Weihnachts-Klassiker für alle Generationen: 280 Romane, Sagen, Märchen & Gedichte. Martin Luther
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СКАЧАТЬ sind, und die sie gar nicht verwechseln soll, reden mit ihr und wünschen Glück und Rosmarie gibt sich die größte Mühe, alles recht zu machen, und weiß es doch über dem goldenen Nebel nicht, ob es ihr gelingt. Und nun wieder Musik und die festliche, mit Blumengewinden geschmückte Tafel im großen Saal, dort ihr Platz neben Harro unter einem Baldachin, aus weißen Rosen gewebt, mit Rückwänden aus grünsilbernem Brokat.

      Und man tut, als ob man äße, und dann hält Vater eine Rede, von der Rosmarie weiß, daß sie ein diplomatisches Meisterstück ist, denn keiner der hohen Gäste, die alle ja irgendwie verwandt sind, darf unberücksichtigt bleiben und alles in bestimmter Reihenfolge.

      Und Harro sagt leise zu ihr, sie hat ja nicht gewagt, mit ihm zu sprechen, aus Angst, daß sie darüber die Welt da vor ihnen vergäße:

      »Welch ein Glück, daß der Bräutigam den Mund halten darf! Und Rosmarie, trinke doch einen Tropfen Wein und versuche dies unschuldsweiße, mir ganz unbekannte Ding auf deinem Teller, und sieh nicht ganz aus wie ein verklärter Geist. Ich möchte aufstehen, brennend gern, und dich von drüben in deiner grünsilbernen Altarnische sehen, gar zu gern möcht ich's.«

      »Aber man darf nicht, Harro.«

      »Nein, leider darf man nicht. Man darf vieles nicht.«

      »Und du hast ja auch eine Altarnische.«

      »Meinst du, es sei nicht köstlich gewesen, es in Tante Ulrikes Augen aufblitzen zu sehen, wie sie mich darin installiert fand? Ist sie nicht einzig, die Tante Ulrike? Wir müssen sie noch halten; die Tantenstube, die ich für sie gebaut – sie verweigert glattweg es zu glauben –, die für sie bestimmt ist, wenn sie einmal ihrem Stift entrinnen möchte, muß sie sehen.«

      Und Harro lächelt so eigen und sieht in dem Augenblicke ganz verschmitzt aus. Die Tanten bringen einen solchen Jugendhauch mit, und wenn er sie ansieht, so kommt er sich zwanzig Jahre jünger vor.

      »Und nun, Rosmarie, sehe ich an Vaters Augen, daß das Symposion bald ein Ende haben wird. Meine Nische, obgleich sie mich liebreich beschützt, beengt mich doch mächtig. Sag mir, darf ich dich noch ein einziges Mal sehen – nicht nur wie jetzt, als Anbetungsgegenstand in Nischen, ehe dein Schleier fällt?«

      »Ich weiß nicht... Ach, Harro, es ist so wunderlich... Sieh, das schöne blasse dunkle Mädchen mit den Augen –, ›was hat man dir, du armes Kind, getan?‹ – in dem Gewand von Fliederblütenhauch. Oh, wie ist sie lieblich!«

      »Es ist eine Prinzessin Tarn und Cousine, und ich sehe sie heute zum ersten Male und vielleicht zum letzten Male!«

      »All die Menschen, die nur um unsertwillen gekommen sind, wir sehen sie so nicht wieder, und sie ziehen alle wie Schatten vorüber, fort – zu den vielen Schatten, die schon durch den Saal gegangen sind, und auch wir gehören zu den Schatten...«

      »Jetzt nicht philosophisch werden. Liebste... Augen links ... nun hält der Großherzog seine Rede. Lächle lieblich, Rose. O Himmel, sollte ich nun etwas tun oder nicht?«

      Bald ergießt sich die ganze glänzende Versammlung über die Gemächer. Noch einen Augenblick faßt das farbenprächtige schimmernde Bild, die Toiletten der Damen, die Uniformen der Herren, der vornehme Rahmen des alten Saals mit seinen Gemälden und goldenen Wappen ein.

      »Wie seltsam ist es zu denken, daß eben hier das Seelchen mir den Ring brachte. Wer weiß, ob traumhaft in ihr schon das lag, was heute geworden ist,« denkt Harro.

