Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Ricarda Huch страница 28

Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ angewiesen und konnten höchstens durch einen Personenwechsel vorübergehend zu gewinnen hoffen. Beide waren mächtig, wenn auch auf verschiedene Weise: dem Papst gehörte nur eine kleine Provinz, aber er herrschte über die religiösen Gefühle und Gedanken aller Christen, und sein Thron stand auf den Trümmern der alten Weltstadt Rom; der König war der Anführer der deutschen Ritter, die an die Stelle römischer Legionen getreten waren, aber ihm gehörte nur, was er sich durch eigene Kraft unterwarf. Beide konnten sich gegeneinander ihrer Macht nur soweit bedienen, als sie nicht sich selbst dadurch verletzten.

      Heinrich, der seine hohe Gestalt und sein blondes Haupt vor dem häßlichen kleinen Mönchspapst gebeugt hatte, blieb im Herzen unbeugsam. Während der Papst im geheimen die Krönung des Gegenkönigs betrieb, trat er als rechtmäßiger König auf und hoffte auf einen Waffensieg über die Gegner. Rudolf fiel in der Schlacht und wurde in Merseburg begraben; schon vorher hatte Heinrich einen treuen Anhänger, den Grafen Friedrich von Büren, zum Herzog von Schwaben erhoben und dem bis dahin in bescheidenen Verhältnissen lebenden jungen Mann seine Tochter Agnes zur Frau gegeben. Nachdem Gregor den König von neuem exkommuniziert hatte, erklärte Heinrich auf einer Synode in Brixen mit mehreren Bischöfen in maßloser Sprache und unter ungeheuren Beschuldigungen Gregor für abgesetzt und Bischof Wibert von Ravenna zum Papst. Dann zog er nach Italien, erkämpfte sich den Einzug in Rom, wo ein Teil der Bevölkerung ihm anhing, und ließ sich von Wibert zum Kaiser krönen. Gregor wäre verloren gewesen, hätte er sich nicht den Beistand der Normannen gesichert gehabt, die in Unteritalien nach Verdrängung der Griechen und Sarazenen ein Reich gebildet und vom Papst zu Lehen genommen hatten. Wie einst die Päpste bei den Franken Schutz gegen die Langobarden gesucht hatten, so suchten sie jetzt gegen die zu Nachbarn gewordenen Deutschen Schutz bei den neu eingedrungenen Barbaren, die ihre Eroberung gern durch die Anerkennung von seiten einer rechtmäßigen Macht stützten. Obwohl Heinrich bedeutende Erfolge errungen hatte, ging in Deutschland und in Italien der Kampf weiter. Die großen grundsätzlichen Gegensätze, die ausgesprochen waren, zogen wie weithin sichtbare Fahnen Anhänger an sich und zwangen jeden, Partei zu nehmen. Streitschriften wurden gewechselt, die zwar lateinisch verfaßt waren, deren Inhalt sich aber doch auch unter den Laien verbreitete.

      Die italienischen Bischöfe waren dem Kaiser im allgemeinen anhänglicher als die deutschen. Viele von ihnen waren Deutsche, allein der scharfsinnigste und folgerichtigste unter ihnen, Benzo von Alba, scheint ein Süditaliener, vielleicht griechischer Abkunft gewesen zu sein. Er brachte die Ansichten der älteren Bischöfe, die nicht daran zweifelten, daß der König das Recht habe, die Bischöfe einzusetzen, in eine zusammenhängende Theorie. Da die Bischöfe vom Könige weltliche Lehen empfingen, schuldeten sie ihm Gehorsam, begleiteten sie ihn doch auch wie andere Vasallen auf seinen Feldzügen als Anführer der Kriegsleute, die sie ihm zu stellen hätten. Da nun alle Bischöfe einander gleich seien, sagte Benzo, stehe auch der Papst unter dem Kaiser, und wenn er den Papst nicht einsetze, so dürfe doch wenigstens ohne seine Zustimmung kein Papst konsekriert werden. Über dem Kaiser stehe nur Gott, verglichen mit dem Kaiser wären alle Könige der Erde nur kleine Provinzkönige. Damit diese mystische Königsmacht eine irdisch sichere Grundlage bekomme, machte Benzo den merkwürdigen Vorschlag, eine allgemeine Steuer zu erheben, die den Kaiser in den Stand setzen würde, Beamte anzustellen und Söldner zu unterhalten, so daß er von seinen Lehensleuten unabhängig würde. Das Beispiel für eine solche Einrichtung fand er in Unteritalien, wo ähnliche Einrichtungen aus der römischen Zeit sich erhalten hatten. Kaum hätte ein derartiger Vorschlag in Deutschland unter Deutschen gemacht werden können, die jede Auflage von Steuern als einen unerträglichen Angriff auf die Rechte des freien Mannes betrachteten. Vielleicht erklärt sich auch daraus, daß die Idee des zentralisierten Staates sich in Italien erhalten hatte, die Anhänglichkeit der italienischen Bischöfe an den Kaiser.

