Ausweitung der Kampfzone. Мишель Уэльбек
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Название: Ausweitung der Kampfzone

Автор: Мишель Уэльбек

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783803141828

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СКАЧАТЬ dabei einen leicht blöden Ausdruck der Bewunderung aufzusetzen, als würde er mir ungeahnt überraschende, weitgespannte Perspektiven der Weisheit eröffnen. Daraus müsste er normalerweise den Schluss ziehen, dass ich ein junger Mann guten Willens bin, bereit, unter seinem Kommando in die richtige Richtung zu marschieren.

      Der dritte Vertreter des Ministeriums ist Catherine Lechardoy. Die Arme schaut ein wenig traurig drein heute Morgen; der Kampfgeist vom letzten Mal scheint sie verlassen zu haben. Ihr hässliches Gesichtchen ist ganz griesgrämig; sie putzt in regelmäßigen Abständen ihre Brille. Ich frage mich sogar, ob sie nicht geweint hat. Ich kann mir gut vorstellen, wie sie in Schluchzen ausbricht, wenn sie sich morgens anzieht, allein und verlassen in ihrem Zimmerchen.

      Der vierte Vertreter des Ministeriums ist die Karikatur eines Agrarsozialisten: Er trägt Stiefel und Parka, als ob er gerade von einer Expedition aufs Land zurückgekommen wäre; er hat einen dichten Bart und raucht Pfeife; ich möchte nicht sein Sohn sein. Vor ihm liegt demonstrativ ein Buch mit dem Titel »Käseerzeugung und neue Techniken«. Ich begreife nicht, wozu er hier ist, denn offensichtlich hat er keine Ahnung vom Thema, um das es geht; vielleicht ein Vertreter der Basis. Wie dem auch sei, er scheint sich das Ziel gesetzt zu haben, die Atmosphäre zu verschlechtern und einen Konflikt zu provozieren, indem er wiederholt die »Nutzlosigkeit solcher Konferenzen, die zu nichts führen«, anprangert oder sich über die Computerprogramme auslässt, »über die in einem Ministerialbüro entschieden wird und die doch niemals den realen Bedürfnissen der Kollegen vor Ort entsprechen«.

      Ihm gegenüber sitzt ein Typ aus meiner Firma, der unermüdlich auf seine Einwände antwortet – meiner Meinung nach ziemlich ungeschickt – und dabei so tut, als sei er der Meinung, der andere würde absichtlich übertreiben oder mache bloß Witze. Er ist einer meiner Vorgesetzten; ich glaube, er heißt Norbert Lejailly. Ich hatte nicht gewusst, dass er da sein würde, und ich kann nicht sagen, dass mich seine Anwesenheit besonders erfreut. Dieser Mann hat exakt das Aussehen und das Benehmen eines Schweins. Er ergreift jede sich bietende Gelegenheit, lange und schmierig zu lachen. Wenn er nicht lacht, reibt er seine Hände langsam aneinander. Er ist dick, um nicht zu sagen fett, und seine Selbstgefälligkeit, die sich auf keinerlei Fundamente stützen kann, empfinde ich gewöhnlich als unerträglich. Heute Morgen aber fühle ich mich wirklich ziemlich gut, zweimal lache ich sogar mit ihm, als Echo auf seine Bonmots.

      Im Lauf des Vormittags zeigt sich sporadisch eine siebte Person, um die ehrwürdige Versammlung ein wenig aufzuheitern. Es handelt sich um den Leiter der EDV-Studienabteilung des Landwirtschaftsministeriums, denselben, den ich neulich verpasst hatte. Der Mann scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, eine hektische Übertreibung der Figur des jungen, dynamischen Chefs darzustellen. Auf diesem Gebiet schlägt er alles, was ich bisher zu beobachten Gelegenheit hatte, um mehrere Längen. Das Hemd trägt er offen, als hätte er keine Zeit gehabt, es zuzuknöpfen; die Krawatte hängt ihm zur Seite, als wäre sie beim Laufen verrutscht. Tatsächlich geht oder läuft er nicht durch die Gänge, sondern er gleitet. Könnte er fliegen, würde er es bestimmt tun. Sein Gesicht glänzt, sein Haar ist wirr und feucht, als käme er geradewegs aus dem Schwimmbecken.

      Bei seinem ersten Auftritt erblickt er mich und meinen Chef und ist in Windeseile bei uns. Keine Ahnung, wie er das angestellt hat: Er muss die zehn Meter in weniger als fünf Sekunden zurückgelegt haben; jedenfalls hatte ich nicht die Zeit, seinen Weg zu verfolgen.

      Er legt seine Hand auf meine Schulter und spricht mit sanfter Stimme. Er sagt, es tue ihm leid, dass er mich letzthin umsonst habe warten lassen. Ich setze ein Madonnenlächeln auf und sage, das sei nicht so schlimm, ich könne ihn gut verstehen und wisse, dass unser Treffen früher oder später stattfinden werde. Ich bin ehrlich. Es ist ein sehr zärtlicher Augenblick; er beugt sich zu mir, nur zu mir; man könnte uns für zwei Liebende halten, die das Leben nach einer langen Trennung wieder zusammengeführt hat.

