Название: Lebendig!
Автор: Michael Herbst
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9783775158800
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Deshalb brauchen wir den Geist, damit uns das, was Jesus rät, nicht entfällt, sondern einfällt (vgl. zum Folgenden Matthäus 6,19-34): Lasst es euch genug sein, wenn ihr Kleidung und Essen habt. Macht euch nicht selbst zu Sklaven des Geldes. Geben ist seliger als Nehmen, es ist nicht edler, nicht frömmer als Nehmen, aber fröhlicher könnt ihr nicht werden, als wenn ihr gern gebt und teilt. Lasst euch nicht täuschen: Geld ist keine gute Lebensversicherung, denkt nur an den reichen Kornbauern. Guckt euch an, wie ihr in die Welt gekommen seid, denn genau so werdet ihr sie auch verlassen. Ihr könnt ja keinen Cent mitnehmen.
Es ist nicht das Wissen, das uns fehlt, es ist die Erinnerung im Ernstfall, die wir brauchen. Jesus weiß, dass wir es immer wieder vergessen oder es wissen, aber andere Gedanken in unseren Herzen stärker und mächtiger werden. Der Geist muss seine Worte neu in uns zur Wirkung bringen. Das ist dann ein kleines Pfingsten.
Mit der Sorge ist es ähnlich. Wer Kinder möchte, beschließt, bis ans Ende seiner Tage Sorgen haben zu wollen. Von anderen Sorgen ganz zu schweigen: Wie geht es mit der Gesundheit weiter? Ist mein Job sicher? Geht Europa den Bach runter und kehrt die Armut zurück? Bleibt uns der Frieden erhalten? Wird unsere Ehe halten? Bin ich dieser neuen Aufgabe gewachsen? Kaum wälzen wir des Nachts Gedanken, kriecht die Sorge in unser Herz. Die Sorge findet, dass unser Herz eine erstklassige Wohnlage darstellt. Natürlich haben wir gehört: »Macht euch keine Sorgen!« (Philipper 4,6). Wir wissen, dass wir unsere Sorge auf Gott werfen sollen, weil er für uns sorgt. Wir haben es tausendmal gehört, dass alle Sorge um den nächsten Tag sinnlos ist, aber es hat uns tausendmal nicht berührt. Jesus könnte sich jetzt die Haare raufen (ich weiß aber nicht, ob man im Himmel Haare hat) oder sich etwas einfallen lassen. Er sagt: »Okay, dann muss ich mal durch die Wohnung gehen und der Geist von Pfingsten muss den ollen Sorgen-Lümmel vor die Tür setzen.« Und plötzlich wird eine Stimme in uns stärker: »Verlass dich auf mich. Ich sorge für dich. Ich bringe dich da durch. Hör auf, diese Gedanken hin und her zu wälzen. Wälze lieber meine Worte hin und her, protestiere gegen die Sorge, argumentiere mit meinen Worten, häng sie auf wie Plakate an die Wand.« Der Geist erinnert unser vergessliches Herz.
Das ist Gottes Pfingstversprechen: »Du bekommst Erinnerung. Ich mache das, was Jesus sagt, stark in deinem Kopf, deinem Herzen, deinen Entscheidungen, deinen Prioritäten, deinem Willen. Setz dich nur immer wieder meinem Wort aus. Dann wirst du es erleben, wenn es nötig ist.«
Der Geist Gottes wohnt in jedem, der Jesus lieb hat. Der Geist ist kein Magier, aber ein Tröster. Er geht auch in die Räume unseres Lebens, in denen es weint. Und der Geist ist zugleich ein Lehrer: Er erinnert uns vergessliche Menschen an das, was Jesus gesagt hat.
2. Vom Geist getrieben – Die Kraft zur Veränderung
Einer meiner ältesten Freunde begleitet mich schon fast mein ganzes Leben lang. Seine Geschichte ist schnell erzählt. Als ich vier oder fünf Jahre alt war, lebten wir in Bielefeld. Da meine Eltern einen größeren Betrieb führten, hatten wir eine Haushaltshilfe. Frau Staratzke nahm mich immer mit zum Einkaufen. Das führte uns in lauter kleine Läden, zum Bäcker, zum Fleischer, ins Milchgeschäft und in den Obstladen. Dazu mussten wir die große Ringstraße überqueren, vierspurig, in der Mitte Straßenbahnschienen. Das war immer ein Abenteuer! Eines Tages, als wir gerade die Schienen überquerten, entdeckte ich einen Teddy. Er lag genau in der Rille der Schienen, in der die Räder der Straßenbahn fuhren, und war nur knapp zehn Zentimeter groß. Die nächste Bahn hätte ihn wohl zermalmt. Ich hob ihn auf und nahm ihn mit. Ich wurde größer und älter und hörte irgendwann auf, mit Teddys zu spielen. Aber ich habe es nie übers Herz gebracht, diesen kleinen Kerl wegzugeben oder gar wegzuwerfen. Er musste bei jedem Umzug mit, und seit Langem hat er seinen festen Platz in meinem Bücherregal, Abteilung Seelsorge.
