Franz Kafka: Sämtliche Werke. Knowledge house
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Название: Franz Kafka: Sämtliche Werke

Автор: Knowledge house

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9782380372786

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СКАЧАТЬ und seine Tochter anfangs gegenüber Green gefühlt hatten und die damals Karl etwas unverständlich vorgekommen war. Jetzt standen sie mit Green beisammen und nickten ihm zu. Der Rauch aus Herrn Greens Cigarre, einem Geschenk Pollunders, die von jener Dicke war, von der der Vater zuhause hie und da als von einer Tatsache zu erzählen pflegte, die er wahrscheinlich selbst mit eigenen Augen niemals gesehen hatte, verbreitete sich in dem Saal und trug Greens Einfluß auch in Winkel und Nischen, die er persönlich niemals betreten würde. Soweit entfernt Karl auch stand, noch er spürte von dem Rauch einen Kitzel in der Nase und das Benehmen Herrn Greens, nach welchem er sich von seinem Platz aus nur einmal schnell umsah, erschien ihm infam. Jetzt hielt er es gar nicht mehr für ausgeschlossen, daß ihm der Onkel die Erlaubnis zu diesem Besuch nur deshalb so lange verweigert hatte, weil er den schwachen Charakter Herrn Pollunders kannte und infolgedessen eine Kränkung Karls bei diesem Besuch wenn auch nicht genau voraussah, so doch im Bereich der Möglichkeit erblickte. Auch das amerikanische Mädchen gefiel ihm nicht, trotzdem er sich sie durchaus nicht etwa viel schöner vorgestellt hatte. Seitdem sich Herr Green mit ihr abgegeben hatte, war er sogar überrascht von der Schönheit, deren ihr Gesicht fähig war, und besonders von dem Glanz ihrer unbändig bewegten Augen. Einen Rock, der so fest wie der ihre den Körper umschlossen hätte, hatte er noch niemals gesehn, kleine Falten in dem gelblichen, zarten und festen Stoff zeigten die Stärke der Spannung. Und doch lag Karl gar nichts an ihr und er hätte gern darauf verzichtet, auf ihre Zimmer geführt zu werden, wenn er statt dessen die Tür auf deren Klinke er für jeden Fall die Hände gelegt hatte, hätte öffnen, ins Automobil steigen oder wenn der Chauffeur schon schlief, nach Newyork allein hätte spazieren dürfen. Die klare Nacht mit dem ihm zugeneigten vollen Mond stand frei für jedermann und draußen im Freien vielleicht Furcht zu haben, schien Karl sinnlos. Er stellte sich vor – und zum erstenmal wurde ihm in diesem Saale wohl – wie er am Morgen – früher dürfte er kaum zufuß nachhause kommen – den Onkel überraschen wollte. Er war zwar noch niemals in seinem Schlafzimmer gewesen, wußte auch gar nicht, wo es lag, aber er wollte es schon erfragen. Dann wollte er anklopfen und auf das förmliche „Herein!“ ins Zimmer laufen und den lieben Onkel, den er bisher immer nur bis hoch hinauf angezogen und zugeknöpft kannte, aufrecht im Bette sitzend, die Augen erstaunt zur Tür gerichtet, im Nachthemd überraschen. Das war ja an und für sich vielleicht noch nicht viel, aber man mußte nur ausdenken, was das zur Folge haben konnte! Vielleicht würde er zum erstenmal gemeinsam mit seinem Onkel frühstücken, der Onkel im Bett, er auf einem Sessel, das Frühstück auf einem Tischchen zwischen ihnen, vielleicht würde dieses gemeinsame Frühstück zu einer ständigen Einrichtung werden, vielleicht würden sie in Folge dieser Art Frühstück, was sogar kaum zu vermeiden war, öfters als wie bisher bloß einmal während des Tages zusammenkommen und dann natürlich auch offener mit einander reden können. Es lag ja schließlich nur an dem Mangel dieser offenen Aussprache, wenn er heute dem Onkel gegenüber etwas unfolgsam oder besser starrköpfig gewesen war. Und wenn er auch heute über Nacht hierbleiben mußte – es sah leider ganz darnach aus, trotzdem man ihn hier beim Fenster stehn und auf eigene Faust sich unterhalten ließ – vielleicht wurde dieser unglückliche Besuch der Wendepunkt zum Bessern in dem Verhältnis zum Onkel, vielleicht hatte der Onkel in seinem Schlafzimmer heute abend ähnliche Gedanken.

