Название: Einfach mal die Klappe halten
Автор: Cornelia Topf
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Dein Erfolg
isbn: 9783862009145
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Wir spielen ständig solche Spiele! Rund 90 Prozent der Kommunikation unter Menschen dienen irgendwelchen offenen oder versteckten Spielen. Niemand sagt bloß: »Mach bitte die Tür zu!« Immer schwingt dabei mit »Wie kannst du sie offen stehen lassen?« oder »Ich bin krank, ich vertrage keinen Zug!« oder »Warum muss immer ich die Tür zumachen, wenn du sie offen stehen lässt?« Gehe ich auf diese versteckten Botschaften ein, dann stecke ich schon mitten im Spiel. Was andererseits erklärt, warum uns Schweigen oft so schwerfällt.
Wer sich ködern lässt, kann nicht schweigen
»Du blöde Zicke!« – »Selber blöd!« Das geht so automatisch, dass wir meist gar nicht bemerken, dass wir eben schon wieder auf ein Sprachspiel hereingefallen sind. Wir sind buchstäblich geködert worden. Der Köder ist unser verletztes Selbstwertgefühl. Wir fühlen uns verletzt – und schlagen verbal zurück. Nicht, weil unsere Reflexe schneller waren als unser Großhirn, sondern weil wir den Köder nicht als solchen erkannt und prompt geschluckt haben.
Wenn Sie im richtigen Moment nicht schweigen können, dann fallen Sie auf zu viele Köder herein.
Natürlich benötigt es etwas Übung, solche Köder zu erkennen. Doch die Übung zahlt sich schnell aus, wie mir eine Innendienstleiterin berichtete: »Dem Schmitz stinkt es, dass ich als Frau seine Vorgesetzte bin. Ständig wirft er mir durch die Blume Inkompetenz vor. Früher habe ich mich verteidigt. Wir stritten oft. Dabei kam natürlich nie etwas heraus, außer Frust und Zeitverlust. Heute erkenne ich den Köder. Der macht das nur, um mich auf die Palme zu bringen. Den Gefallen tu ich ihm nicht mehr. Ich überhöre ihn einfach. Manchmal macht ihn das noch wütender – was mir recht ist. Aber genauso oft gibt er es auf, weil er merkt, dass ich mich nicht mehr provozieren lasse.« Schweigen verhindert dumme Büro- und Familienspiele, bei denen alle nur verlieren können, selbst der Aggressor.
Der Aktivierungs-Effekt
Schweigen regt zum Denken an – Sie und Ihren Partner
Neulich schaute ich einem Vater zu, der seinem Sohn Fußballunterricht gab. Der Kleine traf selbst aus fünf Metern Entfernung kein Scheunentor. Der Papa, wohl selbst begnadeter Fußballer, war schon außer Atem vor lauter Ratschlägen: »Oberkörper nach vorne, Standbein ausstellen, mit den Armen balancieren, mehr Vollspann, nicht so schwach …!« Es war hoffnungslos. Der Kleine drosch die Bälle einen nach dem anderen in die Pampa. Mir tat der Papa aber mehr leid. Mit hochrotem Kopf war er dem Infarkt nahe. Nicht sein Intellekt, sondern die blanke körperliche Ermüdung rettete ihn. Er sagte frustriert immer weniger, schwieg immer öfter – und der Sprössling machte es immer besser. Irgendwann fragte er sogar: »Wie kriege ich den Ball jetzt halbhoch?« Der Papa, früher wohl Libero, war clever genug, aus seinem Fehler zu lernen, und fragte zurück: »Wie würdest du es denn versuchen?« Der Junge meinte, er wolle den Oberkörper beim Schuss zurücklehnen. Der Papa sagte gar nichts mehr. Er schwieg und hob beide Daumen. Er hatte an diesem Mittag etwas gelernt, was jeder Libero, Vater, Mann und auch jede Frau lernen sollte:
Wer den anderen zutextet, schaltet dessen Hirn aus! Wer schweigt, aktiviert.
