Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque
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Название: Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué

Автор: Friedrich de La Motte Fouque

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027207022

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СКАЧАТЬ ihm und macht ihn fest; der Teufel ist sein Herr.« – »Nein, nimmermehr!« sprach Bertha, ein Paradies der Liebe und des Vertrauens in ihren blauen Augen. »Du Otto, mein lieber Otto, gib mir in Gottes Namen die Hand, und folge mir in Frieden nach deinem Gemach.« – Sie schritt auf ihn zu, so beherzt und liebevoll, daß alle mit Zuversicht ihrem Sieg entgegen sahen, wie dem Siege der Jungfrau, die in heiligen Bildern auf dem Monde und über dem Drachen steht, aber der Sturm in Ottos verwirrten Sinnen fuhr noch wütender auf. – »Was will die Hexe«, schrie er, »die bleiche Hexe!« und mit einer Schwertwunde in der freundlich dargebotenen Hand taumelte Bertha zurück. Heerdegen fing die Schwester auf; seine Blicke trafen glühend den wahnsinnigen, umhertanzenden Gegner, aber er konnte von der schneeig zarten Bürde nicht zum Angriffe los.

      Da trat der Seekönig Arinbiörn mit seiner Streitaxt vor. – »So soll doch der teuflische Kerl das Blut der holden Jungfrau büßen«, rief er aus, »oder ich schütte meines allsamt zu dem ihrigen auf den Estrich!« – Und gehobner Waffe schritt er heran. – »Hu, Geierfittich! Hu, Totenschädel!« schrie der Tolle. »Willst noch 'nen Hieb von mir? Da wart, du Satan, wart!« – »Hei Satan selbst!« rief Arinbiörn zurück, und über die wirbelnde Klinge hin, durch ihre Schwingungen auf das Barett hernieder fuhr die gewaltige Streitaxt. Otto sank ohne Laut und Regung zu Boden.

      Es mochte schon hoch gegen den Mittag des andern Tages gehn, da kam Otto aus der langen Betäubung wieder zu sich selbst; aber er konnte die Augen nicht aufschlagen, und auch kein Glied bewegen. Zu Anfang war es ihm, als läge er schon als Leiche da, und die Seele könne nur aus dem starren Leibe noch nicht heraus, und wie er sich nach und nach auf mancherlei besann, was gestern vorgefallen war, meinte er, der Seekönig Arinbiörn habe ihn mit seinem ungeheuern Hallebartenhiebe erschlagen. Doch fühlte er bald, daß er wohl noch leben müsse, und daß er auf weichen Kissen ruhe, sorgfältig zugedeckt, auch daß die Wunde am Haupte nur schwach sein möge, und ihn wenig schmerze, vorzüglich weil eine leichte Hand immer kühlende Tücher darüber schlang, und die alten Verbände jedesmal so schonend wegzog, daß er gar kein Wehetun dabei empfand. Aber jene Regungslosigkeit lag starr und unabänderlich auf ihm fest.

      Da hörte er endlich eine Stimme, die er für Gabrielens erkannte, sagen: »Er ist doch also gewiß außer aller Gefahr?« – Und schon wollte er sich der zarten, bräutlichen Sorgfalt erfreuen, als eine männliche Stimme, einem der weisen Meister aus dem gestrigen Kreise gehörig, antwortete: »Ich stehe Euch mit Leib und Leben dafür, Ihr und wir alle können ohne die geringste Besorgnis abreisen, denn Ihr habt alle Eure Pflichten gegen den unglücklichen Jüngling erfüllt. Was ihn jetzo noch in der Ohnmacht festhält, ist nicht die leichte Wunde, denn der Hieb ward von der Schwertesschneide gebrochen und von dem samtenen Barett gestumpft, sondern einzig und allein die Mattigkeit, welche dem armen Besessenen und Teufelsergebnen nach seinem dämonischen Bluttanz in die Glieder gesunken ist.« – So viele Worte, so viele Dolche fuhren mit dieser Rede durch Ottos Ohr bis tief in das Herz hinein. Die Greuel des gestrigen Tages stiegen allesamt vor seinem Geiste auf, und trieben in der stumpfen Bewegungslosigkeit des Körpers ein desto freieres Spiel. Ein leises Schluchzen, das sich dabei am Hauptende des Ruhebettes vernehmen ließ, und zwischen welchem die Worte bedauernd durchdrangen: »Ach armer Otto, ach armer, guter verlorner Otto!« fiel wohl wie mildernder Tau in seines Herzens Wunden; aber es war ihm, als töne es fern aus seiner friedlichen Kindheit von der seligen Mutter Lippen herüber, und hier in der lebendigen Welt kenne und liebe ihn dennoch kein Mensch. Da hörte er wieder, daß Gabriele sagte: »Ich habe auch dem Freiherrn von Montfaucon seiner Schwester Ring bereits wieder zugestellt, bis auf einen andern Kampf, denn durch den verhexten und gebannten Fechter hier mag und darf ich ja nichts gewinnen; ich muß nur Gott danken, daß die Larve vom Teufelsantlitz abfiel, bevor ich dem bösen Magier durch die heiligen Bande der Kirche verbunden war.« – «Ja, wir merkten es gleich«, sagten einige männliche Stimmen, »daß es nicht mit rechten Dingen zuging. Wie hätte denn ein so junger Knab' sonsten den starken Freiherr von Montfaucon bezwingen können!« – »Ach, und doch ist es so schade um die holde Gestalt!« seufzte Gabriele. »Wenn er das treuherzige Blauauge in die Höhe schlug, man hätte sich und die ganze Welt ihm gerne vertraut.« – »Daß Ihr Euch nur nicht auch noch jetzo von ihm umstricken lasset!« warnten einige Weiberstimmen, und zugleich ging die Türe auf, und Edelknechte meldeten, alles seie zur Abreise fertig. Mit einem schweren Seufzer wandte sich Gabriele weg, und schritt hinaus, alle die andern ihr nach; Otto hörte, wie sein Minneglück und sein ehrlicher Ruf von hinnen schied, und vermochte noch immer nicht Zunge, nicht Auge, nicht Hand zu regen. Da lag er in trüber Verlassenheit allein.

