Die Erde. Emile Zola
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Название: Die Erde

Автор: Emile Zola

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726683325

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СКАЧАТЬ Umsicht an, die mit langen Pausen und unnützen Worten die geringste Verhandlung ertränken. Er hatte ein Federmesser aufgeklappt, er schnitt sich die Fingernägel.

      „Nicht wahr, man muß annehmen, daß Ihr Euch entschlossen habt“, wiederholte er schließlich, die Augen starr auf den Alten gerichtet.

      Dieser drehte sich um, warf einen Blick auf alle, bevor er, die Worte suchend, sagte:

      „Ja, das kann wohl sein, Herr Baillehache ... Ich habe mit Ihnen bei der Ernte davon gesprochen. Sie haben mir gesagt, ich soll mir das mehr durch den Kopf gehen lassen, und ich habe mir das mehr durch den Kopf gehen lassen, und ich sehe, daß es damit trotzdem dahin kommen muß.“ Er setzte in unterbrochenen, von fortgesetzten Einwürfen zerschnittenen Sätzen auseinander warum. Was er aber nicht sagte, was aus der in seiner Kehle zurückgestauten Erregung hervorging, war die unendliche Traurigkeit, der dumpfe Groll, das Zerreißen seines ganzen Leibes, weil er sich von diesem Besitz trennen sollte, den er vor dem Tode seines Vaters so heiß begehrt, später mit einer brünstigen Erbitterung bebaut, dann Fetzen um Fetzen um den Preis filzigsten Geizes vermehrt hatte. Solch ein Stückchen Land bedeutete Monate bei Käse und Brot, Winter ohne Feuerung, Sommer voller Arbeit bei brennender Hitze ohne andere Stärkung als ein paar Schluck Wasser. Er hatte die Erde als Frau geliebt, die tötet und für die man mordet. Weder Gattin noch Kinder, noch irgend jemand, nichts Menschliches: die Erde! Und da war er nun alt geworden, mußte diese Geliebte an seine Söhne abtreten, wie sein Vater sie ihm selber abgetreten hatte, wütend über sein Unvermögen. „Sehen Sie, Herr Baillehache, man muß Vernunft annehmen, es geht nicht mehr mit den Beinen, die Arme sind kaum besser, und freilich, die Erde leidet darunter ... ʼs hätte noch gehen können, wenn man sich mit den Kindern verständigt hätte ...“ Er warf einen kurzen Blick auf Geierkopf und auf Jesus Christus, die sich nicht rührten, die Augen in die Ferne gerichtet hatten, gleichsam hundert Meilen weit weg waren von dem, was er sagte. „Aber was? Soll ich Leute nehmen, Fremde, die uns ausplündern? Nein, das Gesinde, das ist zu teuer, das frißt heutzutage den Verdienst weg ... Ich, ich kann also nicht mehr. Sehen Sie, zu dieser Jahreszeit, nun ja, da habe ich kaum die Kraft gehabt, von den neunzehn Sestern, die ich besitze, ein Viertel zu bebauen, gerade genug zum Essen, Getreide für uns und Heu für die beiden Kühe ... Na ja, das zerreißt mir das Herz, zu sehen, wie diese gute Erde verkommt. Ja, lieber lasse ich alles fahren, als daß ich diese Pfuscherei mitmache.“ Die Stimme versagte ihm, mit einer hilflosen Gebärde brachte er all seinen Schmerz und seinen Verzicht zum Ausdruck.

      Fügsam, erdrückt von mehr als einem halben Jahrhundert Gehorsam und Arbeit, hörte seine Frau neben ihm zu.

      „Neulich“, fuhr er fort, „ist Rose beim Käsemachen mit der Nase reingefallen. Mich, mich haut’s schon um, bloß wenn ich im Wägelchen zum Markt fahre ... Und dann die Erde, man kann sie nicht mitnehmen, wenn man von hinnen geht. Man muß sie rausrücken, man muß sie rausrücken ... Schließlich haben wir genug gearbeitet, wir wollen in Ruhe verrecken ... Nicht wahr, Rose?“

      „Gerade so ist’s, wie der liebe Gott uns sieht!“ sagte die Alte.

      Ein neues Schweigen herrschte, ein sehr langes Schweigen. Der Notar schnitt sich die Fingernägel fertig. Er legte schließlich das Federmesser auf seinen Schreibtisch zurück und sagte dabei:

      „Ja, das sind vernünftige Gründe, man ist oft gezwungen, sich zur Schenkung zu entschließen ... Ich muß hinzufügen, daß sie für die Familien eine Ersparnis ist, denn die Erbschaftssteuern sind höher als die Steuern für die Güterabtretung ..."