Und zwar sowohl Intellekt als auch Verantwortungsgefühl, Verständnis, Interesse und das Engagement des Gesprächspartners. Natürlich schaltet sich nicht bei jedem, den Sie anschweigen, der Verstand wieder ein. Manche haben schlicht keinen, der sich einschalten ließe. Aber dann aktivieren auch keine feurigen Worte, was ohnehin nicht vorhanden ist. Leider kapiert das kaum jemand. Wenn wir Menschen motivieren wollen, dann reden wir intensiv auf sie ein – und werden letztendlich enttäuscht. Denn alles gute Zureden hilft nicht wirklich und nicht langfristig. Motivation von außen versagt irgendwann immer. Meist recht schnell. Die intrinsische Motivation, die Motivation von innen heraus, wirkt viel stärker und länger. Man kann diese mit Worten zu wecken versuchen. Doch ebenso wichtig ist das Schweigen genau an dem Punkt, an dem der Worte genug gewechselt sind und der Angesprochene seine Eigenmotivation aktivieren sollte. Und diese Eigenmotivation fördern Sie nicht, indem Sie ihn in Grund und Boden reden.
Das Coaching-Prinzip
Schweigen ist Empowerment
Schweigen aktiviert Menschen so gut, dass es – was kaum einer weiß – ein zentrales Wirkprinzip des Coachings ist, eine der wirksamsten und schnellsten Veränderungsmethoden. Ein klassisches Beispiel dafür ist, wenn Vorgesetzte bei Gardinenpredigten den Spieß umdrehen. Ein Abteilungsleiter berichtet: »Ich habe das mal in einem amerikanischen Buch gelesen und mache es seither so: Wenn ein Mitarbeiter Mist gebaut hat, dann habe ich früher wirklich eine halbe Stunde auf ihn einreden müssen, bevor er endlich seine dummen Ausreden aufgab, den Fehler eingestand und Besserung gelobte. Weil ich den Hickhack leid war, habe ich den Spieß einfach umgedreht: Ich lasse den Mitarbeiter in mein Büro kommen, biete ihm meinen Chefsessel an, setze mich ihm gegenüber auf die Besucherseite und sage ihm, dass wir jetzt die Rollen tauschen und er mir mitteilen müsse, was er mir als Vorgesetzter sagen würde, wenn ich den Fehler gemacht hätte, den er begangen hat.« Revolutionär: Der Chef hält keine Gardinenpredigt! Er schweigt – und lässt sich sogar selbst eine halten!
Das Resultat: Die Mitarbeiter gehen regelmäßig viel härter mit sich ins Gericht, als das der Abteilungsleiter vorgehabt hatte. Und sie bringen gleich von sich aus Vorschläge, wie der Fehler künftig vermieden werden kann: Schweigen aktiviert! Aus diesem Grund gibt es auch den wesentlichen Unterschied zwischen Beratung und Coaching:
Der Berater gibt Ratschläge, die kaum einer befolgt, weil sie nicht »passen«. Der Coach regt den Coachee fragend und schweigend an, selbst Lösungen zu entwickeln, die er danach auch umsetzt, weil es seine eigenen sind.
Eltern, die den Mut haben, dieses Coaching-Prinzip bei der Erziehung anzuwenden, erzielen damit beeindruckende Erfolge. Neulich hat ein Bekannter seinen Sprössling sogar dazu gebracht, seine Schuhe in den Schuhschrank zu stellen, wenn er ins Haus kommt. Das hat er drei Jahre lang kein einziges Mal gemacht und sich in dieser Zeit sicher fünfhundert Ermahnungen anhören müssen. Diese hat der Papa sich irgendwann verkniffen und den Filius einfach nur gefragt, wie er es denn schaffen könne, künftig die Schuhe aufzuräumen. Dann schwieg er. Der Knirps meinte, er wisse es nicht. Der Papa schwieg weiter. Das fesselte den Verstand des Kleinen stärker als die ständigen Ermahnungen, bei denen er seit drei Jahren auf Durchzug stellte. Also dachte er sich etwas aus. Seither räumt er zumindest jedes fünfte Mal seine Schuhe auf. Ein großer Erfolg ohne große Worte.
Coaching wäre ohne Schweigen nicht halb so erfolgreich
Berater versuchen manchmal, Ratsuchende mit gut gemeinten Ratschlägen zuzudecken. Dabei sagt schon das Sprichwort: »Der schlimmste Feind von gut ist gut gemeint.« Coaches wissen das. Also stellen sie wenige Fragen, schweigen viel und lassen den Coachee ganz viel nachdenken. Wer schweigen kann, kann aktivieren.
Das Vorsichts-Prinzip
Der kluge Verhandler schweigt
Wenn ich Verhandlungen führe oder ihnen beiwohne, dann beeindrucken mich immer die abgeklärten, souveränen und überlegenen Verhandlungspartner. Früher habe ich mich oft gefragt, was diese besser machen als die Greenhorns, die sich einen Misserfolg СКАЧАТЬ