Franz Kafka: Sämtliche Werke. Knowledge house
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Название: Franz Kafka: Sämtliche Werke

Автор: Knowledge house

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9782380372786

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СКАЧАТЬ dessen Besprechung wahrscheinlich lange dauern wird, denn er hat mir schon im Spaß gedroht, daß ich wenn ich eine höfliche Hauswirtin sein will, bis zum Morgen werde zuhören müssen.“ „Also auch das noch. Dann bleibt er über Nacht“, rief Pollunder, als sei damit endlich das Schlimmste erreicht. „Ich hätte wahrhaftig Lust“, sagte er und wurde freundlicher durch den neuen Gedanken, „ich hätte wahrhaftig Lust, Sie Herr Roßmann wieder ins Automobil zu nehmen und zu Ihrem Onkel zurückzubringen. Der heutige Abend ist schon von vornherein gestört und wer weiß wann Sie uns nächstens Ihr Herr Onkel wieder überläßt. Bringe ich Sie aber heute schon wieder zurück, so wird er Sie uns nächstens doch nicht verweigern können.“ Und er faßte Karl schon bei der Hand, um seinen Plan auszuführen. Aber Karl rührte sich nicht und Klara bat, ihn hierzulassen, denn zumindestens sie und Karl würden von Herrn Green nicht im geringsten gestört werden können und schließlich merkte auch Pollunder, daß selbst sein Entschluß nicht der festeste war. Überdies – und dies war vielleicht das Entscheidende – hörte man plötzlich Herrn Green vom obersten Treppenaufsatz in den Garten hinunterrufen: „Wo bleibt ihr denn?“ „Kommt“, sagte Pollunder und bog auf die Freitreppe ein. Hinter ihm giengen Karl und Klara, die einander jetzt im Licht studierten. „Die roten Lippen die sie hat“, sagte sich Karl und dachte an die Lippen des Herrn Pollunder und wie schön sie sich in der Tochter verwandelt hatten. „Nach dem Nachtmahl“, so sagte sie, „werden wir wenn es Ihnen recht ist gleich in meine Zimmer gehn, damit wir wenigstens diesen Herrn Green los sind, wenn schon Papa sich mit ihm beschäftigen muß. Und Sie werden dann so freundlich sein mir Klavier vorzuspielen, denn Papa hat schon erzählt, wie gut Sie das treffen, ich aber bin leider ganz unfähig Musik auszuüben und rühre mein Klavier nicht an, so sehr ich die Musik eigentlich liebe.“ Mit dem Vorschlag Klaras war Karl ganz einverstanden, wenn er auch gern Herrn Pollunder mit in ihre Gesellschaft hätte ziehen wollen. Vor der riesigen Gestalt Greens – an Pollunders Größe hatte sich Karl eben schon gewöhnt – die sich vor ihnen, wie sie die Stufen hinaufstiegen, langsam entwickelte, wich allerdings von Karl jede Hoffnung, diesem Manne den Herrn Pollunder heute abend irgendwie zu entlocken.

