Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski. Henryk Sienkiewicz
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Читать онлайн книгу Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz страница 34

СКАЧАТЬ und Boden und daß Du Bauern von ihm bekommst – dann wird er Dich wohl als Ritter gürten und sich beim König für Dich verwenden. Er wäre ein guter Fürsprecher – oder nicht?«

      Rasch riß Danusia von ihren blonden Haaren unter dem Rautenkranze hervor den weißen Schleier und umhüllte damit fast das ganze Haupt Zbyszkos.

      Zbyszko hörte schweigend zu, während Macko, gleichsam von seinen eigenen Worten hingerissen, fortfuhr: »Nein, es ist Dir nicht bestimmt, jetzt schon zu sterben! Du wirst nach Bogdaniec zurückkehren. Und bist Du dort, so mußt Du sogleich ein Weib nehmen, damit unser Geschlecht nicht untergehe. Erst wenn Du Nachkommenschaft hast, magst Du Lichtenstein zum Kampfe herausfordern, doch zuvor hüte Dich Deiner Rache Genüge zu thun, sonst könntest Du irgendwo in Preußen überfallen werden, gerade wie ich. – Nicht mehr zu helfen wußte ich mir – nimm jetzt meinen Rock, meine Kapuze und gehe mit Gott!«

      Macko erhob sich bei diesen Worten und stand im Begriffe, sich auszukleiden, doch Zbyszko sprang auf und hinderte ihn daran, indem er sagte: »Das, was Ihr von mir verlangt, thue ich nicht, so wahr mir Gott helfe und das heilige Kreuz!«

      »Warum?« fragte Macko voll Verwunderung.

      »Weil ich es nicht thue!«

      Macko ward bleich vor Erregung und Zorn.

      »Wollte Gott, Du wärst nie geboren!«

      »Auch dem Kastellan habt Ihr schon gesagt, daß Ihr bereit seid, Euch für mich zu opfern.«

      »Woher weißt Du das?«

      »Der Herr aus Taczew erzählte es mir.«

      »Und was folgt daraus?«

      »Was daraus folgt? Hat Euch nicht der Kastellan gesagt, daß dann die Schande auf mich und das ganze Geschlecht fiele? Und würde ich nicht noch mehr Schande auf mich laden, wenn ich von hier entwiche und Euch der Rache des Gesetzes überließe?«

      »Welche Rache? Welche Strafe kann mich noch treffen, da ich ohnedies sterben muß? Um Gottes willen nimm doch Vernunft an!«

      »Um so weniger kann ich thun, was Ihr wünscht! Möge Gott mich züchtigen, wenn ich Euch jetzt verlasse, da Ihr alt und krank seid. Pfui! der Schande! …«

      Wieder folgte ein tiefes Schweigen. Nichts war zu hören, als die schweren pfeifenden Atemzüge Mackos, sowie die Rufe der Bogenschützen, welche an den Thoren Wache hielten. Draußen senkte sich schon die Nacht hernieder.

      »Höre,« begann schließlich Macko mit gebrochener Stimme wieder, »es war keine Schande für den Fürsten Witold, auf diese Weise aus Krewo zu fliehen – es wird auch für Dich keine sein.«

      »Ja, seht Ihr,« entgegnete Zbyszko in traurigem Tone, »der Fürst Witold ist ein großer Fürst, er hat die Krone aus der Hand des Königs empfangen, er ist ein reicher Herrscher – ich aber bin nur ein armer Edelmann – ich habe nichts als meine Ehre.«

      Und wie von seiner Erregung übermannt, rief er dann aus: »Begreift Ihr denn nicht? Ich liebe Euch so sehr, daß ich Euer Haupt nicht für das meine hingebe.«

      Da erhob sich Macko; unsicheren, schwankenden Schrittes ging er mit ausgebreiteten Armen auf Zbyszko zu, und wenn schon die Leute jener Zeit nicht weichherzig, ja, hart wie Stahl waren, rief er plötzlich mit herzzerreißender Stimme: »Zbyszko!« …

      Am folgenden Tage sah man, wie die Gerichtsschergen auf dem Marktplatze die Balken für das Schafott zusammentrugen, welches dem Hauptthore des Rathauses gegenüber errichtet werden sollte.

      Die Fürstin aber berief Stanislaw aus Skarbimierz und andere gelehrte Domherren, welche sowohl das geschriebene Recht, wie das übliche Recht inne hatten, zu einer Beratung. Durch einen Ausspruch des Kastellans war sie dazu angeregt worden, hatte dieser doch erklärt, er sei bereit, Zbyszko freizugeben, wenn sich ein Rechtsspruch finden lasse, auf den er sich stützen könne. Lange, bis zum Anbruch des Tages, währte diese Beratung, zu der sich schließlich auch der Priester Stanislaw einfand, obschon er Zbyszko schon zum Tode vorbereitet und ihn mit den Sterbesakramenten versehen hatte.

