Deutsche Geschichte. Ricarda Huch
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Название: Deutsche Geschichte

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962817725

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СКАЧАТЬ Karl. Nun war der Au­gen­blick ge­kom­men, wo Karl das Pro­blem mit dem Schwer­te lö­sen konn­te; er führ­te ein Heer über die Al­pen, be­sieg­te und ent­thron­te De­si­de­ri­us und zwang ihn, in ein Klos­ter zu ge­hen. Karl trat als Kö­nig in die durch die Ab­set­zung des De­si­de­ri­us frei ge­wor­de­ne Stel­le ein, ohne üb­ri­gens in der Lage des Lan­go­bar­den­vol­kes et­was Nen­nens­wer­tes zu ver­än­dern, au­ßer dass er all­mäh­lich die Lan­go­bar­den, die ihm un­zu­ver­läs­sig er­schie­nen, auf ver­ant­wor­tungs­vol­len Pos­ten durch frän­ki­sche Gra­fen oder Her­zo­ge er­setz­te. Er war Nach­bar des Paps­tes in Ita­li­en ge­wor­den, nicht mehr nur der ent­fern­te Schutz­herr, der zu Hil­fe kam, wenn er ge­ru­fen wur­de, und nach ge­ta­ner Ar­beit sich wie­der zu­rück­zog.

      Zu­nächst er­wuch­sen dar­aus kei­ne Schwie­rig­kei­ten. Der rö­mi­sche Stadt­a­del war eine Geg­ner­schaft des Paps­tes, die ihn im­mer noch des frän­ki­schen Schut­zes be­dürf­tig mach­te. Leo III., Ha­drians Nach­fol­ger, wur­de von sei­nen rö­mi­schen Fein­den so ver­folgt, dass er sich und sein Schick­sal Karl völ­lig über­ant­wor­te­te. Er such­te ihn in Pa­der­born auf, wo der Kö­nig Hof hielt. Karl lieb­te die­sen Ort am Fuße des Teu­to­bur­ger Wal­des, der ihm zu ei­ner Stät­te des Ruhms wie kaum ein an­de­rer wer­den soll­te; denn hier emp­fing nach drei­ßig­jäh­ri­gen er­bit­ter­ten Kämp­fen sein ge­fähr­lichs­ter, sein größ­ter Geg­ner, der Sach­se Wi­du­kind, die Tau­fe. Er moch­te Au­gen­bli­cke ha­ben, wo das Rau­schen des Eich­wal­des ihm wie ein Got­tes­wort des Frie­dens klang, das das ver­gos­se­ne Blut sühn­te. An Stel­le der Sal­va­tor­kir­che, die im Sach­sen­krie­ge zer­stört war, hat­te er nahe dem Quell der Pa­der einen Dom aus Stein er­rich­tet, der den Zeit­ge­nos­sen präch­tig er­schi­en; er wur­de 200 Jah­re spä­ter durch eine Feu­ers­brunst ver­nich­tet. Er war noch nicht vollen­det, als Papst Leo zum Ge­dächt­nis sei­ner An­we­sen­heit einen Al­tar dar­in weih­te. Was sich sonst an Häu­sern in Pa­der­born vor­fand, war ver­mut­lich aus Holz und ziem­lich dürf­tig; wenn aber der Ort dem Ita­lie­ner nicht son­der­lich im­po­nier­te, so tat es doch die Men­ge ge­rüs­te­ter Krie­ger, die ihn emp­fing, und vor al­lem der Kö­nig selbst im meer­grü­nen Man­tel mit dem edel­stein­ge­schmück­ten Schwert und dem Dia­dem, wie er sich an Fest­ta­gen trug. Trotz der An­kla­ge, die auf dem Papst las­te­te, wo­bei es sich haupt­säch­lich um Mein­eid und Ehe­bruch han­del­te, emp­fing ihn Karl mit al­len Ehren, um­arm­te und küss­te ihn, von vorn­her­ein ent­schlos­sen, ihn für un­schul­dig zu hal­ten. Man nimmt an, dass bei die­ser Be­geg­nung die Krö­nung des Kö­nigs zum rö­mi­schen Kai­ser be­re­det wur­de; sie war die Ge­gen­ga­be des Paps­tes für den Schutz, den Karl ihm ge­währ­te. Den­noch scheint es, dass der Kö­nig, als ihm Leo am Weih­nachts­ta­ge des Jah­res 800 in der Ba­si­li­ka des hei­li­gen Pe­trus die Kro­ne auf­setz­te, über­rascht war; er hat spä­ter ge­sagt, dass er nicht in die Kir­che ge­gan­gen sein wür­de, wenn ihm das Vor­ha­ben des Hei­li­gen Va­ters be­kannt ge­we­sen wäre. Die Grün­de da­für ken­nen wir nicht; es ist mög­lich, dass er fürch­te­te, sich durch die­sen Akt die Feind­schaft des ost­rö­mi­schen Kai­sers zu­zu­zie­hen, mög­lich auch, dass er vor­ge­zo­gen hät­te, sich selbst zu krö­nen, wie er denn vor sei­nem Tode sei­nem Sohn Lud­wig be­fahl, sich die Kro­ne aufs Haupt zu set­zen und sich Kai­ser und Au­gus­tus nen­nen zu las­sen. Die­sen Ti­tel führ­te er selbst seit der Krö­nung in Rom.

