Die Erde. Emile Zola
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Erde - Emile Zola страница 28

Название: Die Erde

Автор: Emile Zola

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726683325

isbn:

СКАЧАТЬ Verwunderung versetzte. Das Wägelchen schien leer zu sein, niemand saß mehr auf der Bank, und das Pferd, das sich selbst überlassen war, trottete als ein Tier, das seinen Weg kannte, zu seinem Stall zurück. Deshalb hatte der junge Mann es rasch eingeholt. Er brachte es zum Stehen, stellte sich auf die Zehenspitzen, um in den Wagen zu schauen; ein Mann lag auf dem Boden, ein dicker, untersetzter Mann von sechzig Jahren, der hintübergefallen und dessen Gesicht so rot war, daß es schwarz wirkte.

      Jeans Überraschung war so groß, daß er laut anfing zu reden: „He! Mann! – Schläft der denn? Hat der denn getrunken? – Sieh mal an, das ist ja der alte Fliege, der Vater von den beiden da drüben! – Ich glaube, Himmelsakrament, der hat ins Gras gebissen! Na, das ist mir eine Geschichte!“

      Aber Fliege, den ein Schlaganfall getroffen hatte, atmete noch mit einem schwachen mühsamen Schnaufen. Da setzte sich Jean, nachdem er ihn ausgestreckt und seinen Kopf hochgelegt hatte, auf die Bank und peitschte auf das Pferd ein, um den Sterbenden in raschem Trab nach Hause zu bringen, weil er Angst hatte, daß er ihm unter den Händen hinüberginge.

      Als er auf den Kirchplatz einbog, sah er gerade Françoise, die vor ihrer Tür stand. Der Anblick dieses Burschen, der in Vater Flieges Wagen saß und das Pferd lenkte, machte sie stutzig. „Was ist denn?“ fragte sie.

      „Deinem Vater geht’s nicht gut.“

      „Wo ist er?“

      „Da, schau rein!“

      Sie kletterte auf das Rad, schaute hinein. Einen Augenblick verharrte sie stumpfsinnig und schien nichts zu begreifen angesichts dieser blau angelaufenen Maske, deren eine Hälfte sich krampfartig verzerrt hatte, als sei sie gewaltsam von unten nach oben gerissen worden. Die Nacht sank herab, eine große fahle Wolke, die den Himmel gilbte, beleuchtete den Sterbenden wie den Widerschein einer Feuersbrunst. Dann brach Françoise auf einmal in Schluchzen aus, sie rannte davon, verschwand, um ihrer Schwester Bescheid zu sagen.

      „Lise! Lise! – Ach, mein Gott!“

      Jean, der allein geblieben, war unschlüssig. Man konnte jedoch den Alten nicht auf dem Boden des Wägelchens liegen lassen. Der Fußboden des Hauses lag drei Stufen tiefer als der Platz; und es erschien ihm wenig bequem, in dieses düstere Loch hinunterzusteigen. Dann fiel ihm ein, daß links von der Dorfstraße aus eine andere Tür zu ebener Erde zum Hof führte. Dieser Hof, der ziemlich geräumig war, wurde von einer grünen Hecke umzäunt; das fuchsrote Wasser eines Tümpels nahm zwei Drittel des Hofes ein, und ein Gemüse- und Obstgarten von einem halben Arpent schloß ihn ab. Da ließ Jean das Pferd los, das von selber heimging und vor seinem Stall stehenblieb, neben dem Kuhstall, in dem die beiden Kühe untergebracht waren. Aber unter Schreien und Tränen kamen Françoise und Lise angelaufen. Lise, die vor vier Monaten entbunden hatte, war überrascht worden, während sie den Kleinen stillte, und hatte ihn in ihrer Bestürzung auf dem Arm behalten. Françoise stieg wieder auf ein Rad, Lise kletterte auf das andere, beider Gejammer wurde herzzerreißend, während Vater Fliege auf dem Boden des Wägelchens immer noch mühselig pfeifend atmete. „Vater, antworte doch, sag doch was! – Was hast du denn? Sag doch! Was hast du denn? Mein Gott! – Du hast’s also im Kopf, daß du nicht einmal was sagen kannst? – Vater, Vater, sag doch was, antworte doch!“

      „Kommt runter, es ist besser, wenn wir ihn da rausnehmen“, bemerkte Jean umsichtig.

      Sie halfen ihm nicht, sie schrien noch lauter. Glücklicherweise zeigte sich endlich eine Nachbarin, die Frimat, die der Lärm herbeigelockt hatte. Das war eine lange, dürre, knochige Greisin, die seit zwei Jahren ihren gelähmten Mann pflegte und ihm das Brot verdiente, indem sie mit der Hartnäckigkeit eines Arbeitstiers selber den einzigen Arpent bestellte, den sie besaßen. Sie verlor nicht die Fassung, schien das Ereignis als natürlich anzusehen, und wie ein Mann legte sie Hand mit an. Jean packte Fliege bei den Schultern, zog ihn, bis ihn die Frimat an den Beinen fassen konnte. Dann trugen sie ihn weg, schafften ihn ins Haus.

