kyrillisch für Lateinisch auf, Vietnam wurde 1910 vom französischen Kolonialherrn auf lateinische Buchstaben umgestellt. Serbokroatisch, die frühere Sprache Jugoslawiens, wurde in Serbien mit kyrillischen Buchstaben geschrieben, in Kroatien mit lateinischen. Entscheidend war allein der kulturelle Hintergrund. Jiddisch ist nahe verwandt mit dem Deutschen, verwendet jedoch hebräische Schriftzeichen. Hindi und Urdu haben grundsätzlich die gleichen Wurzeln, die Schriftzeichen jedoch sind komplett unterschiedlich (Devanagari bzw. Arabisch). Arabisch wird von weit entfernten Völkern wie den Berbern (Marokko), Farsi (Iran), Kurden (u.a. Iran), Nubiern (Sudan), Paschto (Afghanistan), Uiguren (China) oder Malayen (Malaysia) gepflegt, deren Sprachen kaum miteinander verwandt sind. Selbst die in Afrika von mehr als achtzig Millionen Menschen gesprochene Bantu-Sprache Swahili (Suaheli, Kisuaheli) wird in Arabisch ebenso geschrieben wie in Latein.
Das eigentliche Wunder des Alphabets ist zweifellos die Tatsache, dass die gleichen Buchstaben von Sprache zu Sprache springen können, quer durch Raum und Zeit, über alle geografischen und historischen Grenzen hinweg. Anders ausgedrückt könnte man sagen: Das Alphabet ist der erste Schritt der Menschheit zu einer wahrhaft globalen Welt.
Vokale | |||
a: / ā | dunkles (langes) a / dt.: sah, eng.: father | i | offenes i / dt.: Sinn |
ĩ | nasaliertes i / frz.: fin | ||
a | helles (kurzes) a / dt.: Matte | o: / ō | geschlossenes o / dt.: Rohr |
ɐ | abgeschwächtes a / dt.: Ufer | ɔ | offenes o / dt. Sport, eng.: hot |
ã | nasaliertes a / frz.: grand | ɔ: | offenes (langes) o / eng.: born |
Λ | dumpfes (tiefes, kurzes) a/ eng.: cup | õ | nasaliertes o / frz.: mon |
æ | Umlaut ä / dt.: Äpfel | ø | Umlaut ö (geschlossen) / dt.: Höhle |
e: / ē | geschlossenes (langes) e / dt.: Fee | œ | Umlaut ö (offen) / dt.: Hölle |
e | offenes (kurzes) e / dt.: Bett, eng.: get | ɜ: | offenes (eng.) ö / eng.: burn |
ə | abgeschwächtes e (Schwa) / dt.: |
u:
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