      Einer der namhaftesten Verfechter des Kaiserrechtes in Deutschland, Walram von Naumburg, suchte auch dem Papst gerecht zu werden. Einigkeit zwischen Kaiser und Papst müsse herrschen, sagte er, da beide über das Reich gesetzt wären, in die weltliche Herrschaft aber habe der Papst sich nicht zu mischen. Der Kaiser sei unabsetzbar, dem Papst bestritt er das Recht, die Untertanen vom Treueid zu lösen und dadurch eine Spaltung herbeizuführen. Die Bestimmung des Papstes, der Nachfolger Christi zu sein, wurde herangezogen, um ihm das Entzünden von Kriegen zum Vorwurf zu machen.

      Die Anhänger des Papstes beriefen sich auf das Recht des Volkes, den König zu wählen, was das Recht, ihn abzusetzen, in sich schließe. Der Chorherr Manegold von Lautenbach beleuchtete das Vernunftgemäße dieses Rechtes, indem er darauf hinwies, daß jeder Verständige einen Schweinehirten, der die Herde nicht hütete, sondern verkommen ließe, mit Schimpf und Schande davonjagen würde; wieviel mehr müsse man mit einem untauglichen König aufräumen. Gerade für das Königreich dürfe man nicht einen beliebigen Tyrannen oder Schuft bestellen, sondern einen, der durch Adel und inneren Wert hervorrage. Durch Tyrannei breche der König den Vertrag, der für seine Einsetzung maßgebend gewesen sei, das Volk sei ihm keine Treue mehr schuldig.

      Tyrannei und Willkür warfen andere Bischöfe dem Papst vor, wenn auch die meisten nicht so weit gingen, den Primat des Papstes zu leugnen. Sie hielten es aber für eine unerhörte Neuerung, daß der Papst sich in die bischöflichen Diözesanrechte einmischen und sie wie Knechte ein- und absetzen wolle, wie sie überhaupt Gregors Theorie, daß der Papst durch sein Amt heilig und unfehlbar werde, ablehnten. In einer von Heinrichs Schlachten kämpften sechzehn Bischöfe auf seiner Seite.

      Das Seltsame und Entscheidende ist nun aber, daß auch die treuen Anhänger des Kaisers vor ihrem Tode den Frieden mit der Kirche suchten, soweit sie sich nicht schon früher bekehrt hatten. Gerade über die Deutschen hatte die Kirche mehr Macht als der Staat. Wohl war auch die Person des Königs in mystische Vorstellungen eingetaucht und über die Ebene des Irdischen erhoben; aber sein Walten verknüpfte sich doch nicht so mit dem Seelenleben der Menschen wie das der Kirche, die das Kind taufte, dem Erwachsenen das Abendmahl, dem Sterbenden die letzte Wegzehrung reichte und mit ihm betete. Alle Gedanken und Gefühle, die über das Irdische und Alltägliche hinweg der ewigen Heimat zustrebten, waren mit der Kirche verbunden; die blieb unangetastet, was für Vorwürfe auch gegen die Pfaffen erhoben werden mochten. Dachte doch der Kaiser selbst niemals daran, das Papsttum als solches anzugreifen, war er doch vielmehr immer geneigt, wo sich die Möglichkeit der Versöhnung zeigte, die Hand dazu zu bieten, und nie war er zu stolz, um sich vor dem römischen Bischof wie vor Gott in den Staub zu werfen. Obwohl die Kaiser sich im einzelnen Falle das Recht nahmen, den Papst abzusetzen, stritten sie ihm grundsätzlich nie das Recht ab, von ihnen die Ehrfurcht zu verlangen, die der Sohn dem Vater schuldig ist.

      Der Tod Gregors VII., der fern von Rom im Schutz der Normannen starb, bedeutete für Heinrich IV. keine Erleichterung; denn Gregors Nachfolger traten in seinen Ideenkreis ein, und die Bischofseinsetzung blieb eine unlösbare Streitfrage. Daß es der Kurie gelang, die beiden Söhne des Königs, Konrad und Heinrich, nacheinander gegen den alternden Vater aufzuhetzen, offenbart die Zerrüttung des salischen Hauses, das seinem Ende zuging. Von seinem Sohne bekämpft und entthront starb der erst 55jährige Kaiser in Lüttich, vom dortigen Bischof und dem Herzog von Lothringen mit Liebe aufgenommen.

       Inhaltsverzeichnis

      Als Heinrich IV. im Jahre 1073 vor den Sachsen fliehen mußte, als der Papst ihn gebannt, der Erzbischof von Mainz ihn abgesetzt hatte, als er krank und verlassen in Ladenburg sich aufhielt, kamen Bürger von Worms zu ihm, um ihn feierlich in ihre Stadt einzuholen. Sie kamen in Wehr und Waffen, um ihm zu zeigen, daß eine Mannschaft vorhanden sei, die es mit vielen Feinden aufnehmen könne. Hatten sie doch schon die bischöflichen Krieger aus der Stadt verjagt und hätten sie doch auch den Bischof selbst gefangengenommen, wenn er nicht entflohen wäre. Sie gelobten dem Kaiser Treue, sie besteuerten sich selbst, um die Kriegskosten zu decken; ohne sein Zutun gewann er eine ummauerte Stadt als Zufluchtsort, ein zuverlässiges Heer, das Gut und Blut für ihn zu opfern bereit war.

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