Название: Der Dreißigjährige Krieg
Автор: Ricarda Huch
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Sachbücher bei Null Papier
isbn: 9783962818555
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Dass König Christian sich des Grafen von Oldenburg annahm, der den Erzbischof Friedrich Adolf von Bremen verklagte, weil er seit vielen Jahren mit seiner Schwester verlobt sei, aber die Heirat zu effektuieren sich beharrlich weigere, wodurch er und seine Schwester vor aller Welt verächtlich gemacht würden, betrachteten die kaiserlichen Räte nur als einen Umschweif des Königs, um den Erzbischof von seinem Erzbistum zu bringen, in welches er bekanntlich seinen eigenen Sohn einschlüpfen lassen wollte. Er habe denselben über und über mit Gold beschmiert, damit er desto besser durch das Pförtlein einginge, aber die Domherren, wenn sie auch davon abgriffen, so viel sie könnten, hielten ihn doch sorglich auf der Seite, weil ihnen der dänische Hirtenstab zurzeit noch etwas fremd vorkäme.
Vielleicht, sagte der Kaiser, indem er über das ganze Gesicht lachte, wären dem König von Dänemark die Weiber ausgegangen, er solle ja ein Herkules in der Liebe sein, und wolle sich ein neues Jagdgebiet im Reiche gründen.
Ja, sagten die Räte unter anhaltendem Gelächter, der König sei sehr amoros und halte sich auch für einen Adonis, sehe auch dergleichen aus auf den Bildern, die sein Gesandter bei seinem letzten Besuch in Wien verteilt habe. Das Frauenzimmer in Dänemark solle übrigens ausnehmend schön sein, nicht fett wie das hiesige, sondern zart und blond, dazu verliebter Natur und treulos, weil sie in ihrer Unmäßigkeit mit einem Manne nicht genug hätten.
Wenn Dänemark nicht so weit entfernt und nicht ketzerisches Land wäre, möchte er wohl einmal dahin reisen und dem König zu Hilfe kommen, sagte der Kaiser, während die beiden vor sich niedersahen und kaum das Lachen verbeißen konnten.
Hierauf sollte der Kaiser noch die Mansfeldische Achtserklärung unterschreiben; aber er war müde geworden und sagte verdrießlich, es habe keinen Zweck, den Bastard und Habenichts noch zu ächten, mit dem müsse Buquoy auch ohne das fertig werden, wozu bekomme er denn das viele Geld, und so weiter. Die Räte hingegen sagten, das Patent müsse durchaus morgen angeschlagen werden, baten flehentlich, der Kaiser möge doch unterschreiben, und ließen ein Süpplein kommen, um ihn wieder zu erfrischen. ›Wir setzen ihn aus dem Frieden in den Unfrieden und erlauben seinen Leib, Hab und Gut Jedermänniglichem‹, las der eine, während der andere dem Kaiser eine Feder in die Hand gab und ihm die Stelle bezeichnete, wohin er seinen Namenszug setzen sollte. Indem der Kaiser schrieb, dem vor Schläfrigkeit die Augen zufallen wollten, lief etwas Speichel und Suppe über seine herabhängende Unterlippe auf die Urkunde; er blickte errötend um sich, wischte schnell und verstohlen mit dem Ärmel seiner wollenen Nachtjacke darüber und sagte kläglich, die Suppe sei wieder so schlecht gewesen, niemand sorge für ihn, seit dem Tode der Kaiserin habe er keine einzige gute Schüssel mehr bekommen. Noch ehe die Räte sich entfernt hatten, war der Kaiser eingeschlafen und in seinen schweren Kissen und Federbetten fast verloren. Angesichts seiner Schwäche wurde sein Ableben stündlich erwartet, aber es vergingen noch zwei Tage, bis er wirklich, das ungeduldige Warten Ferdinands und seiner Anhänger endlich krönend, verstarb.
31.
Es befand sich damals ein Abgesandter der holländischen Staaten in Prag, ein ruhiger, bedächtiger Mann, der, so behaglich man auch mit ihm plaudern konnte, über die politischen Fragen sich nie recht ausließ, und selbst bei Banketten, wo ein jeder sich aufknöpfte, einer Schnecke gleich, die die Fühler einzieht, vorsichtig in sich zurückkroch, wenn man ihn ausholen wollte.
»Wenn Ihr, meine Herren, betrachtet und nachahmt, was wir getan haben«, sagte er einmal, »so kann es Euch gewiss nicht fehlen. Wir haben vierzig Jahre lang wie ein Wall vor unserm Hause gestanden, und wenn einer gefallen ist, ist ein anderer in die Lücke getreten. Freunde haben wir nicht gehabt als das Meer, das wir wie einen Löwen mit Blut sättigten und das uns unsere Feinde verschlingen half. Wir führten in einer Hand das Ruder, in der anderen das Schwert, waren Kriegsleute und Handelsleute zugleich, ließen uns Bettler und Krämer schelten und sind frei und reich dabei geworden.«
Ja, sagten die böhmischen Herren, ihre Lage sei nicht so günstig, sie wären kein Meervolk, könnten auch zu keiner Eintracht kommen, weil bei der langen habsburgischen Herrschaft deutsche und böhmische Nation, katholischer und hussitischer Glaube nebeneinander aufgegangen sei. Die Städte wären selbstsüchtig und eifersüchtig, wollten für die gemeine Freiheit nichts tun und nichts geben, die Söldner wären ein habgieriges, ehrloses Volk, das sich ohne Geld nicht rührte. Man sollte zahlen und zahlen und könnte sich doch nicht selbst zugrunde richten.
Ob sie denn ihre Untertanen nicht bewaffneten? fragte der Gesandte. Ja, wer denn inzwischen ihre Güter bestellen sollte? war die Antwort. Freilich ließe hie und da einer seine Bauern zu Feld ziehen, aber im ganzen sei es nicht geraten, ihnen Waffen in die Hand zu geben, die sie leicht gegen den eigenen Herrn gebrauchen könnten. Den Bauern gehe es zu gut, darum wollten sie höher hinaus und zögen sich gern hinter den Kaiser, um unter seinem Schutze sich ihren Fronden zu entziehen. Der Kaiser drangsaliere zwar seine eigenen Bauern wie einer, bei den fremden aber spiele er den Schutzherrn; darum sei es eine bewährte Erfahrung, dass man mit den Bauern nicht gegen den Kaiser ziehen könne.
Nun, sagte der Gesandte, der den Auftrag hatte, die Böhmen auf alle Fälle bei der Kriegslust zu erhalten, die hochmögenden Herren befänden sich zwar augenblicklich im Frieden mit Spanien und könnten sich nicht geradezu gegen den Kaiser einlassen, aber das Evangelium ließen sie doch nicht im Stich, wenn es anginge, und wären gottlob imstande, die gute Sache mit Geld zu unterstützen, wenn sie guten Willen und Ausdauer sähen.
Auf diese Vertröstung des geldmächtigen Hollands taten sich die Böhmen viel zugute, doch unterließen sie nicht, sich auch nach anderer, tatkräftigerer Unterstützung umzusehen, die sie hauptsächlich in einem geeigneten König zu finden hofften. Ein König, der Geld und СКАЧАТЬ