Deutsche Geschichte. Ricarda Huch
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Название: Deutsche Geschichte

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962817725

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СКАЧАТЬ Hü­gel her­ab sah Win­fried, al­ternd und zu­wei­len der un­be­que­men Rei­sen, der bit­te­ren Kämp­fe und der ei­ge­nen Lei­den­schaf­ten müde ge­wor­den, den em­si­gen Män­nern zu und dem Er­wach­sen des klei­nen Rei­ches, wo er für eine Zeit lang we­nigs­tens Zuf­lucht und Hei­mat und bald viel­leicht die ewi­ge Ruhe fin­den wür­de. Von der al­ten Kir­che und dem al­ten Klos­ter, die sei­ne Au­gen sa­hen, ist nichts üb­rig­ge­blie­ben, das fest­li­che Ba­rock des heu­ti­gen Doms ist un­end­lich fern von dem erns­ten, glü­hen­den, welt­über­win­den­den Geist der Stif­ter des ers­ten. Ein­zig die ka­ro­lin­gi­sche Rotun­de der Mi­chae­lis­kir­che, ein­sa­mer Fremd­ling, der in un­ver­ständ­li­cher Zun­ge re­det, hat eine Spur da­von er­hal­ten.

      Als Win­fried etwa sieb­zig Jah­re alt war, kör­per­lich sehr hin­fäl­lig, mit schnee­weißem Haa­re, so schil­dert ihn ei­ner, der ihn da­mals sah, er­griff ihn wie­der der Wunsch sei­ner Ju­gend, den Frie­sen das Wort Got­tes zu pre­di­gen. Er hat­te da­mals den Plan zu­guns­ten ei­nes an­de­ren auf­ge­ge­ben, aber es scheint, dass er ihn nie aus den Au­gen ver­lo­ren hat­te. Vi­el­leicht be­trach­te­te er die Frie­sen als einen be­son­ders nah­ver­wand­ten Stamm und ihr Land als sei­nem Vol­ke be­son­ders zu­ge­hö­rig; denn von dort sol­len die An­gel­sach­sen aus­ge­zo­gen sein, um Bri­tan­ni­en zu er­obern, wor­auf die Frie­sen in das ver­las­se­ne Ge­biet ein­dran­gen. Da­mals hat­te er eben das Man­nes­al­ter er­reicht, und sein Werk lag vor ihm, er woll­te das Le­ben er­hal­ten, das sei­nem Wer­ke ge­weiht war; jetzt war es an­ders. Sein Werk war ge­tan und soll­te ge­krönt wer­den durch den Mär­ty­rer­tod. Die, wel­che die Nach­fol­ge des Herrn ge­lobt hat­ten, sehn­ten sich da­nach, zu ster­ben wie er, gleich­sam mit ihm, wie Ge­folgs­leu­te mit ih­rem Her­zog. Trotz­dem zog er nicht aus wie ein ein­fa­cher Glau­bens­bo­te, der mit kei­nem an­de­ren Schild als sei­nem Glau­ben sich in den Ra­chen der Höl­le wagt; son­dern er reis­te als der Kir­chen­fürst, der Le­gat des Paps­tes, um­ge­ben von ei­nem zahl­rei­chen be­waff­ne­ten Ge­fol­ge, mit al­ler­lei Rei­se­ge­päck, auch Bü­chern, als der höchs­te Geist­li­che Ger­ma­ni­ens, der sich ei­ner ent­fern­ten, noch un­si­che­ren Ge­mein­de zei­gen will. Zu­gleich aber, ent­spre­chend der zwie­fa­chen Rich­tung sei­nes Geis­tes, schick­te er sich an wie zum ge­wis­sen Tode, als wis­se er, dass der Tod seit dem An­fang sei­nes Le­bens dort an der frie­si­schen Küs­te stän­de und ihn er­war­te­te. Be­vor er ab­reis­te, nahm er in Mainz Ab­schied von sei­nen Ge­treu­en und ließ auch Lio­ba kom­men, um sie noch ein­mal zu se­hen und sei­nen Freun­den zu emp­feh­len. Er traf die Be­stim­mung, dass er in Ful­da be­stat­tet sein wol­le, und dass, wenn Lio­ba einst ge­stor­ben sein wür­de, ihr Leich­nam zu dem sei­ni­gen in sei­nen Sarg ge­legt wer­de. Die er im Le­ben sich fern­ge­hal­ten hat­te, ge­treu dem stren­gen Ge­bot, dem er sich un­ter­stellt hat­te, riss er im Tode an sich, in sei­nem her­ri­schen Sinn si­cher, dass sie so oder so die Sei­ne war, ihm fol­gend in der Ent­sa­gung, ihm fol­gend im bes­ten eins wer­den der Lie­be. Dies Her­vorflam­men ei­ner ein Le­ben lang zu­rück­ge­hal­te­nen Lei­den­schaft moch­te für die Jün­ger des al­ten Man­nes et­was Er­schre­cken­des ha­ben; sie schwie­gen, aber sie ge­trau­ten sich nicht, als Lio­ba ge­stor­ben war, sei­nen Be­fehl aus­zu­füh­ren. Je­doch hiel­ten sie die zar­te Freun­din des Hei­li­gen so hoch, dass ihr als der ein­zi­gen Frau ge­stat­tet wur­de, im Klos­ter Ful­da als Gast emp­fan­gen zu wer­den. Sie wur­de auf dem Pe­ters­ber­ge bei­ge­setzt; wäh­rend Win­frieds Lei­che, wie un­gern auch Mainz auf die Über­res­te sei­nes großen Erz­bi­schofs ver­zich­te­te, sei­nem Wil­len ent­spre­chend nach Ful­da über­führt und in der Kir­che des Klos­ters be­stat­tet wur­de. Die Biblio­thek be­wahrt das aus dem Dom­schatz über­nom­me­ne Buch auf, mit dem Bo­ni­fa­ti­us in un­will­kür­li­cher Be­we­gung wie mit ei­nem Schild den Streich des Mör­ders ab­zu­weh­ren such­te, und das die Spu­ren des ihm gel­ten­den Schwert­hie­bes trägt.