      Dann berührt ihn die Hand des Fürsten: »Du gehst jetzt mit Rosmarie noch hinüber in den blauen Saal, und dann verliert ihr euch.«

      Über Harros Gesicht zuckt es.

      »Und Harro, wenn du dein Wort –«

      »Nichts davon, Vater!« Aus seinen Augen schießen stählerne Blitze. Aber der Fürst ist schon vorübergangen, und nun setzt sich alles langsam in Bewegung.

      Einen Augenblick steht noch Rosmarie mit Harro neben dem Herrn Stiftsprediger.

      »Ich danke Ihnen so sehr, ich danke Ihnen ja so viel, und heute war es wieder wie damals, als ich bei Ihnen lernen durfte.«

      »Das habe ich auch nicht vergessen, Durchlaucht. Gott geleite Sie und Ihren Herrn Gemahl!«

      »Und denken Sie nicht, daß ich alles vergessen hätte. Ich habe immer Heimweh, und ich werde es immer haben!«

      Und dann trennt sie ein Blick des Fürsten, und der Herr Stiftsprediger kann mit dem wunderlich feinen Wort seiner besten Schülerin nach Hause gehen.

      Harro fragt sie: »Wonach hast du Heimweh, Holdseligste?«

      Aber eine Antwort wird ihm nicht.

      Rosmarie geht nun neben dem Fürsten und senkt ihr schönes bekränztes Haupt tief herab zu ihrer Stiefmutter, die sagt: »Ich werde mit dir hinübergehen, der Fürst wünscht es. Ich habe dir etwas zu geben.«

      Und als nun Harro im Vorsaal Rosmaries Hand ergreift und mit ihr in den Prinzessinnengang verschwindet, da rauscht es sofort hinter ihnen mit hartem klirrendem Rauschen. Die Fürstin kommt hinter ihnen her. Harro läßt fast instinktiv Rosmaries Hand sinken.

      »Vater dirigierte uns hierher.« »Und mich auch,« stößt die Fürstin mit eigentümlich heiserer Stimme hervor. »Es gehört zu den heiligen Braunecker Riten, daß die Mutter mit der Tochter verschwinde. Also... Nun, wir werden es kurz machen.«

      Rosmaries Hände werden eiskalt und ihre Augen dunkel, sie greift fast blindlings nach Harros Hand und zieht ihn mit sich in das runde Zimmer.

      »Ich denke, du machst jetzt Toilette, Rosmarie.«

      »Das will ich tun, und Harro kann ja so lange auf den Lindenstamm gehen.«

      »Ich bin gehorsam wie ein Lamm und tue den ganzen Tag nur, was man mir sagt. Soll ich mich jetzt hinausbegeben?«

      Aber Rosmarie hält ihn fest, er fühlt, wie sie bebt, an dem Wallen ihres Schleiers. Einen Augenblick kreuzen sich die Blicke der Damen, wie blitzende kleine Dolche gegen ein breites leuchtendes Schwert. Dann zuckt die Fürstin die Achseln.

      »Ich soll dir dies geben.« Und sie nestelt an der Tiara auf ihrem Haupte.

      Dem Thorsteiner wird es sehr unbehaglich. Er hat ein Gefühl, als ob er einem Duell beiwohne, bei dem die Gegner unsichtbar aufeinander stechen. Die Fürstin legt die Tiara mit den großen herrlichen Steinen auf den Tisch mit einem Ruck, der ihnen noch einmal ein wildes Feuer entlockt.

      »O Mama, ich bitte dich, tu das nicht! Ich liebe die Steine gar nicht, sie blitzen mir zu sehr. Sie passen so viel besser zu dir. Behalte sie, Mama! Es ist nicht recht, daß ich sie habe und du nicht. Du bist die Fürstin. Ich bitte dich darum, Mama.«

      »Das kann unmöglich dein Ernst sein, Rosmarie, du wirst es morgen nicht wahr haben wollen... Harro, das Kind meint, man finde solche Steine am Wege.«

      »Es ist Rosmaries Sache,« sagte Harro, »und ich glaube nicht, daß sie etwas zurücknehmen wird, was sie einmal getan.«

      Rosmarie ergriff mit scheuen Händen das Diadem und hielt es ihrer Mutter hin: »Ich bitte dich, sage Vater, daß ich dich sehr gebeten habe, es zu behalten, und daß ich meine, es gehöre der Fürstin. Harro, ich brauche das niemals.« »Ich werde dir nie etwas darein СКАЧАТЬ