Ausweitung der Kampfzone. Мишель Уэльбек
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Название: Ausweitung der Kampfzone

Автор: Мишель Уэльбек

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783803141828

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СКАЧАТЬ Es gibt Manager, die schwärmen für Heringsfilets; andere verabscheuen sie. So viele Schicksale, so viele Lebensläufe. Obwohl der allgemeine Rahmen eines »ersten Kontakts mit dem Kunden« klar umrissen ist, bleibt leider doch immer ein Quäntchen Ungewissheit.

      In diesem Fall war Catherine Lechardoy, als ich im Büro 6017 erschien, gar nicht da. Sie habe, wurde mir mitgeteilt, »noch eine Kleinigkeit im Hauptcomputerraum zu erledigen«. Man bat mich, Platz zu nehmen und auf sie zu warten, was ich tat. Das Gespräch drehte sich um das gestrige Attentat auf den Champs-Élysées. Jemand hatte unter einer Sitzbank eines Cafés eine Bombe versteckt. Zwei Personen kamen ums Leben. Einer dritten wurden die Beine abgetrennt und das halbe Gesicht weggerissen; sie bleibt für den Rest ihres Lebens verstümmelt und blind. Ich erfuhr, dass es sich nicht um das erste Attentat handelte; wenige Tage zuvor war in einem Postamt nahe dem Rathaus eine Bombe explodiert und hatte eine etwa fünfzigjährige Frau zerfetzt. Ich erfuhr auch, dass diese Bomben von arabischen Terroristen gelegt worden waren, die die Freilassung anderer arabischer Terroristen verlangten, die in Frankreich wegen mehrerer Morde im Gefängnis saßen.

      Gegen siebzehn Uhr musste ich aufs Polizeikommissariat, um den Diebstahl meines Wagens zu melden. Catherine Lechardoy war nicht gekommen, und an dem Gespräch hatte ich mich kaum beteiligt. Die Kontaktaufnahme wird wohl an einem anderen Tag stattfinden.

      Der Inspektor, der meine Aussage tippte, war ungefähr in meinem Alter. Offensichtlich stammte er aus der Provence; er trug einen Ehering. Ich fragte mich, ob seine Frau, seine eventuellen Kinder und er selbst in Paris glücklich waren. Die Frau vielleicht Postangestellte, die Kinder in der Krippe? Kann man nicht wissen.

      Erwartungsgemäß war er ein wenig enttäuscht und verbittert: »Diebstähle ... kommen den ganzen Tag rein ... keine Chance ... werden sowieso gleich wieder freigelassen ...« Er gewann meine Zustimmung und Sympathie, als er diese einfachen, wahren Worte aussprach, die seiner täglichen Erfahrung entsprangen. Aber ich konnte nichts tun, um seine Bürde leichter zu machen.

      Gegen Ende schien mir seine Verbitterung jedoch eine leicht positive Färbung anzunehmen: »Also, auf Wiedersehen! Vielleicht finden wir ihn ja doch, Ihren Wagen! Kommt manchmal vor ...« Ich glaube, er wollte noch weiterreden; aber es gab sonst nichts zu sagen.

      Sechs

      Die zweite Chance

      Am nächsten Morgen wird mir mitgeteilt, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich hätte darauf bestehen müssen, Catherine Lechardoy zu sprechen. Mein stummer Abgang war beim Landwirtschaftsministerium nicht gut angekommen.

      Ich erfahre außerdem, und das ist eine Überraschung, dass meine Arbeit während des vorhergehenden Auftrags nicht ganz zufriedenstellend ausgefallen ist. Es war mir bisher verschwiegen worden, aber ich hatte Missfallen erregt. Der neue Auftrag aus dem Landwirtschaftsministerium ist in gewisser Weise meine zweite Chance. Mein Abteilungsleiter setzt eine besorgte Miene auf, wie man sie aus amerikanischen Fernsehserien kennt, und sagt: »Wir stehen im Dienst des Kunden, wie Sie wissen. In unserem Beruf bekommt man leider nur selten eine zweite Chance ...«

      Es tut mir leid, diesem Mann Verdruss zu bereiten. Er ist sehr schön. Sinnliches, zugleich männliches Gesicht, graue, kurz geschnittene Haare. Weißes Hemd aus einwandfreiem, sehr feinem Stoff, der den kräftigen, sonnengebräunten Brustkorb durchscheinen lässt. Club-Krawatte. Natürliche, sichere Bewegungen, Zeichen einer hervorragenden körperlichen Verfassung.

