Название: Sophienlust Bestseller Box 2 – Familienroman
Автор: Marisa Frank
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Sophienlust Bestseller
isbn: 9783740977825
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An einem trüben Septembertag durfte Klaus Meinradt das Krankenhaus verlassen. Fast drei Monate hatte er dort verbracht.
Schon seit Tagen plagte ihn die Vorstellung, daß er allein in sein schönes Haus zurückkehren mußte, in dem er mit seiner Frau so viele Jahre glücklich gewesen war. Er wußte noch nicht, ob er es würde ertragen können.
Zuerst hatte er Ulli von Sophienlust abholen wollen, es sich dann aber doch wieder anders überlegt. Er war noch immer ein kranker Mann, der sich schonen mußte und keine unbedachte Bewegung machen durfte. Wie sollte er da für ein kleines Kind sorgen, das viel Bewegung und Aufsicht brauchte?
Nein, Klaus mußte sich eingestehen, daß Ulli vorläufig in Sophienlust besser aufgehoben war als bei ihm zu Hause.
Freundlich und dankbar verabschiedete er sich an diesem Morgen von Dr. Schmoll, dem Stationsarzt, und von den Schwestern, die ihn so gut versorgt hatten.
Am schwersten fiel ihm der Abschied von Schwester Mandy, denn er mußte ja annehmen, daß er auch sie nicht wiedersah, wenn sie nicht der Zufall wieder einmal zusammenführte. Und dafür standen die Chancen nicht gerade gut.
»Ich wünsche Ihnen alles Gute, Herr Meinradt«, sagte Schwester Mandy und setzte ihr strahlendstes Lächeln auf, obwohl ihr eher zum Weinen zumute war. Das aber konnte und wollte sie niemandem zeigen.
»Ich danke Ihnen vielmals, Mandy. Sie haben so aufopfernd für mich gesorgt, und Sie haben mir meinen Sohn zurückgebracht. Das werde ich Ihnen niemals vergessen.« Er hielt ihre Hand einen Augenblick länger als nötig, denn das Gefühl in seinem Herzen bestimmte es so.
Nie würde er Iris vergessen, mit der er eine unsagbar glückliche Ehe geführt hatte. Aber die Einsamkeit, die nun auf ihn wartete, schnürte ihm den Hals zu, daß er fast keine Luft mehr bekam.
»Vielleicht… vielleicht besuchen Sie mich ja einmal, wenn es Ihre Zeit erlaubt, und… bringen dann auch meinen Sohn mit«, murmelte er hastig, daß ihn Mandy kaum verstehen konnte.
Seine Worte erfüllten sie mit unbändiger Freude, und sie nahm sich vor, seinem Wunsch bald nachzukommen. »Das werde ich tun, Herr Meinradt«, antwortete sie ebenso leise und nickte ihm aufmunternd zu.
Wehmütig blickte sie ihm nach, als er, gestützt auf zwei Krücken, langsam den Gang entlanghumpelte. Er drehte sich nicht mehr um.
»Da geht er hin und kommt nicht mehr«, sagte plötzlich eine spöttische Stimme hinter ihr.
Mandy zuckte zusammen. Diese Stimme hätte sie unter tausenden erkannt, denn sie gehörte Gerd Schönau. Noch ehe sie sich richtig besinnen konnte, fühlte sie schon seine fordernden Hände.
»Jetzt bist du ja wieder frei, frei für mich.« Er lachte ironisch auf. »Mein Widersacher hat das Feld geräumt.«
»Sie irren sich, Herr Schönau. Und jetzt lassen Sie mich sofort los, sonst schreie ich die ganze Klinik zusammen.« Ihre Augen funkelten vor Zorn, aber das spornte den jungen Assistenzarzt nur noch mehr an. Er mochte Frauen, die nicht gleich dahinschmolzen, wenn er sie nur ansah.
»Du machst mich verrückt, Mandy. Und darauf kannst du dir wahrlich etwas einbilden. Das hat noch keine vor dir geschafft.«
»Lassen Sie mich los, Herr Schönau. Ich lege keinen Wert darauf, Sie verrückt zu machen.« Gewaltsam riß sie sich los.