      Im Verlauf des Vormittags kommt er noch zweimal herein, aber jedes Mal bleibt er in der Tür stehen und wendet sich nur an den jungen Typ mit der Brille. Jedes Mal entschuldigt er sich mit einem bezaubernden Lächeln für die Störung; er lehnt sich gegen den Türpfosten, auf einem Bein das Gleichgewicht haltend, als verböte ihm die innere Spannung, die ihn beseelt, längere Zeit in aufrechter Position zu verharren.

      Von der Konferenz selbst bleibt mir nur wenig Erinnerung; auf alle Fälle wurde nichts Konkretes beschlossen, sieht man von der letzten Viertelstunde ab, als noch rasch vor dem Mittagessen ein Zeitplan für die Kurse in der Provinz erstellt wurde. Davon bin ich unmittelbar betroffen, denn diese Reisen werde ich auf mich nehmen müssen; und so notiere ich eilig die festgelegten Termine und Orte auf ein Blatt Papier, das ich noch am selben Abend verliere.

      Das Ganze wird mir gleich am nächsten Tag bei einem Briefing mit dem Theoretiker ein weiteres Mal erklärt. So erfahre ich, dass vom Ministerium (also von ihm, wenn ich recht verstehe) ein ausgeklügelter Ausbildungsgang auf drei Ebenen erstellt worden ist. Es geht darum, durch Komplementärausbildungen, die zwar ineinandergreifen, aber voneinander organisch unabhängig sind, bestmöglich auf die Bedürfnisse der Benutzer zu antworten. Das alles trägt ganz offensichtlich den Stempel eines scharfsinnigen Geistes.

      Konkret werde ich auf eine Rundreise geschickt, die mich zuerst für zwei Wochen nach Rouen, dann eine Woche nach Dijon und schließlich für vier Tage nach La Roche-sur-Yon führen wird. Am 1. Dezember soll ich losfahren; zu Weihnachten werde ich zurück sein, damit ich »die Festtage im Kreis der Familie verbringen« kann. Man hat also auch die menschliche Seite nicht vergessen. Das ist wunderbar.

      Zu meiner Überraschung erfahre ich außerdem, dass ich nicht allein für die Ausbildung verantwortlich bin. Meine Firma hat nämlich beschlossen, zwei Leute zu schicken. Wir werden als Tandem auftreten. Umgeben von einem beängstigenden Schweigen, zählt der Theoretiker fünfundzwanzig Minuten lang die Vor- und Nachteile der Ausbildungstätigkeit eines Tandems auf. Am Ende tragen die Vorteile über die Nachteile einen hauchdünnen Sieg davon.

      Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wer mein Begleiter sein könnte. Wahrscheinlich jemand, den ich kenne. Wie dem auch sei, kein Mensch hat es für wichtig gehalten, mir vorher etwas davon zu sagen.

      Der Theoretiker greift geschickt eine seiner Bemerkungen auf, um die Abwesenheit jener zweiten Person (deren Identität bis zuletzt ein Geheimnis bleiben wird) zu bedauern; er verstehe nicht, dass niemand es für nötig befunden habe, den Unbekannten einzuladen. Er spinnt sein Argument weiter und sagt unausgesprochen, dass so gesehen auch meine Anwesenheit nutzlos oder jedenfalls nur von geringem Nutzen sei. Genau das meine ich auch.

      Zehn

      Die Freiheitsgrade nach J.-Y. Fréhaut

      Danach kehre ich zurück zu meiner Firma. Dort werde ich freundlich empfangen; wie es scheint, ist es mir gelungen, meine Position im Betrieb zu festigen.

      Mein Abteilungsleiter nimmt mich beiseite; er enthüllt mir, wie überaus wichtig dieser Auftrag sei. Er weiß, sagt er, dass ich einiges wegstecken kann. Er sagt ein paar bitter-realistische Worte über den Diebstahl meines Wagens. Eine Art Männergespräch in der Nähe des Automaten für heiße Getränke. Ich entdecke in ihm den großen Spezialisten für die Verwaltung menschlicher Ressourcen, und mir wird wohlig zumute. Von Minute zu Minute kommt er mir schöner vor.

      Später am Nachmittag habe ich an der kleinen Abschiedsfeier für Jean-Yves Fréhaut teilgenommen. Mit ihm verlässt uns, wie der Abteilungsleiter hervorhebt, ein wertvoller Mitarbeiter und hochverdienter Techniker. Zweifellos werde er auf seiner künftigen Laufbahn mindestens ebenso große Erfolge feiern wie bisher; das jedenfalls wünsche er ihm. Und dass er, wann immer er wolle, in seiner alten Firma auf ein Glas der Freundschaft vorbeikommen möge! Seinen ersten Posten, schließt er in schlüpfrigem Tonfall, könne man ebenso wenig vergessen wie die erste Liebe. Ich beginne mich zu fragen, ob er nicht ein wenig zu tief ins Glas geschaut hat.

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