Alles hing jedoch von dem Kastellan ab. Die Ritter und das Volk zogen daher weiter zum Schlosse, in welchem in der Abwesenheit des Königs der Krakauer Herr wohnte. Der Gerichtsschreiber, der Priester Stanislaw aus Skarbimierz, Zawisza Farurej, Zindram aus Maszkowice und Powala aus Taczew begaben sich zu ihm, um ihm über den Vorgang zu berichten, um ihn an seinen Ausspruch zu erinnern, er würde ohne weiteres den Verurteilten freisprechen, wenn er diese Handlungsweise durch ein Gesetz oder durch das übliche Recht begründen könne. Jetzt dürfe er Zbyszko begnadigen, erklärten die Bittstellenden, die altherkömmliche Sitte müsse berücksichtigt werden. Der Herr von Taczew antwortete darauf, diese Sitte sei zwar weit mehr für das gemeine Volk oder für die Räuber aus Podhale als für Edelleute geeignet, allein er hege zu viel Achtung vor dem Gesetze, als daß er die Macht der uralten Gebräuche nicht anerkennen sollte. Rasch bedeckte er hierauf mit der Rechten den silberweißen Bart, um das zufriedene Lächeln zu verbergen, das seine Lippen umspielte, und begab sich mit der Fürstin Anna Danuta auf die untere Terrasse. Einige Priester und Ritter folgten ihnen.
Als Zbyszko den Kastellan erblickte, hob er Danusia empor. Der Krakauer Herr legte seine runzlige Hand auf deren goldblondes Köpfchen, ließ sie eine Weile darauf ruhen und neigte dann ernst und voll Güte sein ehrwürdiges Haupt. Die Menge verstand dieses Zeichen. Die Mauern des Schlosses erzitterten von den Rufen: »Gott schütze Dich! Gott gebe Dir ein langes Leben! Du bist ein gerechter Herr! Bleibe uns erhalten und richte uns!« Auch zum Heile Zbyszkos und Danusias erklangen laute Rufe. Die beiden eilten auf die Terrasse und warfen sich zu den Füßen der guten Fürstin Anna Danuta nieder. Ihr verdankte Zbyszko das Leben, denn sie hatte bei der Beratung mit dem Gelehrten den alten Gebrauch zu Sprache gebracht, sie hatte Danusia angewiesen, was sie zu thun habe.
»Es lebe das junge Paar!« rief mit einem Male Powala aus Taczew, auf die Knieenden schauend.
»Es lebe!« ertönte der hundertstimmige Ruf der Menge.
Da wandte sich der ehrwürdige Kastellan zu der Fürstin und sagte: »Jetzt gleich, hochwerte Frau, muß die Verlobung stattfinden, denn so heischt es die Sitte.«
»Gegen die Verlobung habe ich nichts einzuwenden,« antwortete die Fürstin, »allein die Hochzeit darf ohne die Zustimmung des Vaters, Jurand aus Spychow, nicht gefeiert werden.«
Zweiter Teil.
Erstes Kapitel.
Bei dem Kaufmann Amylej berieten sich Macko und Zbyszko lange, was zu thun sei. Der alte Ritter sah einem baldigen Tode entgegen, und da der Franziskaner Pater Cybek, der sich auf Wunden verstand, ein baldiges Ende vorausgesagt hatte, war es sein sehnlichster Wunsch, nach Bogdaniec zurückzukehren, damit man ihn bei seinen Vätern auf dem Kirchhofe zu Ostrawic bestatte.
Gleichwohl hatten nicht alle »Väter« dort die ewige Ruhe gefunden. Mackos Geschlecht war ehemals ein zahlreiches, kriegerisches gewesen, dessen Schlachtruf »Hagel« lautete, das ein stehendes Hufeisen mit einem Kreuze zwischen den Stollen im Wappen führte und sich dadurch vor den andern Edelleuten auszeichnete, welche kein Recht hatten, einen Wappenschild zu tragen.
Im Jahre 1331, in der Schlacht bei Plowce waren in einem Sumpfe vierundsiebenzig Ritter aus Bogdaniec von den deutschen Armbrustschützen niedergeschossen worden. Wojciech blieb allein übrig – als Erbe eines ausgedehnten Grund und Bodens, der zuvor einem großen zahlreichen Geschlechte gehört hatte. Fünf Jahre später vermählte er sich und ward Vater von zwei Söhnen, Jasko und Macko. Durch einen Auerochsen fand er den Tod auf der Jagd.
Die Söhne wuchsen unter der Obhut der Mutter auf, welche in zwei Kriegsläuften an den Deutschschlesiern die früher zugefügte Unbill rächte, im dritten jedoch unterlag. Zuvor hatte sie aber durch die Hände von Gefangenen eine kleine Burg in Bogdaniec erbauen lassen, so daß Jasko und Macko, oder wie sie durch die früheren Herrengüter genannt wurden, die Herren, zu großen, Ansehen gelangten.
