Название: Die Goldminen von Midian
Автор: Richard Francis Burton
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги о Путешествиях
isbn: 9783843806770
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Die Franzosen besetzten »an dem denkwürdigen 1. März 1801« die höchsten Punkte der heutigen Ramleh-Eisenbahnstrecke und begingen den fatalen Fehler, eine beherrschende, durch Geschützbatterien verstärkte Stellung zu räumen, während die Engländer zwischen Casa Grace und der Station auf »Cäsars Zeltlager« ungünstig postiert waren. Die Schlacht wurde auf jenem Streifen lockeren Sandes ausgefochten, der das Meer von dem schönen Seeausläufer Khazrá, einer östlichen Fortsetzung des Máryút-Sees, trennt. Reverend Davis, Kaplan in Alexandria, bestreitet, dass die Engländer hier Meerwasser eingeleitet und das Land ruiniert hätten. Er behauptet, sie hätten lediglich den Süßwasser-Kanal unterbrochen, der die zwei benachbarten Nilarme verbindet; außerdem sei an den tiefsten Stellen des Máryút-Sees, die sich etwa acht Fuß unter dem Niveau des Mittelmeeres befanden, schon immer Sickerwasser eingedrungen. Die militärischen Fehler auf beiden Seiten waren augenscheinlicher als in den meisten Schlachten: Wir hätten starke Verluste vermeiden können, wenn wir am Ausläufer des Sees entlangmarschiert und in die Flanke des Feindes eingeschwenkt wären. Nur wenige wissen, dass Abercrombie zu der kleinen Moschee von Ramleh gebracht wurde, nachdem er seine tödliche Wunde empfangen hatte. Wir können aber kaum erwarten, die bescheidenen Monumente unserer ritterlichen Landsleute dort noch vorzufinden, wo doch selbst das »Soma« Alexanders und das Heiligtum des heiligen Markus vergessen sind: Der Evangelist wurde – wie allgemein bekannt ist – ordentlich in einem Ballen oder einem Fass Schweinefleisch verpackt nach Venedig abtransportiert.
Der Zug, welcher die Schlachthäuser passiert, wo die Paria-Hunde besonders bei Nacht und am frühem Morgen ihres Lebens nicht sicher sind, hält an einem der Paläste, mit denen Unterägypten dieser Tage in sämtlichen Himmelsrichtungen übersäet ist. Der Hof aber besucht ihn niemals, da er Schauplatz schmerzlicher Ereignisse war. Er ging in Flammen auf, und Aufbau und Wiederaufbau sollen eine Million Pfund Sterling verschlungen haben. Noch im Jahr 1853 schlugen Besucher von Ramleh auf dem Sandkamm, der sich am kühlen, sanftblauen Meer erhebt, ihre Zelte auf; bald danach begannen sie, hier und da Bungalows auf den Klippen zu bauen, welchen jetzt die Zerstörung durch die Wellen droht. Das Land gehört niemandem, aber etwa vierzehn Stämme elender Zeltbewohner – ein Viertel Beduinen und drei Viertel Fellachen – wittern Piaster; und wie es die allgemeine Gewohnheit dieses Volkes ist, gelingt es ihnen, sich einen Besitztitel zu verschaffen. Ramleh hat seine eigene kleine aus Holz gebaute Station, offensichtlich in japanischem Stil, sein Geisterhaus, sein »Tollhaus« und sein Hotel, das »Beauséjour«, welches seit dem Tod des armen Bulkeley in voller Blüte steht, und es hält die traditionelle Gastfreundschaft aufrecht, für die Alexandria, anders als Kairo, immer berühmt gewesen ist.
Die Lektion, die wir in Alexandria lernen und bei Kairo wiederholen, besagt, dass seine Interessen umso besser befördert werden, je mehr (ehrliche) Ausländer in Ägypten beschäftigt werden. Im Jahr 1840 gab es 6150; 1871 waren es bereits 79 696 und für 1877 können wir von insgesamt mehr als 80 000 ausgehen. Pfarrer F. Barham Zincke bemerkt in seinem einfühlsamen Band – mit einem allerdings unlauteren Titel – treffend, dass die Nil-Niederung zwischen der Zeit der Pharaonen und der Khediven immer nur dann in Blüte stand, wenn sie selbstständig war; das sei die logische Auswirkung ihrer geographischen Eigenheiten, ihrer Entwicklung und ihrer Bevölkerung. Ich will sogar so weit gehen zu behaupten, dass Syrien an Ägypten wieder angegliedert werden sollte, um es zu vervollständigen. So will ich denn hoffen, dass es bald seine Unabhängigkeit wiedererlangen wird. Ich bin überzeugt, dass sein Fortschritt und seine Entwicklung, welche allein durch die Abhängigkeit von Stambul behindert wird, die Welt in Staunen versetzen wird, sobald es nur seine Freiheit zurückerhalten hat. Es bietet Raum für seine Bevölkerung, und dies nicht nur in den reichen Weideländern am Isthmus und in der oberen Nilregion, sondern auch überall westwärts, in Darfur, Waday und der Somali-Küste über Zaylá und Berbera; und es hält Harar besetzt, welches bald eine wichtige Station auf der Hauptfernverkehrsstraße zwischen dem Roten Meer und den Seegebieten von Zentralafrika werden wird. Ein Land, dessen Winterklima köstlich und dessen Luft der Vorbeugung gegen die Gicht zuträglich ist, sollte dem britischen Herzen stark zusagen.