      Aber nicht ganz allein; das spürte er an den kühlenden Tüchern, die ihm noch immer um das Haar geschlungen wurden, und an dem leisen Weinen zu seines Lagers Häupten. Manchmal war es auch, als streichle eine zarte Hand mit scheuer Flüchtigkeit seine kalten Wangen.

      Da schmetterte ihm plötzlich Heerdegens Stimme vor den Ohren: »Schwester«, rief er, »was hast du noch länger bei dem Teufelsknechte zu tun? Soll er erwachen, und dich noch einmal verwunden? Frisch auf! Die Pferde warten! Die andern sind schon alle fort, selbst Montfaucon und Fräulein Blancheflour, und die alte graue Veste steht nun ganz verödet und verwaist.« – Und als Bertha, etwas wie leise Bitten hervorseufzte, fuhr er heraus: »Mach mich nicht wild! Wie viele edle Ritter würden dem Tode froh entgegenreiten, gält' es dein Herz und deine Hand! Und der hier darf dir Herz und Hand verwunden. Ich bitte dich, reize mich nicht; ich könnt ein unritterliches Stück begehen, und mich an dem Ohnmächtigen vergreifen.« – Da fühlte Otto, wie noch zum letztenmal das kühlende Tuch sich um seine Schläfe wand, und alsdann Bertha schluchzend mit ihrem Bruder aus dem Gemache floh. Bald darauf konnte er ihre Pferde den gepflasterten Burgweg hinunter traben hören.

      Nun war er ganz allein. –

      Die Ohnmacht erbarmte sich seiner, und warf abermals ihre dunkelnden Fittiche um ihn her.

      Spät gegen Abend erwachte er zum zweiten Male. Die starre Bewegungslosigkeit war von seinen Gliedern gewichen, er hob sich stöhnend empor, und vor seinen wieder erschlossenen Augen spielte der Abendstrahl schräg durch die Scheiben auf seinen rings umhergestreuten Waffenstücken. Schmerzlich kehrte er sich ab von diesen Zeugen seiner noch jüngst so helleuchtenden Glorie, und wankte ans Fenster. Er sah über die Burgmauer grad hinab in den Talgrund, und als er es, durstig nach der friedeliebenden Abendluft, aufstieß, hörte er, daß Kriegsleute durch den Forst ritten, und folgende Worte sangen:

      »Wir wären lange schon gekommen,

       Wir meinten's längst im Sinne gut;

       Doch fehlt es am Panier den Frommen,

       Und blöd und einzeln schwieg der Mut.«

      Er erkannte das Lied, welches Blondel an jenem lieblichen Abende ihm und Tebaldo vorgesungen hatte. »Ach«, rief er aus, »wenn das König Richard Löwenherzens Kriegsleute wären, und ich dürfte mit ihnen ziehen in das heilige Land.« – Und wieder hörte er singen:

      »Jetzt tönt ein freudiger Sang von allen,

       Steigt zuversichtlich himmelwärts;

       Panier, Panier, wir sehn dich wallen,

       Bist König Richard Löwenherz!«

      Und zugleich kamen die geharnischten Sänger aus dem Walde hervorgeritten, auf hohen herrlichen Pferden, der Rüstung nach jenen ganz gleich, welche damals den holden Minstrel Blondel geleitet hatten. Otto wollte ihnen schon zurufen, sie möchten warten, er werde mit ihnen ziehen; da hielten sie ganz von selbst, und sprachen mit einigen Knappen und Reisigen, die Otto nun erst unten an der Steinwand des Kastells sitzend wahrnahm. Die fahrenden Krieger erzählten, wie sie zu König Löwenherzens Schar gehörten, und seinen Nachtrab bildeten; er selber seie lange schon voraus. Dann fragten sie, warum es denn hier so still auf der stattlichen Burg aussehe? – »Gestern früh hättet ihr nicht so fragen können«, entgegnete ein alter Reisiger. »Aber jetzunder ist niemanden oben, als ein verhexter Ritter, der sich dem СКАЧАТЬ