Название: Einfach mal die Klappe halten
Автор: Cornelia Topf
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Dein Erfolg
isbn: 9783862009145
isbn:
Schweigen wirkt. Die Mutter schweigt, anstatt zu predigen, und hat Erfolg damit. Wie sieht die Situation aus Sicht der Tochter aus? Die Tochter schweigt auch. Was tut sie sonst noch? Sie kocht innerlich. Sie hat sich vor dem Fernseher so schön gemütlich eingerichtet und dann kommt die Mutter hereinspaziert, dieses ewig meckernde, personifizierte schlechte Gewissen, und verdirbt dem Mädel den gemütlichen Nachmittag. Niemand (außer der Mutter) würde es der Tochter übel nehmen, wenn sie maulte: »Immer nur Hausaufgaben! Kann man in diesem Haus nicht mal für eine halbe Stunde vor dem Fernseher entspannen?« Etwas Dampf ablassen hilft immer.
Die Botschaft dieses Buches lautet: Öfter mal die Klappe halten! Wer jedoch resignativ schweigt, eine Beleidigung herunterschluckt, innerlich kochend vor Wut oder Frustration oder verletztem Ehrgefühl, der schweigt zu viel.
Die richtige Balance: wenig reden, viel schweigen
Wie für alles auf der Welt gilt auch für das Schweigen: Es gibt beide Extreme; ein Zuviel und ein Zuwenig. Wir leben zwar in einer plapperhaften Zeit. Doch etliche Menschen schweigen zu oft und zu lange. Die Quartalscholeriker zum Beispiel. Viele Menschen ebenfalls, die in Beziehungen und in der Familie viel zu lange einstecken, bevor sie den Mund aufmachen und sich wehren. Die Balance ist verloren gegangen und sollte wiederhergestellt werden. Unsere ganze Gesellschaft ist etwas aus dem Gleichgewicht geraten: Auf der einen Seite steht das Heer jener, die ewig herunterschlucken und dann krank werden oder irgendwann explodieren (oder beides). Auf der anderen Seite gibt es jene, die selbst auf den kleinsten Übergriff mit stundenlangen Vorwürfen, Anklagen und Tiraden reagieren. Bei beiden stimmt die Balance nicht. Umso wohltuender empfinde ich Menschen, die noch wissen, wie viel man reden und wie viel man schweigen sollte.
In der Fußgängerzone einer deutschen Großstadt sah ich zum Beispiel zwei Handwerkern zu, wie sie ein Gerüst aufstellten. Dem Jüngeren von beiden fiel ein Gerüstteil um und schlug knapp neben einem Passanten auf, der einen gehörigen Schreck bekam. Ungefähr ein Dutzend Fußgänger blieb stehen und erwartete freudig erregt die Abreibung, die ganz sicher nun den Lehrling treffen würde. Doch der Meister entschuldigte sich lediglich höflich bei dem erschreckten Passanten und sagte dann zu seinem Lehrling: »Jürgen, die Teile sind schwerer, als sie aussehen. Also immer beide Hände zum Abstützen nehmen.« Und: »So etwas wird dir nie wieder passieren.« Dann ging er wieder schweigend seiner Arbeit nach. Ich bin davon überzeugt: Hätte er den Azubi fünf Minuten nach allen Regeln der Kunst zusammengefaltet, hätte sich dieser vor lauter Scham und verletztem Ehrgefühl nicht die Bohne gemerkt und beim nächsten Mal denselben Fehler wieder gemacht. Sein Meister aber wusste, wie viel man reden (wenig) und wie viel man schweigen sollte (viel). Wie steht es mit Ihnen?
ÜBUNG
Überlegen Sie einmal, wann und wo und mit wem Sie nachher ein wenig schweigen könnten. Bei welchen Gelegenheiten? Am Anfang wird Ihnen vielleicht keine einfallen. Das macht nichts. Das kommt mit der Zeit. Denn Sie werden oft genug reden. Und beim Reden denken Sie von nun an automatisch ans Schweigen. Doch Vorsicht: Schweigen im Gespräch bedeutet nicht Schweigen statt Reden. Es bedeutet vielmehr: Verkneifen Sie sich zwei-, dreimal während eines Gesprächs den Redefluss, lassen Sie eine (übereilte) Antwort aus, probieren Sie es ab und an ohne Worte und beobachten Sie die Wirkung auf sich und den Gesprächspartner.
