Название: Die Abenteuer des Sherlock Holmes
Автор: Sir Arthur Conan Doyle
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788726755084
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„Vermutlich zeigte sich Herr Windibank bei seiner Rückkehr aus Frankreich sehr ungehalten?“
„Durchaus nicht, er war gar nicht böse. Er lachte, zuckte die Achseln und meinte, es sei ganz unnütz, Frauen etwas abzuschlagen, denn — sie thäten doch, was sie wollten.“
„So, so. Sie trafen also auf dem Ball der Gastechniker einen Herrn, Namens Hosmer Angel, wenn ich recht verstehe.“
„So ist’s. Ich lernte ihn an jenem Abend kennen, und er besuchte uns am folgenden Tag, um sich nach unserm Befinden zu erkundigen, und hernach trafen wir ihn — heisst das, Herr Holmes, ich traf ihn zweimal — um mit ihm spazieren zu gehen; dann aber kam der Vater zurück, und Herr Angel konnte nicht mehr zu uns ins Haus kommen.“
„Nicht?“
„Ja, wissen Sie, Vater liebt dergleichen nicht. Ginge es nach ihm, so würde er nie Gäste empfangen; er behauptet, eine Frau müsse mit ihrer engsten Familie zufrieden sein. Auch ich gebe das zu und sagte schon oft meiner Mutter, dass mir eben diese engste Familie noch fehle.“
„Was wurde nun mit Herrn Hosmer Angel? Versuchte er es nicht, Sie wiederzusehen?“
„Der Vater sollte acht Tage später abermals nach Frankreich reisen, und so schrieb Hosmer, es sei wohl am besten, wenn wir bis dahin einander fern blieben. Das Schreiben stand uns ja inzwischen frei, und er schrieb täglich. Ich nahm die Briefe am Morgen in Empfang, so dass der Vater nichts davon erfuhr.“
„Waren Sie zu der Zeit mit dem Herrn verlobt?“
„Jawohl, Herr Holmes, wir verlobten uns auf unserm ersten Spaziergang. Hosmer — Herr Angel war Kassier eines Geschäftes in Leadenhallstreet — und ...“
„In welchem Geschäft?“
„Leider weiss ich das nicht.“
„Wo wohnte er denn?“
„Er schlief im Geschäftshaus.“
„Und Sie haben seine Adresse nicht?“
„Nein — ich weiss nur, dass er in Leadenhallstreet wohnte.“
„Wohin adressierten Sie Ihre Briefe?“
„Postlagernd Leadenhallstreet-Post. Ins Geschäft sollte ich nicht adressieren, weil er behauptete, die andern Angestellten würden ihn hänseln, dass er Briefe von einer Dame erhalte. Ich wollte ihm mit der Maschine schreiben, wie er es selbst that, doch mochte er nichts davon wissen und erklärte, geschriebene. Briefe seien ihm lieber, sie kämen ihm viel natürlicher vor, während er bei den andern das Gefühl habe, als träte eine Maschine zwischen uns. Sie sehen daraus, wie sehr er mich liebte, und wie feinfühlig er selbst in Kleinigkeiten war.“
„Ja, es lässt tief blicken,“ meinte Holmes. „Ich lege von jeher besonderen Wert auf solche kleinen Umstände. Erinnern Sie sich vielleicht anderer geringfügiger Merkmale bei Herrn Hosmer Angel?“
„Er war sehr schüchtern und ging lieber abends als am Tage mit mir aus, weil er es nicht leiden konnte beobachtet zu werden. Er benahm sich sehr wohlerzogen und zurückhaltend; seine Stimme war schwach, und er erzählte mir, er habe als Kind an geschwollenen Mandeln gelitten, wovon ihm eine Schwäche in den Stimmbändern zurückgeblieben sei. Auf seine Kleidung hielt er viel und sah stets nett und sauber aus; er hatte, wie ich, schwache Augen und trug dunkle Gläser zum Schutz.“
„Und was geschah, als Ihr Stiefvater, Herr Windibank, abermals nach Frankreich reiste?“