      Mir fällt nur die, wie ich finde, reichlich schwache Entschuldigung ein, dass mir vor Kurzem mein Wagen gestohlen worden sei. Ich berufe mich auf psychische Probleme, die dadurch entstanden seien und gegen die anzukämpfen ich entschlossen sei. Augenblicklich tritt bei meinem Abteilungsleiter eine Veränderung ein; der Diebstahl meines Wagens empört ihn sichtlich. Er habe ja nicht gewusst; er konnte doch nicht ahnen; jetzt verstehe er alles besser. Als er mich entlässt, begleitet er mich zur Tür seines Büros, stemmt seine Füße in den dicken perlgrauen Teppich und wünscht mir gerührt, ich möge »die Sache durchstehen«.

      Sieben

      Catherine, kleine Catherine

      »Good times are coming

      I hear it everywhere I go Good times are coming

      But they’re sure coming slow.«

      Neil Young

      Die Pförtnerin im Landwirtschaftsministerium trägt immer noch einen Minirock aus Leder; aber diesmal brauche ich sie nicht, um das Büro 6017 zu finden.

      Catherine Lechardoy bestätigt von Anfang an alle meine Befürchtungen. Sie ist fünfundzwanzig, hat ein Technikerdiplom in Informatik und schlechte Zähne. Ihre Aggressivität ist erstaunlich: »Hoffen wir, dass Ihr Programm funktioniert! Und zwar besser als das letzte, das wir Ihnen abgekauft haben ... reiner Schrott. Aber schließlich entscheide ich ja nicht, was wir kaufen. Ich bin hier die brave Liese, die die Dummheiten der anderen ausbaden muss ...« usw.

      Ich erkläre ihr, dass ich auch nicht entscheide, was wir verkaufen. Und schon gar nicht, was wir produzieren. In Wirklichkeit entscheide ich überhaupt nichts. Weder sie noch ich entscheiden irgendetwas. Ich bin nur gekommen, um ihr zu helfen, um ihr Exemplare des Benutzerhandbuchs zu geben und zu versuchen, mit ihr ein Programm für die Einführung zusammenzustellen ... Aber nichts von alldem kann sie beschwichtigen. Ihr Zorn ist heftig und sitzt tief. Jetzt redet sie von Methodologie. Ihrer Meinung nach müsste sich jedermann einer strengen Methodologie unterordnen, die auf dem strukturierten Programm basiert; stattdessen herrscht überall Anarchie, die Programme sind auf x-beliebige Weise heruntergeschrieben, jeder sitzt in seiner Ecke und macht, was er will, ohne sich um die anderen zu scheren, es gibt keine Verständigung, es gibt keinen gemeinsamen Plan, es gibt keine Harmonie, Paris ist eine grauenhafte Stadt, die Leute kommen nicht mehr zusammen, sie interessieren sich nicht einmal für ihre Arbeit, alles ist oberflächlich, jeder geht um sechs Uhr nach Hause, ob die Arbeit erledigt ist oder nicht, das alles ist ihnen scheißegal.

      Sie schlägt vor, einen Kaffee trinken zu gehen. Natürlich bin ich einverstanden. Wir gehen zum Münzautomaten. Ich habe kein Kleingeld, sie gibt mir zwei Francs. Der Kaffee ist ekelhaft, aber das bremst sie nicht in ihrem Elan. In Paris kann man mitten auf der Straße verrecken, und keiner schert sich darum. Bei ihr zu Hause, im Béarn, ist das anders. Jedes Wochenende fährt sie nach Hause, ins Béarn. Und abends besucht sie Kurse am CNAM, um beruflich voranzukommen. Noch drei Jahre, und sie hat vielleicht ihr Ingenieursdiplom in der Tasche.

      Ingenieur. Ich bin Ingenieur. Ich muss etwas sagen. Mit leicht verkümmerter Stimme erkundige ich mich: »Welche Kurse?«

      »Controlling, Algorithmik, Buchhaltung.«

      »Wohl eine Menge Arbeit ...«, bemerke ich etwas vage.

      Ja, viel Arbeit, aber Arbeit macht ihr keine Angst. Abends arbeitet sie oft bis Mitternacht in ihrer kleinen Einzimmerwohnung, um ihre Aufgaben zu machen. Auf alle Fälle muss man kämpfen, um im Leben etwas zu bekommen: Das war immer schon ihre Meinung.

      Wir steigen die Treppe hoch zu ihrem Büro. »Na gut, dann kämpf, kleine Catherine«, sage ich melancholisch zu mir. Sie ist wirklich nicht sonderlich hübsch. Abgesehen von den schlechten Zähnen hat sie glanzloses Haar und kleine, vor Zorn funkelnde Augen. Kaum Brüste, keinen Hintern. Gott hat es wirklich nicht gut mit ihr gemeint.

      Ich denke, wir werden uns sehr gut verstehen. Sie scheint entschlossen, alles in die Hand zu nehmen und einzuteilen, ich werde nur noch reisen und meine Kurse abhalten müssen. Das passt mir hervorragend ins Konzept; ich habe überhaupt keine Lust, ihr zu widersprechen. Ich glaube nicht, dass sie sich in mich verlieben wird. Ich bin sicher, dass СКАЧАТЬ