Название: Scheiß auf perfekt!
Автор: Stefan Dederichs
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
Серия: Dein Leben
isbn: 9783967400533
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Die Tragik des Perfektionisten
Einer der berühmtesten Perfektionisten war wohl Steve Jobs (Flurry 2017). Er bezeichnete sich selbst mit großem Stolz als Perfektionisten. Sein Erfolg gründete auf seinen Visionen, die er mit aller Macht und zuweilen ohne Rücksicht auf Verluste umsetzen wollte. Seine Visionen waren so lebendig und stark, dass sie alles andere überstrahlten. Als 2001 das iPod der Weltöffentlichkeit präsentiert wurde, hatte es noch sechs Wochen zuvor einen Bildschirm, der aus Plastik bestand. Kurzfristig kam Jobs zu der Überzeugung, dass Plastik zu leicht zu zerkratzen wäre und es daher besser sei, den Bildschirm aus Glas zu fertigen. Du kannst dir vorstellen, welche Schockwelle dies im Unternehmen zur Folge hatte und welcher immense Druck dadurch auf die zuständigen Abteilungen ausgeübt wurde. Jobs waren die Konsequenzen und die Kosten gleichgültig, es ging ihm um seine Vision und sein Streben nach Perfektion. In diesem Fall war das Streben nach Perfektion ein positiver Antreiber, etwas Einzigartiges zu erschaffen.
Steve Jobs hat mit seinem Perfektionismus ein Imperium aufgebaut und die Welt verändert. Ich bin der festen Überzeugung, er hat die Welt ein Stückchen besser und einfacher gemacht. Aber dafür musste er auch einen Preis bezahlen. Menschlich war er umstritten. Wie er sein Umfeld, seine Mitarbeiter, sein Team behandelte, war sicher nicht vorbildlich. Vermutlich sind viele Fragen zu dem Sinn des Lebens, auf die er wahrscheinlich Antworten gesucht hat, unbeantwortet geblieben. War er wirklich glücklich? Ich glaube nicht. Sein Streben nach immer mehr Perfektion ließ ihn wohl nie zur Ruhe kommen. So geht es vielen Perfektionisten. Sie finden innerlich keine Ruhe, sie finden nicht zu sich selbst, weil sie nie mit sich selbst und mit anderen Menschen zufrieden sind. Darin liegt aus meiner Sicht die Tragik vieler Perfektionisten.
Auf der einen Seite sind solche Perfektionisten Menschen, ohne deren penetrante Zielstrebigkeit viele Entwicklungen und Fortschritte nicht möglich gewesen wären. Wenn wir uns jedoch berühmte Perfektionisten ansehen, fällt mir niemand ein, der von sich sagen kann bzw. konnte, dass er ein erfülltes Leben gehabt hätte und glücklich gewesen wäre. Ist das aber nicht das, was wir am Ende unseres Lebens von uns sagen sollten? Und sagen möchten? Diese Frage muss letztendlich jeder für sich selbst beantworten. Am Ende musst du für dich entscheiden, ob dir dein Perfektionismus so viel wert ist, dass du bereit bist, dafür auf ein Stück gelebtes Leben zu verzichten. Ich befürchte: Alles Geld, aller Ruhm, aller Einfluss, über das oder den Steve Jobs verfügen konnte, haben ihm letztendlich nicht zu einem erfüllten Leben verhelfen können.
»Dieser Typ ist einfach eine Maschine«
Auch der Fußballer Cristiano Ronaldo darf als Perfektionist bezeichnet werden. Auf der Fußballseite www.goal.com (Goal) verrät der ehemalige Fußballer Patrice Evra, wie es ihm erging, als er von Cristiano Ronaldo während der gemeinsamen Zeit bei Manchester United nach einem anstrengenden Training zum Essen eingeladen wurde. Er war wirklich erschöpft, aber auf dem Tisch standen nur Salat und Hähnchenbrustfilet. Zu trinken gab es nur Wasser, keinen Saft. Innerlich hatte sich Evra schon auf ein saftiges Stück Fleisch gefreut. Fehlanzeige. Aber wenn es nur das gewesen wäre: Kaum hatte Ronaldo zu Ende gegessen, trieb er Evra wieder zum Training an. Evra scherzte noch: »Kann ich wenigstens zu Ende essen?«, aber der Fußballkollege war wohl vor allem heiß darauf, sich durch eine weitere Trainingseinheit zu verbessern. Wer nun denkt, das war’s, der irrt sich. Natürlich wollte Ronaldo nach dem kleinen Zusatztraining noch zum Schwimmen in den Pool. »Dieser Typ ist einfach eine Maschine und kann nicht damit aufhören, zu trainieren«, so Evra.