      Herr Green empfieng sie sehr eilig, als sei vieles einzuholen, nahm Herrn Pollunders Arm und schob Karl und Klara vor sich in das Speisezimmer, das besonders infolge der Blumen auf dem Tische, die sich aus Streifen frischen Laubes halb aufrichteten, sehr festlich aussah und doppelt die Anwesenheit des störenden Herrn Green bedauern ließ. Gerade freute sich noch Karl, der beim Tische wartete, bis die andern sich setzten, daß die große Glastüre zum Garten hin offen bleiben würde, denn ein starker Duft wehte herein wie in eine Gartenlaube, da machte sich gerade Herr Green unter Schnaufen daran, diese Glastüre zuzumachen, bückte sich nach den untersten Riegeln, streckte sich nach den obersten und alles so jugendlich rasch, daß der herbeieilende Diener nichts mehr zu tun fand. Die ersten Worte des Herrn Green bei Tische waren Ausdrücke des Staunens darüber, daß Karl die Erlaubnis des Onkels zu diesem Besuche bekommen hatte. Einen gefüllten Suppenlöffel nach dem andern hob er zum Mund und erklärte rechts zu Klara, links zu Herrn Pollunder warum er so staune und wie der Onkel über Karl wache und wie die Liebe des Onkels zu Karl zu groß sei, als daß man sie noch die Liebe eines Onkels nennen könne. „Nicht genug, daß er sich hier unnötig einmischt, mischt er sich noch gleichzeitig zwischen mich und den Onkel ein“, dachte Karl und konnte keinen Schluck der goldfarbigen Suppe hinunterbringen. Dann wollte er sich aber wieder nicht anmerken lassen, wie gestört er sich fühlte und begann die Suppe stumm in sich hineinzuschütten. Das Essen vergieng langsam wie eine Plage. Nur Herr Green und höchstens noch Klara waren lebhaft und fanden mitunter Gelegenheit zu einem kurzen Lachen. Herr Pollunder verfieng sich nur einigemal in die Unterhaltung, wenn Herr Green von Geschäften zu sprechen anfieng. Doch zog er sich auch von solchen Gesprächen bald zurück und Herr Green mußte ihn nach einiger Zeit wieder unvermutet damit überraschen. Er legte übrigens Gewicht darauf – und da war es, daß Karl, der aufhorchte, als drohe etwas, von Klara darauf aufmerksam gemacht werden mußte, daß der Braten vor ihm stand und er bei einem Abendessen war – daß er von vornherein nicht die Absicht gehabt habe, diesen unerwarteten Besuch zu machen. Denn wenn auch das Geschäft, von dem noch gesprochen werden solle, von besonderer Dringlichkeit sei, so hätte wenigstens das Wichtigste heute in der Stadt verhandelt und das Nebensächlichere für morgen oder später aufgespart werden können. Und so sei er auch tatsächlich noch lange vor Geschäftsschluß bei Herrn Pollunder gewesen, habe ihn aber nicht angetroffen, so daß er gezwungen gewesen sei, nachhause zu telephonieren, daß er über Nacht ausbleibe, und heraus zu fahren. „Dann muß ich um Entschuldigung bitten“, sagte Karl laut und ehe jemand Zeit zur Antwort hatte, „denn ich bin daran schuld, daß Herr Pollunder sein Geschäft heute früher verließ und es tut mir sehr leid.“ Herr Pollunder bedeckte den größern Teil seines Gesichtes mit der Serviette, während Klara Karl zwar anlächelte, doch war es kein teilnehmendes Lächeln sondern eines, das ihn irgendwie beeinflussen sollte. „Da braucht es keine Entschuldigung“, sagte Herr Green der gerade eine Taube mit scharfen Schnitten zerlegte, „ganz im Gegenteil, ich bin ja froh, den Abend in so angenehmer Gesellschaft zu verbringen, statt das Nachtmahl allein zuhause einzunehmen, wo mich meine alte Wirtschafterin bedient, die so alt ist, daß ihr schon der Weg von der Tür zu meinen Tisch schwer fällt und ich mich für lange in meinem Sessel zurücklehnen kann, wenn ich sie auf diesem Gang beobachten will. Erst vor Kurzem habe ich durchgesetzt, daß der Diener die Speisen bis zur Tür des Speisezimmers bringt, der Weg aber von der Tür zu meinem Tisch gehört ihr, soweit ich sie verstehe.“ „Mein Gott“, rief Klara, „ist das eine Treue!“ „Ja es giebt noch Treue auf der Welt“, sagte Herr Green und führte einen Bissen in den Mund, wo die Zunge, wie Karl zufällig bemerkte, mit einem Schwunge die Speise ergriff. Ihm wurde fast übel und er stand auf. Fast gleichzeitig griffen Herr Pollunder und Klara nach seinen Händen. „Sie müssen noch sitzen bleiben“, sagte Klara. Und als er sich wieder gesetzt hatte, flüsterte sie ihm zu: „Wir werden bald zusammen verschwinden. Haben Sie Geduld.“ Herr Green hatte sich inzwischen ruhig mit seinem Essen beschäftigt, als sei es Herrn Pollunders und Klaras natürliche Aufgabe, Karl zu beruhigen, wenn er ihm Übelkeiten verursachte.

      Das Essen zog sich besonders durch die Genauigkeit in die Länge, mit der Herr Green jeden Gang behandelte, wenn er auch immer bereit war, jeden neuen Gang ohne Ermüdung zu empfangen, es bekam wirklich den Anschein, als wolle er sich von seiner alten Wirtschafterin gründlich erholen. Hin und wieder lobte er Fräulein Klaras Kunst in der Führung des Hauswesens, was ihr sichtlich schmeichelte, während Karl versucht war ihn abzuwehren, als greife er sie an. Aber Herr Green begnügte sich nicht einmal mit ihr, sondern bedauerte öfters, ohne vom Teller aufzusehn, die auffallende Appetitlosigkeit Karls. Herr Pollunder nahm Karls Appetit in Schutz, trotzdem er als Gastgeber Karl auch zum Essen hätte aufmuntern sollen. Und tatsächlich fühlte sich Karl durch den Zwang, unter dem er während des ganzen Nachtmahls litt, so empfindlich, daß er gegen die eigene bessere Einsicht diese Äußerung Herrn Pollunders als Unfreundlichkeit auslegte. Und es entsprach nur diesem seinem Zustand, daß er einmal ganz unpassend rasch und viel aß und dann wieder für lange Zeit müde Gabel und Messer sinken ließ und der unbeweglichste der Gesellschaft war, mit dem der Diener, der die Speisen reichte, oft nichts anzufangen wußte.

      „Ich werde schon morgen dem Herrn Senator erzählen, wie Sie das Fräulein Klara durch Ihr Nichtessen gekränkt haben“, sagte Herr Green und beschränkte sich darauf, die spaßige Absicht dieser Worte durch die Art, wie er mit dem Besteck hantierte auszudrücken. „Sehen Sie nur das Mädchen an, wie traurig es ist“, fuhr er fort und griff Klara unters Kinn. Sie ließ es geschehn und schloß die Augen. „Du Dingschen“, rief er, lehnte sich zurück und lachte hochrot im Gesicht mit der Kraft des Gesättigten. Vergebens suchte sich Karl das Benehmen Herrn Pollunders zu erklären. Der saß vor seinem Teller und sah in ihn, als geschehe dort das eigentlich Wichtige. Er zog Karls Sessel nicht näher zu sich und wenn er einmal sprach so sprach er zu allen, aber zu Karl hatte er nichts besonderes zu reden. Dagegen duldete er, daß Green, dieser alte ausgepichte Newyorker Junggeselle, mit deutlicher Absicht Klara berührte, daß er Karl, Pollunders Gast, beleidigte oder wenigstens als Kind behandelte und wer weiß zu welchen Taten sich stärkte und vordrang.

      Nach Aufhebung der Tafel – als Green die allgemeine Stimmung merkte, war er der erste der aufstand und gewissermaßen alle СКАЧАТЬ