Im Grunde ist es mit uns genauso: Irgendwann hat uns Gott aufgelesen, oft aus prekärer Lage, in großer Not, kleine Wesen, unscheinbar und vergänglich, und er hat uns zu sich genommen und dann gesagt: »Ich lasse dich nie wieder allein. Du gehörst jetzt zu mir. Für immer und für ewig, was auch geschieht. Nichts könnte mich dazu bringen, mich von dir zu trennen. Du bist mein und ich bin dein.« Jetzt haben wir unseren festen Platz bei Gott.
Für meinen Teddy war’s das, für uns nicht. Paulus hat einmal beschrieben, wie es weitergeht: Gott »hat sie schon im Vorhinein ausgewählt. Schon im Voraus hat er sie dazu bestimmt, neu gestaltet zu werden – und zwar so, dass sie dem Bild seines Sohnes gleichen« (Römer 8,29).
»Dem Bild seines Sohnes gleichen!« Gott hat eine Wahl getroffen, wir sind sein Eigentum. Wir lassen uns das als Christen gern gefallen und singen: »Jesus, zu dir kann ich so kommen, wie ich bin. Du hast gesagt, dass jeder kommen darf. Ich muss dir nicht erst beweisen, dass ich besser werden kann. Was mich besser macht vor dir, das hast du längst am Kreuz getan.«23 Das ist Gnade Nr. 1. Wir tun nichts dazu, wir sind wie aufgelesene Teddybären, wir dürfen kommen, wie wir sind. Und nun? War es das?
Nein, sagt Gott, so gewiss du nun für immer und ewig deinen Platz bei mir hast, so gewiss bin ich mit dir noch nicht fertig. Jetzt beginnt nämlich ein Abenteuer, das Abenteuer der Veränderung. Wir könnten auch sagen: das Abenteuer der Heilung, der Wiederherstellung, der Erneuerung, der Verwandlung. Das Abenteuer, ein lebendiges und mündiges Christenleben zu beginnen. Das ist auch Gnade, Gnade Nr. 2. Paulus schreibt: Gott hat uns eine Bestimmung mitgegeben: Wir sollen dem Bild seines Sohnes, dem Bild von Jesus, gleichen. Etwas anders gesagt: Es geht darum, dass wir verändert werden. Es wird etwas anders in unserem Leben. Das ist unsere Bestimmung.
Darum singen wir auch die andere Strophe: »Jesus, bei dir muss ich nicht bleiben, wie ich bin. Nimm fort, was mich und andere zerstört. Einen Menschen willst du aus mir machen, wie er dir gefällt, der ein Brief von deiner Hand ist, voller Liebe für die Welt.«
Wie ist das mit dieser zweiten Gnade? Wie genau müssen wir uns das vorstellen?
Veränderung ist wohltuend – und möglich
Es ist gut zu wissen, dass wir uns ändern können. Es muss nicht alles so bleiben, wie es ist. Ich muss nicht so bleiben, wie ich bin. Ich sehe immer einige Baustellen, an denen ich hoffe, dass die Dinge anders werden können. In mir. In meiner Lebenswelt, sofern ich für sie verantwortlich bin. Ich bin nicht mit allem zufrieden und ich bin nicht bereit, zu resignieren, weil der Charakter sich so schwer ändert. Ich möchte mich verändern. Gut, wird meine Frau jetzt denken, ich hätte gleich ein paar Vorschläge, wie das aussehen könnte.
Wer lebendig ist und ein bisschen auf sich achtet, möchte sich verändern. Warum sonst gehen Menschen in Selbsthilfegruppen, ins Fitnessstudio, zum Therapeuten oder kaufen sich Ratgeberbücher? Wir wollen uns verändern. Auch wenn das in vielerlei Hinsicht Arbeit ist. Auch wenn es Mühe kostet, alte Gewohnheiten abzulegen und neue einzuüben. Woody Allen meinte, es sei ganz leicht, mit dem Rauchen aufzuhören, er habe es schon 23-mal geschafft. Es ist Arbeit und es gibt Rückschläge, aber Veränderung ist möglich. Jedenfalls, wenn es um Dinge geht, die in unserer Reichweite sind. Und das sind einige: ob wir uns genug bewegen, ob wir gesund und maßvoll essen, ob wir uns Hilfe holen, wenn wir Probleme haben, unseren Alltag zu bewältigen, und ob wir auch auf andere zugehen und nicht nur erwarten, dass andere sich um uns bemühen. Man kann – eine nach der anderen – neue Gewohnheiten aufbauen. Unser Leben ist nicht so sehr vom Schicksal bestimmt, dass das nicht möglich wäre.