      Geierkopf konnte trotz seiner gespielten Gleichgültigkeit nicht den Ausruf zurückhalten:

      „Das stimmt also, Herr Baillehache?“

      „Aber zweifellos. Ihr werdet dabei ein paar Hundert Francs verdienen.“

      Die anderen gerieten in Bewegung, selbst Delhommes Gesicht erhellte sich, während der Vater und die Mutter ebenfalls diese Genugtuung teilten. Es war abgemacht, von dem Augenblick an war es eine beschlossene Sache, da das weniger kostete.

      „Es bleibt mir noch, euch die üblichen Einwände darzulegen“, fügte der Notar hinzu. „Viele tüchtige Köpfe mißbilligen die Güterabtretung, die sie als unmoralisch ansehen, denn sie beschuldigen sie, die Familienbande zu zerstören ... Man könnte wirklich beklagenswerte Tatsachen anführen, die Kinder benehmen sich mitunter sehr schlecht, wenn sich die Eltern von allem entäußert haben ...“

      Die beiden Söhne und die Tochter hörten offenen Mundes, mit zuckenden Augenlidern und bebenden Wangen zu.

      „Mag Papa alles behalten, wenn er so was denkt!“ unterbrach Fanny barsch, die sehr empfindlich war.

      „Wir sind immer in der Schuld gewesen“, sagte Geierkopf. „Und vor der Arbeit haben wir keine Angst“, erklärte Jesus Christus.

      Mit einer Handbewegung beruhigte Herr Baillehache sie.

      „Laßt mich also zum Ende kommen! Ich weiß, daß ihr gute Kinder seid, ehrbare Arbeiter; und bei euch besteht sicher keine Gefahr, daß eure Eltern es eines Tages bereuen.“ Er legte keinerlei Ironie hinein, er wiederholte den freundlichen Satz, der ihm bei seiner fünfundzwanzigjährigen Berufsgewohnheit glatt über die Lippen floß.

      Die Mutter aber ließ, obgleich sie nicht begriffen zu haben schien, ihre eng zusammenstehenden Augen umherschweifen, von ihrer Tochter zu ihren beiden Söhnen. Sie hatte sie alle drei aufgezogen, ohne Zärtlichkeit, mit der Kälte einer Frau, die sparsam wirtschaftet und die den Kleinen vorwirft, zuviel von dem zu essen, womit sie spart. Dem Jüngsten, dem grollte sie, weil er von Hause ausgerückt war, als er endlich verdiente; die Tochter, mit der hatte sie sich niemals vertragen können, sie war verletzt, weil sie sich an ihrem eigenen Blut stieß, an einer rührigen, kräftigen Person, bei der der Verstand des Vaters in Hochmut umgeschlagen war; und ihr Blick wurde erst milder, als er auf dem Ältesten verweilte, diesem Taugenichts, der weder von ihr noch von ihrem Mann irgend etwas hatte, dieses Unkraut, von dem man nicht wußte, woher es gesprossen war, und vielleicht übte sie deshalb Nachsicht mit ihm und zog ihn vor.

      Auch Fouan hatte seine Kinder eines nach dem anderen angesehen mit dem dumpfen Unbehagen, was sie wohl mit seinem Besitz machen würden. Die Faulheit des Trunkenbolds ängstigte ihn weniger als die genießerische Begehrlichkeit der beiden anderen. Er schüttelte seinen zitternden Kopf: Wozu sich das Blut vergällen, wo es doch sein mußte!

      „Da nun die Aufteilung beschlossen ist“, fuhr der Notar fort, „handelt es sich darum, die Bedingungen festzusetzen. Seid ihr euch einig über das zu zahlende Jahresgeld?“

      Auf einen Schlag wurden alle wieder reglos und stumm. Die gegerbten Gesichter hatten einen starren Ausdruck angenommen, den undurchdringlichen Ernst von Diplomaten, die die Abschätzung eines Kaiserreiches vornehmen. Dann tasteten sie sich mit einem kurzen Blick ab, aber noch sprach niemand. Wieder war es der Vater, der die Dinge erläuterte.

      „Nein, Herr Baillehache, wir haben nicht darüber geredet, wir haben gewartet, bis wir alle zusammen sind hier ... Das ist aber sehr einfach, nicht wahr? Ich habe neunzehn Sester oder neun und einen halben Hektar, wie man jetzt sagt. Wenn ich also verpachte, würde das doch neunhundertfünfzig Francs machen, den Hektar zu hundert Francs ...“

      Geierkopf, der am wenigsten Geduld hatte, fuhr hoch von seinem Stuhl.

      „Wie! Zu hundert Francs den Hektar! Macht Ihr Euch über uns lustig, Vater?“

      Und eine erste Auseinandersetzung entspann sich über die Zahlen. Da war ein Sester Wein: das, ja, das würde man für fünfzig Francs gepachtet haben. Aber wäre man jemals auf diesen Preis gekommen, wenn es um die zwölf Sester Ackerland ging СКАЧАТЬ