      Die Stunde der Exekution rückte immer näher. Schon am frühen Morgen zog eine große Menschenmenge auf den Markt. Daß der Kopf eines Edelmannes fallen sollte, das erregte die Neugierde noch weit mehr, als wenn es sich um die Hinrichtung eines gewöhnlichen Menschen gehandelt hätte. Zudem herrschte prächtiges Wetter. Das Gerücht von der Jugend und der Schönheit des Verurteilten erregte ganz besonders das Interesse der Frauen. So sah denn auch der Weg, der zu der Burg führte, durch die große Anzahl geputzter Bürgerinnen wie mit Blumen besät aus. An allen Fenstern auf dem Markte, in den Häusern und in den vorspringenden Gewölben sah man Frauenköpfe mit Hauben, mit goldnen und samtnen Stirnbändern geschmückt, sah man junge Mädchen, deren frei herabwallende Haare Rosen und Lilienkränze zierten. Auch die Räte der Stadt fehlten nicht, obwohl sie die Sache ganz und gar nichts anging. Wohl um sich ein gewisses Ansehen zu geben, kamen sie und stellten sich hinter den Rittern, in der nächsten Nähe des Schafottes auf. In voller Zahl hatten sich letztere eingefunden, war es ihnen doch darum zu thun, ihr Mitgefühl für den Jüngling an den Tag zu legen. Immer wieder drängte die Menge vor, welche hauptsächlich aus kleinen Kaufleuten bestand, sowie aus Handwerkern, in den Farben ihrer Zünfte gekleidet. Unzählige junge Burschen und Kinder trieben sich fortwährend unter der Menschenmenge umher, wurden, unerträglichen Fliegen gleich, von den Erwachsenen zurückgestoßen, pflanzten sich aber stets aufs neue auf jedem freien Plätzchen auf. Weit aber über die Häupter all dieser Versammelten ragte das mit neuem Tuch ausgeschlagene Schafott empor. Drei Personen standen darauf. Der Scharfrichter, breitschulterig und Schrecken erregend in seinem roten Gewande mit gleichfarbiger Kapuze, das scharfe, doppelt geschliffene Schwert in der Hand, und seine zwei Gehilfen mit entblößten Armen und Stricken im Gürtel. Zu ihren Füßen standen ein Pflock, sowie ein ebenfalls mit Tuch ausgeschlagener Sarg. Von den Türmen der Marienkirche ertönten die Glocken. Die ganze Stadt erfüllten sie mit ihrem metallnen Klange, Schwärme von Dohlen und Tauben scheuchten sie auf. Abwechselnd schweiften die neugierigen Blicke der Schaulustigen von dem zur Burg führenden Wege zu dem Schafott mit dem Scharfrichter, dessen glänzendes Schwert in der Sonne blinkte, oder zu den Rittern, welche den Bürgern stets großen Respekt, unendliches Interesse einflößten. Diesmal gab es aber auch viel zu sehen, denn die berühmtesten Kämpen umstanden das Gerüst. Man bewunderte die Breite der Schultern und den Ernst von Zawisza, dessen krause Haare lang herabwallten, man bewunderte die stämmige, vierschrötige Gestalt und die krummen Beine von Zindram aus Maszkowice, sowie den riesigen, fast übermenschlichen Wuchs von Paszko Zlodziej aus Biskupice, man staunte das Furcht erregende Antlitz von Wojciech aus Wodzinek ebenso an wie die Schönheit von Dobek aus Olesnica, welcher bei einem Turniere in Thorn über zwölf deutsche Ritter als Sieger hervorgegangen war, man zeigte sich Sygmund aus Bobawa, der sich in gleicher Weise gegen die Ungarn in Koszyce behauptet hatte, man zeigte sich Krzona aus Kozichglow und den in allen Waffenkünsten erfahrenen Lis aus Dargowisko, nicht zu vergessen Staszko aus Charbimowice, welcher zu Fuß ein Pferd einholen konnte. Allgemeines Aufsehen erregte auch Macko aus Bogdaniec, der, bleich wie der Tod, von Florian aus Korytrica und Marcin aus Wrocimowice gestützt ward und für den Vater des Verurteilten galt. Die größte Neugierde erregte jedoch Powala aus Taczew. In der ersten Reihe der Ritter stehend, hielt er auf seinen mächtigen Armen Danusia empor, ganz weiß gekleidet, einen grünen Rautenkranz auf dem hellen Haare. Keines der Umherstehenden konnte begreifen, was das bedeuten, weshalb dies junge Geschöpf die Hinrichtung mit anschauen sollte. Einige erklärten es sich damit, daß dies wohl die Schwester des Verurteilten sei, andere glaubten in ihr die Gebieterin seines Herzens zu sehen. Doch auch diese staunten über die weiße Gewandung, über die Anwesenheit des holden Kindes in nächster Nähe des Schafottes. Wie schön war das kleine Mädchen mit seinem jugendfrischen Antlitz, über dessen Wangen aber jetzt große СКАЧАТЬ