Die Strecke zwischen Alexandria und Kairo führt durch eine wunderbare Landschaft, die sich mit der südenglischen Surrey-Ebene vergleichen lässt. Sowohl Städte als auch Dörfer zeigen Anzeichen von Prosperität, die ihnen 1820 vom großen Mohammed Ali aufgezwungen wurde, einem Fürsten, dessen Andenken mit jeder Generation strahlender erscheint. In Birket el-Sa’ab, der Station zwischen Tantah-Nord und Benhá-Süd, erkundigte ich mich nach der Kutn el-Bámiyeh, der Hibiskus-Baumwolle, die dort von einem Kopten etwa 1873 entdeckt und 1877 geerntet wurde – und wahrscheinlich schon 1878 den Markt beeinflussen wird. Der arabische Name scheint die Theorie der Araber zu belegen, wonach die Pflanze eine Kreuzung von Baumwollstrauch und Hibiskus sei. Dies ist offensichtlich unmöglich, und doch wird ernsthaft damit experimentiert, beide gemeinsam anzupflanzen. Die »Malven-Baumwolle« präsentiert sich als ein gerader einzelner Stängel von zwölf bis siebzehn Fuß Höhe, der dreißig bis sechzig, ja sogar bis zu neunzig Kapseln trägt. Sie wird im März gepflanzt und im September herausgerissen; pro Feddán2 oder dem kleinen ägyptischen Morgen erbringt sie achtzehn bis achtundzwanzig Kantár (Zentner), statt vier bis fünf der El-Aschmuni’-Sorte, die bisher als die höchste Qualität galt. Das trockene Exemplar, das mir von Herrn Vetter aus Zagázig gezeigt wurde, hat vier Stängel, und in der Blüte und der Kapsel entdeckte ich sofort die gewöhnliche baumartige gossypium religiosum, mit den lockeren schwarzen Samen und der feinen langfaserigen Linterolle (Fussel) der Sorte Unyamwezi. Die Abart hat zweifellos per Zufall ihren Weg von Zentralafrika herauf gefunden, und möglicherweise schon bevor der clevere Kopte auf den Gedanken verfiel, sie zu sammeln. In Triest wurde sie von meinem gelehrten Freund Cav. de Tommasini sorgfältig untersucht, der mit Dr. de Marchesetti in der oben gegebenen Beschreibung übereinstimmt.
Bis jetzt hat sich die Neuentdeckung allerdings als Misserfolg erwiesen. In den Exemplaren, welche mir Herr Clarke geschickt hatte, war die Baumwolle in den Samenkapseln am unteren Stängel gut, wurde aber schlechter und schlechter, je höher die Kapseln am Stängel standen; an der Spitze schließlich, wo sie schnell verdorrte, taugte sie überhaupt nichts mehr. Züchter haben versucht, Fehler in der Pflanzzeit, schlechte Pflege, ungünstiges Wetter und dergleichen mehr ins Feld zu führen, aber die Entschuldigungen sind nicht stichhaltig.
Der große Strauch gedeiht unter den feuchten Himmeln von Unyamwezi; aber im trockenen Ägypten bringt er eine armselige Faser hervor, die sich kaum mit den bunten einheimischen Sorten vergleichen lässt, obwohl das Gegenteil beteuert wurde. Überdies laugt das üppige Wachstum den Boden aus und erfordert mehr Düngung, als der Fellache sich leisten kann, denn er ist gezwungen »Kuhfladen« als Brennstoff zu nutzen. Wenn man das Experiment weiterführen will, muss man diesen Baumwollstrauch frühzeitig auf den nährstoffreichsten Böden anpflanzen, die vom »großen Vater«, dem Nil, fruchtbar gemacht wurden.
Der untere Nil bestätigt bemerkenswerterweise das von – wie ich glaube – den Russen zuerst entdeckte Gesetz der Flüsse. Der Strom wird westwärts durch die Erdrotation abgelenkt, welche sich auf jeden Abschnitt entlang eines Meridians in nordsüdlicher bzw. in südnördlicher Richtung auswirkt. Die von mir auf dem Indus angestellten Beobachtungen fanden durch die Ingenieure der alten französischen Expedition ihre Bestätigung. Sie sagten einen Rückgang der Wassermenge im östlichen Arm des Deltas voraus, und jetzt bemerken wir, dass sich das Wasser allmählich verringert und der Damietta-Zweig bereits zu verschlammen beginnt.
STATISTISCHE NOTIZ
Die alte Vorstellung, wonach Alexandria, die zweite Stadt im Niltal, mit ihrer feuchten Hitze und ihrem Fieber ausbrütenden Nachbarn, dem Máryút-See, ein in hohem Maß unbekömmliches Klima und eine jährliche Sterblichkeitsrate von 40 je 1000 СКАЧАТЬ