Für Ronaldo gab und gibt es keine Pause und keinen Stillstand, er arbeitet wohl jede Minute daran, sich weiter zu perfektionieren. Sein Erfolg resultiert aus extrem harter Arbeit. Um kontinuierlich Höchstleistungen abrufen zu können, sind der unermüdliche Einsatz und das Streben nach Perfektion erforderlich. Die Frage ist, ob wir bereit sind, dafür den entsprechenden Preis zu bezahlen. Cristiano Ronaldo scheint bereit dazu zu sein.
Nimm dir Zeit zum Nachdenken
Für Perfektionisten gibt es nur den Blick auf die Vision, das treibt sie zu Spitzenleistungen an, und nicht selten feiern sie so großartige Erfolge. In der Regel werden sie durch diese Erfolge darin bestätigt, dass sie auf dem richtigen Weg sind, dass sie das Richtige tun. In Bezug auf die eigene Vision mag dies auch zu stimmen. Allerdings bleiben dabei das Zwischenmenschliche und das eigene Glück auf der Strecke. Darunter leiden oft die Gesundheit und die Lebensenergie.
Wenn du zu den Menschen gehörst, die diesen Preis zahlen wollen und denen es rein um die Vision geht, dann ist das deine freie Entscheidung. Du solltest dir darüber nur bewusst sein.
Wie ist deine Einstellung dazu?
Die Fesseln des Perfektionismus
Das übermäßige Streben nach Perfektion macht es uns nicht gerade leicht. Es stellt enorme Ansprüche an uns. Diese führen schnell zu einer chronischen Unzufriedenheit und inneren Unruhe, durch die es uns nicht gelingt, ein Zufriedenheitsgefühl zu erreichen. Wir haben den Eindruck, den absolut perfekten Zustand niemals erreichen zu können. Ganz gleich, wie sehr wir uns anstrengen, es bleibt immer das Gefühl, es noch nicht gut genug gemacht zu haben. Dieser innere Druck und diese innere Unzufriedenheit verhindern, dass wir kreativ und leistungsfähig sein können. Wir fallen in ein schwarzes Loch, im schlimmsten Fall macht uns das depressiv und krank.
Die Nicht-Reise nach Südafrika
Ein guter Freund erzählte mir, dass er gern mal nach Südafrika reisen würde, nach Kapstadt, den Tafelberg besteigen, Wale sehen, eine Straußenfarm besichtigen. Zudem würde er gern in einer Loge mitten in der freien Wildnis übernachten, nachts das Schreien der Tiere hören. Morgens würde er dann auf eine Safari gehen. Beim Sonnenaufgang Löwen, Elefanten, Giraffen und Nashörner beobachten. Große Herden von Gazellen, die an Wasserlöchern stehen und sich gegenseitig bestaunen. Er stellte sich vor, wie er mit dem Jeep in nahezu unberührter Natur an Stämmen von Einheimischen vorbeifahren würde, während sie nahezu unbekleidet und nur mit einem Speer bewaffnet im Steppengras sitzen würden. Wie er von ihnen in ihr Lager eingeladen würde. Alle tanzten in der Dämmerung ihre Folkloretänze und sängen dazu ihre Musik.
Auf meine Frage, warum er sich seinen Traum nicht erfülle, meinte er, dass er dort wahrscheinlich nur einmal in seinem Leben hinkomme, und darum wünsche er sich, dass die Reise perfekt ablaufe. Es müsse ja alles passen. Dies ist jetzt zehn Jahre her. Leute, zehn Jahre. Entschuldigung, er erzählte mir seinen Traum so bildhaft, so klar – und dann passiert zehn Jahre lang nichts. Ich fürchte, er wird auch in den nächsten zehn Jahren nicht nach Südafrika reisen. Denn die perfekte Planung, von der er gesprochen hat – er wird sie nie realisieren können. Die erwünschte Perfektion wird auch in den nächsten zehn Jahren nicht gelingen.
Am Geld, an der Zeit und an den Möglichkeiten, eine größere Reise zu unternehmen, hat es bei jenem Freund nicht gelegen. Geld hat er genug, die Zeit findet man schon, wenn man etwas wirklich will, auf jeden Fall bei einem Zeitfenster von zehn Jahren. Er ist einfach zu sehr damit beschäftigt, darüber nachzudenken, wie er seinen Plan noch perfekter ausgestalten kann. Seine Perfektionsversessenheit hindert ihn daran, diese tolle Zeit einfach zu erleben und zu genießen, seinen Traum umzusetzen und dabei ein Glücksgefühl zu spüren. Ich befürchte, die Reise wird nicht das СКАЧАТЬ