      Denn der Erz­bi­schof fand mit 52 Beglei­tern den er­sehn­ten Tod; es war, als wenn der Him­mel, der dem ord­nen­den Herr­scher bei­ge­stan­den hat­te, auch sei­nen Op­fer­mut be­stä­ti­gen woll­te. Die Son­ne ei­nes hei­te­ren Som­mer­mor­gens war eben auf­ge­gan­gen, und Bo­ni­fa­ti­us er­war­te­te bei sei­nen Zel­ten frie­si­sche Chris­ten zur Fir­mung, als eine Schar frie­si­scher Män­ner die Frem­den über­fiel, wahr­schein­lich mehr von Rau­blust als von Glau­bens­hass an­ge­trie­ben. Eine Frau be­rich­te­te spä­ter, dass sie ge­se­hen habe, wie der Erz­bi­schof, den Arm mit dem Buch er­ho­ben, den To­dess­treich emp­fing.

      Bei der Be­kämp­fung der Ara­ber hat­te Karl Mar­tell die Lan­go­bar­den zu Bun­des­ge­nos­sen. Die gu­ten Be­zie­hun­gen zu die­sem ger­ma­ni­schen Vol­ke zu pfle­gen war na­tür­lich, und Karl hielt an der lan­go­bar­den­freund­li­chen Po­li­tik auch dann fest, als sich ihm Ge­le­gen­heit bot, eine ent­ge­gen­ge­setz­te zu ver­fol­gen. Es ge­sch­ah näm­lich, dass der Lan­go­bar­den­kö­nig Ai­stulf den großen Ge­dan­ken fass­te, sei­ne Herr­schaft über ganz Ita­li­en aus­zu­brei­ten, von dem au­ßer Rom nur ein Zip­fel im Sü­den und Ve­ne­dig im Nord­os­ten mehr dem Na­men nach als tat­säch­lich noch zum Ost­rö­mi­schen Reich ge­hör­ten. Er er­ober­te Ra­ven­na und mach­te sich da­durch den rö­mi­schen Papst zum Fein­de, der sich als Herr Roms und als sol­cher, wenn er es auch nicht aus­sprach, als Herr Ita­li­ens fühl­te. Nach­dem die letz­ten Kai­ser Rom auf­ge­ge­ben hat­ten, über­nah­men die Bi­schö­fe von Rom den Schutz der Ewi­gen Stadt, und ihre kirch­li­che Stel­lung, ihr sitt­li­ches Über­ge­wicht wuch­sen un­merk­lich mit der See­le der Wel­t­herr­sche­rin zu­sam­men. Nicht alle Päps­te wa­ren sich des­sen be­wusst, und nicht alle konn­ten den An­spruch, den das Be­wusst­sein ver­lieh, ver­tre­ten; aber es war eine Tat­sa­che, die sich im­mer gel­tend mach­te: weil sie Rom in­ne­hat­ten, muss­ten sie Nach­fol­ger der rö­mi­schen Cäsa­ren sein, weil sie das Haupt der Kir­che wa­ren, die die Welt um­fas­sen soll­te, muss­ten sie das Reich bis zu den Gren­zen der be­wohn­ten Erde aus­zu­deh­nen su­chen; aus ei­nem zwie­fa­chen Grun­de muss­ten sie sich zu Her­ren der Welt be­stimmt glau­ben. Ein un­ge­heu­res Herr­scher­be­wusst­sein war die Schick­sals­ga­be von Män­nern, die als Kir­chen­häup­ter nicht nur kei­ne welt­li­che Macht be­sa­ßen, son­dern welt­li­che Macht ge­ring­schätz­ten, mit dem Wort al­lein Füh­rer der See­len sein soll­ten. Wenn der Kö­nig der Lan­go­bar­den Kö­nig von Ita­li­en wur­de, muss­te er Rom zu sei­ner Haupt­stadt ma­chen; muss­te das Haupt der Welt zum Haupt Ita­li­ens, der Papst in die Stel­lung ei­nes dem Kö­nig un­ter­ge­ord­ne­ten Bi­schofs her­ab­ge­drückt wer­den. Wie soll­te er sich der he­randrän­gen­den Ge­fahr er­weh­ren? Zwei christ­li­che Mäch­te ka­men in Be­tracht: der Kai­ser in By­zanz, der als Nach­fol­ger der rö­mi­schen Kai­ser An­sprü­che auf Ita­li­en hat­te, und der Kö­nig des frän­ki­schen Rei­ches. Zu der Zeit, als Gre­gor der Gro­ße zwi­schen den Schwer­tern der Lan­go­bar­den leb­te, wie er selbst sag­te, wur­de die Ober­herr­schaft des Kai­sers von By­zanz noch an­er­kannt, eine Lo­cke­rung trat durch einen Zwie­spalt in der Leh­re ein, in­dem in By­zanz der Bil­der­dienst ver­bo­ten wur­de, wäh­rend zwar Gre­gor die An­be­tung der Bil­der ver­warf, sie aber zur Be­leh­rung des Vol­kes be­hal­ten woll­te. Nicht nur die­ser Ge­gen­satz je­doch, son­dern ge­ra­de der zu Recht be­ste­hen­de Herr­schafts­an­spruch der ost­rö­mi­schen Kai­ser be­wog die Päps­te, den Schutz der Fran­ken СКАЧАТЬ