»Das wird dir noch leid tun«, zischte Gerd Schönau böse. »Vergiß nicht, ich bin Arzt und du nur Krankenschwester. Ich kann dir allerhand Steine in den Weg legen. Und daß ich das auch tun werde, dessen kannst du sicher sein.« Hastig drehte er sich um und ging mit raschen Schritten davon.
Wie betäubt blieb Amanda Veil stehen. Sie mußte sich an die Wand lehnen, weil ihre Knie weich wurden. Sie hatte schon seit einer ganzen Weile das Gefühl, daß Gerd Schönau ihre Kolleginnen gegen sie aufhetzte, denn oft verstummten Gespräche, wenn sie einen Raum betrat.
Meist wurde sie dann neugierig beobachtet, und manchmal wurden sogar bedeutungsvolle Blicke gewechselt oder leise getuschelt. Ja, jetzt fiel Mandy so manches auf, was sie früher nur so am Rande registriert hatte.
Aber wie sollte sie sich dagegen wehren? Ihre Gedanken wanderten zurück zu Klaus Meinradt, der jetzt schon auf dem Heimweg war. Würde er die leere Wohnung ertragen können? Mandy wußte, wie deprimierend es war, wenn man nach Hause kam und einen niemand erwartete. Sie hatte die Erfahrung nach dem Tod der Mutter selbst gemacht.
Als sich die junge Frau wieder einigermaßen beruhigt hatte, ging sie schweren Herzens an ihre Arbeit zurück. Aber irgend etwas fehlte, und das fiel auch ihren Patienten auf, die sie versorgen mußte.
Mandy lachte nur noch selten und ihre Liebe zu ihrem Beruf ließ auch nach. Täglich traf sie zwangsläufig mit Gerd Schönau zusammen, dessen Gemeinheiten sie hilflos ausgesetzt war. Sie vermochte sich nicht dagegen zu wehren.
»Da sind Sie ja, Schwester Mandy.« Mit wehendem Kittel kam Dr. Schmoll auf sie zu. »Was haben Sie denn? Sie sind ja weiß wie die Wand.«
»Es ist nichts, Herr Doktor«, wehrte die junge Frau verlegen ab. »Mir ist heute nur nicht ganz gut.«
Wohlwollend betrachtete der weißhaarige Arzt die Krankenschwester. Zwar hatte er sich nie an dem allgemeinen Tratsch beteiligt, der in fast jedem Krankenhaus blühte, aber trotzdem war ihm so manches zu Ohren gekommen. Außerdem kannte er Mandy schon seit vielen Jahren und hatte sie auch als vorbildliche Krankenschwester schätzengelernt.
Er ahnte, daß ihr Unwohlsein mit ihrer Entlobung zusammenhing und vielleicht auch mit Klaus Meinradts Entlassung aus dem Krankenhaus. Aber wie er ihr helfen konnte, das wußte der ältere, erfahrene Mann auch nicht.
»Kommen Sie, Mandy, ich habe eine dringende Aufgabe, die Sie…«
Mandy nickte, aber ihre Gedanken gingen eigene Wege.
*
Energisch zog der Taxifahrer die Handbremse an, ehe er ausstieg. »So, wir sind da. In welchem Haus wohnen Sie?«
Klaus Meinradt deutete auf ein weiß gestrichenes Einfamilienhaus, das mitten in einem weitläufigen Garten stand.
Das Gras war schon seit einigen Monaten nicht mehr gemäht worden, und das Unkraut wucherte in voller Blüte. Überhaupt machte sein Heim einen ziemlich verwahrlosten Eindruck. Keiner der Nachbarn hatte sich darum gekümmert.
Verbittert preßte der Mann die Lippen zusammen. Eigentlich brauchte er sich nicht zu wundern. Früher, zu Iris’ Lebzeiten, hatten sie jeden Kontakt zu der Nachbarschaft vermieden, weil sie sich selbst genügt hatten.
Und jetzt, jetzt würde er eben diesen Kontakt wahrscheinlich schmerzlich vermissen.
Vorsichtig stellte Klaus seine Beine auf den asphaltierten Gehsteig. Dann schob er sich mit den Armen aus dem Auto. Ein heftiger Schmerz fuhr durch seinen Rücken, so daß er eine Sekunde matt die Augen schließen mußte.
»Kommen Sie, ich helfe Ihnen«, hörte er da wie durch eine Nebelwand die Stimme des freundlichen СКАЧАТЬ