      Die Über­tra­gung der Cäsa­ren­wür­de auf den Fran­ken­kö­nig war ein Er­eig­nis von un­ge­heu­rer, ein­schnei­den­der Be­deu­tung; aber da sie nicht ein neu­es Ver­hält­nis schuf, son­dern ei­ner all­mäh­lich vollen­de­ten Ent­wick­lung Aus­druck gab, emp­fand sie Karl wohl als et­was Selbst­ver­ständ­li­ches. Das Wel­treich be­stand, es war die Form, in der seit Jahr­hun­der­ten die Men­schen leb­ten. Durch die Ent­ste­hung des großen frän­ki­schen Rei­ches war By­zanz an den Rand ge­drängt, der mäch­ti­ge Ger­ma­nen­fürst als tra­gen­de Säu­le in die Mit­te des Wel­trei­ches ge­rückt. Von ihm strahl­te schaf­fen­de Kraft nach al­len Sei­ten aus; der Ti­tel ver­lieh ihm nichts, be­sie­gel­te nur das, was war. Die Mög­lich­keit künf­ti­ger Ver­wick­lun­gen und Ge­fah­ren, die aus der Be­zie­hung zum rö­mi­schen Papst ent­ste­hen konn­ten, wird ihn nicht ernst­lich be­un­ru­higt ha­ben; dazu leb­te er zu sehr in der Fül­le der Zeit.

      Karl der Gro­ße war ei­ner der Be­ru­fe­nen, die das Zu­sam­men­ge­hö­ri­ge, aber Ve­rein­zel­te zu ei­nem le­ben­di­gen Gan­zen ord­nen, und die von den dank­ba­ren Völ­kern, de­ren Ge­schich­te sie be­grün­det ha­ben, wie Halb­göt­ter ver­ehrt wur­den. Sei­ne Vor­fah­ren hat­ten das große Werk vor­be­rei­tet, Thü­rin­gen, Schwa­ben, Bay­ern fand er be­reits mit den Fran­ken ver­ei­nigt, auch die Sach­sen und Frie­sen hat­te Pi­pin schon zu un­ter­wer­fen ver­sucht. Was ihn vor je­nen aus­zeich­ne­te, war, dass er dem neu­ge­schaf­fe­nen Kör­per eine ge­mein­sa­me Ord­nung, einen ge­mein­sa­men Sinn und Geist gab.

      Zu den Bü­chern, die Karl mit Vor­lie­be las, ge­hör­te der Got­tes­staat des hei­li­gen Au­gus­ti­nus. Der edle Schwung, der es er­füllt, die un­er­schüt­ter­li­che Über­zeu­gung ei­nes durch An­la­ge und Bil­dung über­le­ge­nen Geis­tes ma­chen die Wir­kung, die es jahr­hun­der­te­lang aus­ge­übt hat, ver­ständ­lich, mehr noch viel­leicht die Ein­fach­heit und doch auch Viel­deu­tig­keit der Ge­dan­ken­gän­ge. Schon in dem ers­ten Brü­der­paa­re der Mensch­heit, in Kain und Abel, so sieht Au­gus­ti­nus den Sinn der Ge­schich­te, spal­te­te sie sich in zwei Rei­che, in ein sol­ches, das Gott an­ge­hört, und in ein sol­ches, das den Men­schen folgt, mensch­li­chen Be­gier­den, mensch­li­cher Ein­sicht, mensch­li­chen Zwe­cken. Das Reich Got­tes steht in­ner­halb der Mensch­heit ge­gen­über der Welt oder dem Rei­che der Men­schen, das durch­aus nicht etwa des Ver­stan­des, der Bil­dung, der Tu­gend er­man­gelt, aber auf mensch­li­che und ir­di­sche Zwe­cke be­schränkt ist und zwei­fel­haf­te ir­di­sche Genüs­se durch ewi­ges Ver­der­ben er­kauft. Das Reich Got­tes ruht auf dem Glau­ben und ge­winnt das ewi­ge Le­ben, es be­ginnt hie­nie­den in Hoff­nung und ent­fal­tet sich drü­ben im Schau­en.

      Au­gus­ti­nus wuss­te, dass nicht alle, die sich Chris­ten nann­ten, Chris­ten wa­ren, aber die Kir­che, die das Wis­sen von Gott und den gött­li­chen Din­gen lehr­te, der zu sei­ner Zeit alle Chris­ten an­ge­hör­ten, ohne die die Nach­fol­ge Chris­ti als nur von ein­zel­nen ver­wirk­licht ohne Halt und ohne Dau­er ge­we­sen wäre, fiel ihm zu­sam­men mit dem Got­tes­staa­te, wäh­rend der heid­nische Staat die­je­ni­gen um­fass­te, die sich der Gna­de Got­tes ent­zo­gen. Der Ge­dan­ke lag nahe, Kir­che und Staat über­haupt als Got­tes­staat und Men­schen­staat oder Welt ein­an­der ent­ge­gen­zu­set­zen; man konn­te aber auch den Schluss zie­hen, dass zwi­schen Kir­che und dem in­zwi­schen christ­lich ge­wor­de­nen Staat kein Un­ter­schied mehr be­ste­he und nur die ge­sam­te Hei­den­schaft als gna­den­lo­ses, der Ver­damm­nis ge­weih­tes Reich auf­zu­fas­sen sei. So sah es Karl der Gro­ße an; sein Reich soll­te ein Got­tes­reich sein, das als sol­ches die Kir­che ehr­te und schütz­te und ihre Leh­re ver­brei­te­te. Ver­gleicht man ihn mit Bo­ni­fa­ti­us, so tritt die Frei­heit und das Schöp­fe­ri­sche sei­nes Geis­tes be­wun­de­rungs­wür­dig her­vor. Er ließ sich gern be­leh­ren, ver­zich­te­te aber nie auf ei­ge­nes Ur­teil. In Be­zug auf man­che kirch­li­chen Fra­gen, zum Bei­spiel auf den Bil­der­dienst, hat­te er an­de­re An­sich­ten als der Papst. Zu­wei­len war СКАЧАТЬ