Reden und Schweigen sind Schwestern, komplementäre Stilmittel. Beide zusammen wirken sehr viel besser als jedes für sich allein.
Warum nur wenige diese wunderbare Welt kennen
Vielleicht ahnen Sie es: Sie sind nicht allein. Ich habe dieses Buch auch deshalb geschrieben, weil ich in Coaching, Training, Beratung, aber auch im Privaten mehr und mehr Menschen treffe, denen immer stärker bewusst wird, dass zu viel geredet wird.
Auch für Worte gilt: Was zu viel ist, ist zu viel
Was Susi erzählt, kennt sicher jede(r): »Wenn ich mich mit meinem Partner streite, könnte ich mir hinterher auf die Zunge beißen. Ich sage jedes Mal Dinge, die ich hinterher bitter bereue. Und ihm geht es sicher nicht anders.« Verkäufer sagen mir: »Ich kann bei Preisverhandlungen einfach nicht den Mund halten! Ich fange viel zu schnell an, über Rabatte zu reden! Meine Rabattquote liegt weit über dem Durchschnitt! Mein Chef lässt das sicher nicht mehr lange durchgehen. Aber ich kann einfach nicht die Klappe halten, wenn der Kunde zu jammern anfängt.«
ÜBUNG
In welchen Situationen und mit welchen Gesprächspartnern reden Sie zu viel? Was ist dabei zu viel? Wo würden Sie lieber einen Punkt setzen?
Das war eine kleine, leichte Übung. Doch wenn Sie sie (auch nur gedanklich) mitgemacht haben, sind Sie einen großen Schritt weiter. Und haben vielen Zeitgenossen einiges voraus:
Die meisten Menschen merken nicht, dass sie bei bestimmten Gelegenheiten zu viel reden.
Sie registrieren es noch nicht einmal, wenn der Ehepartner, Kinder oder Kollegen sie darauf aufmerksam machen. Denn sie können es nicht fassen: »Aber was gesagt werden muss, muss doch gesagt werden!« Das heißt, sie erliegen dem Irrtum, dass nur etwas, was da ist, auch wirken kann. Sie können es sich buchstäblich nicht vorstellen, dass manchmal das Ungesagte mehr sagt als das Gesagte. Das übersteigt ihre Abstraktionsfähigkeit. Das ist schade, denn nur wer erkennt, dass er manchmal zu viel redet, kann schweigen. Und nur wer schweigt, betritt die wundersame Welt der Stille.
Erstaunliche Wirkung
Wenn Menschen ganz bewusst zu schweigen beginnen, wo sie früher unüberlegt geredet haben, dann entwickelt das eine beeindruckende Wirkung. Entweder auf ihren Gesprächspartner oder auf sie selbst. Meist auf beide.
Eine Büroangestellte erzählte mir: »In unserer Kaffeepause lästern meine Kollegin und ich meist über Vorgesetzte, Kollegen und Kunden. Gestern habe ich nicht so stark wie sonst mitgelästert, sondern öfter mal geschwiegen, ihr ganz bewusst zugehört, genickt, zustimmende Geräusche gemacht. Irgendwann kam sie vom Lästern zum Erzählen. Von ihrer Scheidung, den beiden Kindern, dem Hausverkauf. Ich wusste gar nicht, dass sie ihr Haus verkaufen muss. Deshalb war sie wohl in letzter Zeit öfters etwas zickig.«
Wer redet, kann nicht hören
Das muss man sich vorstellen! Da lebt und arbeitet man jahrelang mit einem Menschen zusammen, auf engstem Raum, und bekommt noch nicht einmal mit, dass er sein geliebtes Häuschen verkaufen muss! Weil wir zu viel quasseln und zu wenig zuhören. Wer schweigt, bekommt mehr mit von der Welt und ihren Menschen. Und wird ganz anders respektiert. Wir können uns vorstellen, dass die Kollegin, die ihr Herz über den drohenden Hausverkauf ausschüttete, sehr dankbar war, dass sich endlich jemand auch ihre Sorgen anhörte. Meist passiert das nicht einmal mehr in der eigenen Familie.
Ein Sachbearbeiter erzählte mir im Coaching, dass er sich wohl eine neue Arbeit suchen müsse. Ihm war nicht wohl dabei: »In diesen Zeiten? In unserer Branche wird gerade überall entlassen. Ich muss froh sein, dass ich noch Arbeit СКАЧАТЬ