„Da kam Hosmer wieder ins Haus und schlug mir vor, noch vor Vaters Rückkehr zu heiraten. Er nahm die Sache sehr ernst, legte meine Hände auf das Testament und liess mich schwören, ihm treu zu sein, komme, was da wolle. Meine Mutter meinte, er könne diesen Schwur mit Recht verlangen, es sei nur ein Beweis seiner heissen Liebe. Der Mutter hat er es gleich bei der ersten Begegnung angethan, sie mochte ihn fast noch lieber als ich. Als die beiden von der nahe bevorstehenden Hochzeit zu sprechen anfingen, meinte ich, wir sollten damit auf den Vater warten. Doch sie erklärten, wir brauchten uns nicht um ihn zu kümmern, er werde alles noch früh genug erfahren, und die Mutter versprach, die Angelegenheit mit ihm ins reine zu bringen. Mir gefiel das nicht sonderlich, Herr Holmes. Es kam mir freilich komisch vor, um die Einwilligung meines Stiefvaters bitten zu müssen, da er ja nur wenige Jahre älter ist als ich; aber da ich keine Heimlichkeiten leiden mag, so schrieb ich an ihn nach Bordeaux und adressierte den Brief an die französische Firma — doch erhielt ich dieses Schreiben am Hochzeitsmorgen zurück.“
„Demnach kam es nicht in seine Hände?“
„Nein, denn er war schon wieder nach England abgereist.“
„Das traf sich allerdings höchst ungeschickt! Wurden Sie in der Kirche getraut?“
„Ja, in aller Stille. Die Trauung sollte in der St. Saviours-Kirche stattfinden und das Frühstück danach im St. Pancras-Hotel. Hosmer holte uns im Wagen ab und liess Mutter und mich einsteigen; er selbst setzte sich in eine Droschke, die einzige, die gerade zur Hand war. Wir langten zuerst an der Kirche an und warteten auf Hosmers Droschke, die bald vorfuhr. Doch — niemand stieg aus, und als der Kutscher vom Bock herabkam und den Schlag öffnete, sass niemand im Wagen! Der Kutscher begriff nicht, was aus dem Fahrgast geworden war, da er ihn selbst hatte einsteigen sehen. Das alles geschah vorigen Freitag, Herr Holmes, und seitdem habe ich keine Ahnung, was aus meinem Bräutigam geworden ist.“
„Mir scheint, mein Fräulein, Ihnen wurde übel mitgespielt.“
„Ach nein! Hosmer meinte es viel zu gut mit mir, um mich so verlassen zu können. Noch am Hochzeitsmorgen bat er mich, ihm immer treu zu bleiben, und sollte uns auch ein ganz unerwartetes Schicksal trennen, so dürfe ich nicht vergessen, dass ich ihm mein Wort gegeben habe; früher oder später würde er seine Rechte geltend machen. Das klang recht sonderbar am Hochzeitstage, aber durch das Vorgefallene erhalten Hosmers Worte eine ganz besondere Bedeutung.“
„Allerdings. Ihrer Meinung nach muss ihn irgend ein Unfall betroffen haben?“
„Ja, Herr Holmes. Er muss wohl irgend eine Gefahr geahnt haben, sonst hätte er nicht so gesprochen. Seine Ahnung ist wirklich eingetroffen.“
„Sie haben wohl keine Vorstellung, was er befürchtete?“
„Gar keine.“
„Noch eine Frage. Wie nahm Ihre Mutter die Sache auf?“
„Sie war ärgerlich und meinte, ich solle von der ganzen Geschichte schweigen.“
„Sprachen Sie mit Ihrem Vater davon?“
„Ja, und er schien meiner Ansicht zu sein, dass Hosmer etwas zugestossen sein müsse und ich wieder von ihm hören würde. Was könnte ein Mann für ein Interesse daran haben, meinte er, mich bis an die Kirchthür zur Trauung zu locken, um mich dann zu verlassen? Hätte er mir Geld abgeborgt, oder beim Ehekontrakt mein Vermögen auf sich übertragen lassen, dann wäre vielleicht darin ein Grund zu suchen gewesen; Hosmer aber СКАЧАТЬ