      „Wo sollen wir ihn denn hinlegen?“ fragte die Alte.

      Die beiden Töchter, die hinterherkamen, waren kopflos und wußten es selber nicht. Ihr Vater bewohnte oben eine Kammer, die man vom Boden abgeteilt hatte; und es war kaum möglich, ihn hochzubringen. Unten war hinter der Küche die große Stube mit den zwei Betten, die er den Töchtern überlassen hatte. In der Küche herrschte stockfinstere Nacht, der junge Mann und die alte Frau, denen die Arme wie zerschlagen waren, warteten und wagten sich nicht weiter, weil sie Angst hatten, über ein Möbelstück zu purzeln.

      „Los, es muß doch ein Entschluß gefaßt werden!“

      Endlich zündete Françoise eine Kerze an. Und in diesem Augenblick kam die Bécu herein, die Frau des Feldhüters, die zweifellos durch ihren Spürsinn benachrichtigt worden war, durch jene geheime Kraft, die innerhalb einer Minute eine Neuigkeit von einem Ende eines Dorfes zum anderen trägt.

      „Na, was hat er denn, der arme liebe Mann? – Ach, ich sehe schon, das Blut ist ihm im Leib geronnen ... Schnell, setzt ihn auf einen Stuhl.“

      Aber die Frimat war gegenteiliger Ansicht. Setzte man denn einen Mann hin, der sich nicht aufrecht halten konnte? Das beste sei, ihn lang auf das Bett einer seiner Töchter zu legen.

      Und der Wortwechsel nahm an Schärfe zu; da erschien Fanny mit Nénesse: sie hatte von der Geschichte erfahren, als sie bei Macqueron Fadennudeln kaufte, sie kam nachsehen, war erschüttert wegen ihrer Kusinen.

      „Vielleicht“, erklärte sie, „muß man ihn hinsetzen, damit das Blut fließt.“

      Alsdann wurde Fliege neben dem Tisch, auf dem die Kerze brannte, auf einen Stuhl gepackt. Das Kinn fiel ihm auf die Brust, seine Arme und seine Beine hingen herab. Das linke Auge hatte sich bei der Zerrung dieser Gesichtshälfte geöffnet, und aus dem verzogenen Mundwinkel pfiff es stärker. Schweigen entstand, der Tod drang ein in den feuchten Raum mit dem gestampften Lehmfußboden, den aussätzigen Wänden, dem großen schwarzen Kamin.

      Verlegen wartete Jean immer noch, während die beiden Töchter und die drei Frauen müßig herumstanden und den Alten betrachteten.

      „Ich werde noch den Arzt holen“, wagte der junge Mann zu sagen.

      Die Bécu schüttelte den Kopf, keine der anderen antwortete: wenn das nichts auf sich haben sollte, warum dann das Geld für einen Arztbesuch ausgeben? Und wenn das das Ende war, würde dann der Arzt irgend etwas dabei machen können?

      „Gut sind Wundmittel“, sagte die Frimat.

      „Ich“, murmelte Fanny, „ich habe Kampferspiritus.“

      „Das ist auch gut“, erklärte die Bécu.

      Lise und Françoise, die beide verstört waren, hörten zu, entschieden sich für nichts; die eine wiegte Jules, ihren Kleinen, und die andere war hilflos, weil ihre Hände eine Tasse Wasser hielten, die der Vater nicht hatte trinken wollen. Und als Fanny das sah, stieß sie Nénesse an, der in Gedanken versunken dastand angesichts der Grimasse des Sterbenden.

      „Lauf zu uns nach Hause und sag, daß man dir das Fläschchen Kampferspiritus geben soll, das links im Schrank steht ... Verstehst du? Links im Schrank ... Und geh bei Großvater Fouan vorbei, geh bei deiner Tante vorbei, bei der Großen, sag ihnen, daß es Onkel Fliege sehr schlecht geht ... Lauf, lauf schnell!“ Als der Bengel mit einem Satz verschwunden war, erörterten die Frauen den Fall weiter. Die Bécu kannte einen Herrn, den man gerettet hatte, indem man ihm drei Stunden lang die Fußsohlen kitzelte. Da der Frimat eingefallen war, daß sie noch Lindenblütentee von den beiden im letzten Winter für ihren Mann gekauften Sous-Packungen übrig hatte, ging sie ihn holen; und sie kam mit СКАЧАТЬ