Die Elixiere des Teufels. Nachgelassene Papiere des Bruders Medardus eines Kapuziners. E. T. A. Hoffmann
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Читать онлайн книгу Die Elixiere des Teufels. Nachgelassene Papiere des Bruders Medardus eines Kapuziners - E. T. A. Hoffmann страница 18

СКАЧАТЬ der, ohne deutlich ausgesprochen zu sein, mich doch auf quälende Weise verfolgt. – Wer du bist, dass unter diesem heiligen Kleide Graf Viktorin verborgen, das scheint Hermogen durchaus verschlossen geblieben; dagegen behauptet er, aller Verrat, alle Arglist, alles Verderben, das über uns einbrechen werde, ruhe in dir, ja wie der Widersacher selbst sei der Mönch in das Haus getreten, der, von teuflischer Macht beseelt, verdammten Verrat brüte. – Es kann so nicht bleiben, ich bin es müde, diesen Zwang zu tragen, den mir der kindische Alte auferlegt, der nun mit kränkelnder Eifersucht, wie es scheint, ängstlich meine Schritte bewachen wird. Ich will dies Spielzeug, das mir langweilig worden, wegwerfen, und du, Viktorin, wirst dich umso williger meinem Begehren fügen, als du auf einmal selbst der Gefahr entgehst, endlich ertappt zu werden und so das [104]geniale Verhältnis, das unser Geist ausbrütete, in eine gemeine verbrauchte Mummerei, in eine abgeschmackte Ehestandsgeschichte herabsinken zu sehen! Der lästige Alte muss fort, und wie das am besten ins Werk zu richten ist, darüber lass uns zu Rate gehen, höre aber erst meine Meinung. Du weißt, dass der Baron jeden Morgen, wenn Reinhold beschäftigt, allein hinausgeht in das Gebürge, um sich an den Gegenden nach seiner Art zu erlaben. – Schleiche dich früher hinaus und suche, ihm am Ausgange des Parks zu begegnen. Nicht weit von hier gibt es eine wilde, schauerliche Felsengruppe; wenn man sie erstiegen, gähnt dem Wandrer auf der einen Seite ein schwarzer, bodenloser Abgrund entgegen, dort ist, oben über den Abgrund herüberragend, der sogenannte Teufelssitz. Man fabelt, dass giftige Dünste aus dem Abgrunde steigen, die den, der vermessen hinabschaut, um zu erforschen, was drunten verborgen, betäuben und rettungslos in den Tod hinabziehen. Der Baron, dieses Märchen verlachend, stand schon oft auf jenem Felsstück über dem Abgrund, um die Aussicht, die sich dort öffnet, zu genießen. Es wird leicht sein, ihn selbst darauf zu bringen, dass er dich an die gefährliche Stelle führt; steht er nun dort und starrt in die Gegend hinein, so erlöst uns ein kräftiger Stoß deiner Faust auf immer von dem ohnmächtigen Narren.« – »Nein, nimmermehr«, schrie ich heftig, »ich kenne den entsetzlichen Abgrund, ich kenne den Sitz des Teufels, nimmermehr! Fort mit dir und dem Frevel, den du mir zumutest!« Da sprang Euphemie auf, wilde Glut entflammte ihren Blick, ihr Gesicht war verzerrt von der wütenden Leidenschaft, die in ihr tobte. »Elender Schwächling«, rief sie, »du wagst es in dumpfer Feigheit, dem zu widerstreben, was ich beschloss? Du willst dich [105]lieber dem schmachvollen Joche schmiegen, als mit mir herrschen? Aber du bist in meiner Hand, vergebens entwindest du dich der Macht, die dich gefesselt hält zu meinen Füßen! – Du vollziehst meinen Auftrag, morgen darf der, dessen Anblick mich peinigt, nicht mehr leben!«

      Indem Euphemie die Worte sprach, durchdrang mich die tiefste Verachtung ihrer armseligen Prahlerei, und im bittern Hohn lachte ich ihr gellend entgegen, dass sie erbebte und die Totenblässe der Angst und des tiefen Grauens ihr Gesicht überflog. – »Wahnsinnige«, rief ich, »die du glaubst über das Leben zu herrschen, die du glaubst, mit seinen Erscheinungen zu spielen, habe acht, dass dies Spielzeug nicht in deiner Hand zur schneidenden Waffe wird, die dich tötet! Wisse, Elende, dass ich, den du in deinem ohnmächtigen Wahn zu beherrschen glaubst, dich wie das Verhängnis selbst in meiner Macht festgekettet halte, dein frevelhaftes Spiel ist nur das krampfhafte Winden des gefesselten Raubtiers im Käfig! – Wisse, Elende, dass dein Buhle zerschmettert in jenem Abgrunde liegt und dass du statt seiner den Geist der Rache selbst umarmtest! – Geh und verzweifle!«

      Euphemie wankte; im konvulsivischen Erbeben war sie im Begriff, zu Boden zu sinken, ich fasste sie und drückte sie durch die Tapetentüre den Gang hinab. – Der Gedanke stieg in mir auf, sie zu töten, ich unterließ es, ohne mich dessen bewusst zu sein, denn im ersten Augenblick, als ich die Tapetentüre schloss, glaubte ich die Tat vollbracht zu haben! – Ich hörte einen durchdringenden Schrei und Türen zuschlagen.

      Jetzt hatte ich mich selbst auf einen Standpunkt gestellt, der mich dem gewöhnlichen menschlichen Tun ganz [106]entrückte; jetzt musste Schlag auf Schlag folgen, und, mich selbst als den bösen Geist der Rache verkündend, musste ich das Ungeheuere vollbringen. – Euphemiens Untergang war beschlossen, und der glühendste Hass sollte, mit der höchsten Inbrunst der Liebe sich vermählend, mir den Genuss gewähren, der nun noch dem übermenschlichen mir inwohnenden Geiste würdig. – In dem Augenblick, dass Euphemie untergegangen, sollte Aurelie mein werden.