      Ein wenig getröstet wendete er sich um. Klara stand vor ihm und sagte: „Gefällt es Ihnen denn gar nicht bei uns? Wollen Sie sich hier nicht ein wenig heimisch fühlen? Kommen Sie, ich will den letzten Versuch machen.“ Sie führte ihn quer durch den Saal zur Türe. An einem Seitentisch saßen die beiden Herren bei leicht schäumenden, in hohe Gläser gefüllten Getränken, die Karl unbekannt waren und die er zu verkosten Lust gehabt hätte. Herr Green hatte einen Elbogen auf dem Tisch und sein ganzes Gesicht Herrn Pollunder möglichst nahe gerückt; wenn man Herrn Pollunder nicht gekannt hätte, hätte man ganz gut annehmen können, es werde hier etwas Verbrecherisches besprochen und kein Geschäft. Während Herr Pollunder mit freundlichem Blick Karl zur Türe folgte, sah sich Green, trotzdem man doch schon unwillkürlich sich den Blicken seines Gegenübers anzuschließen pflegt, auch nicht im geringsten nach Karl um, welchem in diesem Benehmen der Ausdruck einer Art Überzeugung Greens zu liegen schien, jeder, Karl für sich, und Green für sich solle hier mit seinen Fähigkeiten auszukommen versuchen, die notwendige gesellschaftliche Verbindung zwischen ihnen werde sich schon mit der Zeit durch den Sieg oder die Vernichtung eines von beiden herstellen. „Wenn er das meint“, sagte sich Karl, „dann ist er ein Narr. Ich will wahrhaftig nichts von ihm und er soll mich auch in Ruhe lassen.“ Kaum war er auf den Gang getreten, fiel ihm ein, daß er sich wahrscheinlich unhöflich benommen hatte, denn mit seinen auf Green gehefteten Augen hatte er sich von Klara aus dem Zimmer fast schleppen lassen. Desto williger gieng er jetzt neben ihr her. Auf dem Wege durch die Gänge traute er zuerst seinen Augen nicht, als er alle zwanzig Schritte einen reich livrierten Diener mit einem Armleuchter stehen sah, dessen dicken Schaft jener mit beiden Händen umschlossen hielt. „Die neue elektrische Leitung ist bisher nur im Speisezimmer eingeführt“, erklärte Klara. „Wir haben dieses Haus erst vor kurzem gekauft und es gänzlich umbauen lassen, soweit sich ein altes Haus mit seiner eigensinnigen Bauart überhaupt umbauen läßt.“ „Da gibt es also auch schon in Amerika alte Häuser“, sagte Karl. „Natürlich“, sagte Klara lachend und zog ihn weiter. „Sie haben merkwürdige Begriffe von Amerika.“ „Sie sollen mich nicht auslachen“, sagte er ärgerlich. Schließlich kannte er schon Europa und Amerika, sie aber nur Amerika.

      Im Vorübergehn stieß Klara mit leicht ausgestreckter Hand eine Tür auf und sagte ohne anzuhalten: „Hier werden Sie schlafen.“ Karl wollte natürlich das Zimmer sich gleich anschauen, aber Klara erklärte ungeduldig und fast schreiend, das habe doch Zeit und er solle nur vorher mitkommen. Sie zogen sich auf dem Gang ein wenig hin und her, schließlich meinte Karl, er müsse sich nicht in allem nach Klara richten, riß sich los und trat in das Zimmer. Ein überraschendes Dunkel vor dem Fenster erklärte sich durch einen Baumwipfel, der sich dort in seinem vollen Umfang wiegte. Man hörte Vögelgesang. Im Zimmer selbst, das vom Mondlicht noch nicht erreicht war, konnte man allerdings fast gar nichts unterscheiden. Karl bedauerte die elektrische Taschenlampe, die er vom Onkel geschenkt bekommen hatte, nicht mitgenommen zu haben. In diesem Hause war ja eine Taschenlampe unentbehrlich, hätte man ein paar solcher Lampen gehabt, hätte man die Diener schlafen schicken können. Er setzte sich aufs Fensterbrett und sah und horchte hinaus. Ein aufgestörter Vogel schien sich durch das Laubwerk des alten Baumes zu drängen. Die Pfeife eines Newyorker Vorortzuges erklang irgendwo im Land. Sonst war es still.

      Aber nicht lange, denn Klara kam eilends herein. Sichtlich bös rief sie: „Was soll denn das?“ und klatschte auf ihren Rock. Karl wollte erst antworten, bis sie höflicher war. Aber sie gieng mit großen Schritten auf ihn zu, rief: „Also wollen Sie mit mir kommen oder nicht?“ und stieß ihn mit Absicht oder bloß in der Erregung derartig an die Brust, daß er aus dem Fenster gestürzt wäre, hätte er nicht noch im letzten Augenblick vom Fensterbrett gleitend mit den Füßen den Zimmerboden berührt. „Jetzt wäre ich bald herausgefallen“, sagte er vorwurfsvoll. „Schade daß es nicht geschehen ist. Warum sind Sie so unartig. Ich stoße Sie noch einmal hinunter.“ Und wirklich umfaßte sie ihn und trug ihn, der verblüfft sich zuerst schwer zu machen vergaß, mit ihrem vom Sport gestählten Körper fast bis zum Fenster. Aber dort besann er sich, machte sich mit einer Wendung der Hüften los und umfaßte nun sie. „Ach Sie tun mir weh“, sagte sie gleich. Aber nun glaubte sie Karl nicht mehr loslassen zu dürfen. Er ließ ihr zwar Freiheit, Schritte nach Belieben zu machen, folgte ihr aber und ließ sie nicht los. Es war auch so leicht sie in ihrem engen Kleid zu umfassen. „Lassen Sie mich“, flüsterte sie, das erhitzte Gesicht eng an seinem, er mußte sich anstrengen sie zu sehn, so nahe war sie ihm, „lassen Sie mich, ich werde Ihnen etwas Schönes geben.“ „Warum seufzt sie so“, dachte Karl, „es kann ihr nicht wehtun, ich drücke sie ja nicht“, und er ließ sie noch nicht los. Aber plötzlich nach einem Augenblick unachtsamen schweigenden Dastehns fühlte er wieder ihre wachsende Kraft an seinem Leib und sie hatte sich ihm entwunden, faßte ihn mit gut ausgenütztem Obergriff, wehrte seine Beine mit Fußstellungen einer fremdartigen Kampftechnik ab und trieb ihn vor sich mit großartiger Regelmäßigkeit Athem holend gegen die Wand. Dort war aber ein Kanapee, auf das legte sie Karl hin und sagte, ohne sich allzusehr zu ihm hinabzubeugen: „Jetzt rühr Dich wenn Du kannst.“ „Katze, СКАЧАТЬ