      Ich erstaunte über Euphemiens innere Kraft, die es ihr möglich machte, den andern Tag unbefangen und heiter zu scheinen. Sie sprach selbst darüber, dass sie vorige Nacht in eine Art Somnambulismus geraten und dann heftig an Krämpfen gelitten, der Baron schien sehr teilnehmend, Reinholds Blicke waren zweifelhaft und misstrauisch. Aurelie blieb auf ihrem Zimmer, und je weniger es mir gelang, sie zu sehen, desto rasender tobte die Wut in meinem Innern. Euphemie lud mich ein, auf bekanntem Wege in ihr Zimmer zu schleichen, wenn alles im Schlosse ruhig geworden. – Mit Entzücken vernahm ich das, denn der Augenblick der Erfüllung ihres bösen Verhängnisses war gekommen. – Ein kleines, spitzes Messer, das ich schon von Jugend auf bei mir trug und mit dem ich geschickt in Holz zu schneiden wusste, verbarg ich in meiner Kutte, und so, zum Morde entschlossen, ging ich zu ihr. »Ich glaube«, fing sie an, »wir haben beide gestern schwere ängstliche Träume gehabt, es kam viel von Abgründen darin vor, doch das ist nun vorbei!« – Sie gab sich darauf wie gewöhnlich meinen frevelnden Liebkosungen hin, ich war erfüllt von entsetzlichem, teuflischen Hohn, indem ich nur die Lust empfand, die mir der Missbrauch ihrer eignen Schändlichkeit erregte. Als sie in meinen Armen lag, entfiel mir das Messer, sie [107]schauerte zusammen, wie von Todesangst ergriffen, ich hob das Messer rasch auf, den Mord noch verschiebend, der mir selbst andere Waffen in die Hände gab. – Euphemie hatte italienischen Wein und eingemachte Früchte auf den Tisch stellen lassen. – »Wie so ganz plump und verbraucht«, dachte ich, verwechselte geschickt die Gläser und genoss nur scheinbar die mir dargebotenen Früchte, die ich in meinen weiten Ärmel fallen ließ. Ich hatte zwei, drei Gläser von dem Wein, aber aus dem Glase, das Euphemie für sich hingestellt, getrunken, als sie vorgab, Geräusch im Schlosse zu hören, und mich bat, sie schnell zu verlassen. – Nach ihrer Absicht sollte ich auf meinem Zimmer enden! Ich schlich durch die langen, schwach erhellten Korridore, ich kam bei Aureliens Zimmer vorüber, wie festgebannt blieb ich stehen. – Ich sah sie, es war, als schwebe sie daher, mich voll Liebe anblickend wie in jener Vision, und mir winkend, dass ich ihr folgen sollte. – Die Türe wich durch den Druck meiner Hand, ich stand im Zimmer, nur angelehnt war die Türe des Kabinetts, eine schwüle Luft wallte mir entgegen, meine Liebesglut stärker entzündend, mich betäubend; kaum konnte ich atmen. – Aus dem Kabinett quollen die tiefen angstvollen Seufzer der vielleicht von Verrat und Mord Träumenden, ich hörte sie im Schlafe beten! – »Zur Tat, zur Tat, was zauderst du, der Augenblick entflieht«, so trieb mich die unbekannte Macht in meinem Innern. – Schon hatte ich einen Schritt ins Kabinett getan, da schrie es hinter mir: »Verruchter, Mordbruder! nun gehörst du mein!« und ich fühlte mich mit Riesenkraft von hinten festgepackt. – Es war Hermogen, ich wand mich, alle meine Stärke aufbietend, endlich von ihm los und wollte mich fortdrängen, aber von neuem packte er mich [108]hinterwärts und zerfleischte meinen Nacken mit wütenden Bissen! – Vergebens rang ich, unsinnig vor Schmerz und Wut, lange mit ihm, endlich zwang ihn ein kräftiger Stoß, von mir abzulassen, und als er von neuem über mich herfiel, da zog ich mein Messer; zwei Stiche, und er sank röchelnd zu Boden, dass es dumpf im Korridor widerhallte. – Bis heraus aus dem Zimmer hatten wir uns gedrängt im Kampfe der Verzweiflung.

      Sowie Hermogen gefallen, rannte ich in wilder Wut die Treppe herab, da riefen gellende Stimmen durch das ganze Schloss: »Mord! Mord!« – Lichter schweiften hin und her, und die Tritte der Herbeieilenden schallten durch die langen Gänge, die Angst verwirrte mich, ich war auf entlegene Seitentreppen geraten. – Immer lauter, immer heller wurde es im Schlosse, immer näher und näher erscholl es grässlich: »Mord, Mord!« Ich unterschied die Stimme des Barons und Reinholds, welche heftig mit den Bedienten sprachen. – Wohin fliehen, wohin mich verbergen? – Noch vor wenig Augenblicken, als ich Euphemien mit demselben Messer ermorden wollte, mit dem ich den wahnsinnigen Hermogen tötete, war es mir, als könne ich, mit dem blutigen Mordinstrument in der Hand, vertrauend auf meine Macht, keck hinaustreten, da keiner, von scheuer Furcht ergriffen, es wagen würde, mich aufzuhalten; jetzt war ich selbst von tödlicher Angst befangen. Endlich, endlich war ich auf der Haupttreppe, der Tumult hatte sich nach СКАЧАТЬ