Zum Manne gereift, nahm Jasko sich Jagienka aus Morcacew zum Weibe, die ihm Zbyszko gebar. Macko aber blieb unvermählt, beaufsichtigte die Ländereien und den Bruderssohn, soweit ihm dies die Kriegszüge gestattete«.
Aber als in der Zeit der einheimischen Kämpfe zwischen den Guzymaliten und den Naleczy die kleine Burg zum zweitenmal niedergebrannt wurde, die Bauern aber aus dem Lande mußten, versuchte der alleinstehende Macko umsonst, sie abermals aufzubauen. Mehrere Jahre hindurch sich vergebens abmühend, überließ er schließlich den heimatlichen Boden dem ihm blutsverwandten Abte, er selbst aber zog mit dem noch sehr jungen Zbyszko nach Litauen.
Niemals verlor er indessen Bogdaniec ganz aus den Augen. Nach Litauen war er nur deshalb gezogen, um, mit Beute bereichert, die Heimstätte zurückkaufen zu können, die er dann mit Gefangenen bevölkern wollte. Die Burg aber gedachte er neu aufzubauen, um sie Zbyszko zum Sitze anzuweisen. Jetzt besonders nach der glücklichen Rettung des Jünglings regten sich diese Pläne wieder lebhaft in seinem Sinne, und er beriet sich eingehend bei dem Kaufmann Amylej mit dem Bruderssohne darüber. Die Mittel, um Bogdaniec auszulösen, besaßen sie nun reichlich. Von der Beute und von dem Lösegeld, das die in ihre Gefangenschaft geratenen Ritter erlegen mußten, sowie durch die Geschenke Witolds waren sie in den Besitz von viel Hab und Gut gelangt. Großen Vorteil gewährte ihnen auch der Kampf auf Tod und Leben mit den zwei friesischen Rittern. Die Rüstungen allein, die sie ihnen abgenommen hatten, konnten als kleines Vermögen gelten, außer denselben gewannen sie aber ja auch Wagen, Pferde, Leute, Geld und alle möglichen kostbaren Waffen. Vieles von dieser Beute, darunter auch zwei Stücke prächtigen, flandrischen Stoffes, welche die bedächtigen, reichen Friesen mit sich auf den Wagen führten, kaufte sofort Amylej. Macko verkaufte auch die ihm gehörige, wertvolle, eroberte Rüstung, ging er doch von der Ansicht aus, daß sie ihm, in Anbetracht seines nahen Todes, keinen Nutzen gewähren werde. Der Waffenschmied, der sie erstand, veräußerte sie schon an dem darauffolgenden Tage wieder an den eine halbe Ziege im Wappen führenden Marcin aus Wrocimowice mit großem Nutzen, weil die Panzer aus Mailand stammten, und die Erzeugnisse der Mailänder Waffenschmiede damals über alle andern gestellt wurden. Zbyszko bedauerte indessen den Verkauf der Rüstung von ganzer Seele. »Wenn Gott Euch die Gesundheit wieder verleiht,« sagte er zu dem Ohm, »wo wollt Ihr dann eine zweite wie diese hier, finden?«
»Dort, wo ich auch die erste gefunden habe,« erwiderte Macko, »aber ich werde dem Tode nicht mehr entrinnen. Die Eisenspitze zwischen meinen Rippen hat sich gespalten und sitzt fest. Was ich mit der Hand fühlte und mit den Nägeln herausziehen wollte, drückte ich nur noch tiefer hinein, und jetzt giebt es keine Hilfe mehr.«
»Bärenfett solltet Ihr trinken, und das gleich zwei Kessel voll.«
»Bah, der Pater Cybek sagt auch, daß es gut wäre, wenn sich die Splitter auf irgend eine Weise herausarbeiten würden, allein woher kann ich das Fett bekommen? In Bogdaniec freilich, da braucht man nur die Axt zu nehmen und bei den Bienenstöcken in der Nacht zu lauern.«
»Na, da müßt Ihr eben nach Bogdaniec. Nur dürft Ihr nicht unterwegs sterben.«
Der alte Macko schaute den Bruderssohn voll Rührung an.
»Ich weiß, wo Du am liebsten wärest,« meinte er. »Am Hofe des Fürsten Janusz oder bei Jurand aus Spychow, um mit ihm gegen die Kreuzritter zu ziehen.«
»Das leugne ich nicht. Gerne würde ich mit dem fürstlichen Hofe nach Warschau oder nach Ciechanow reisen, allein hauptsächlich deshalb, um länger mit Danusia zusammen zu sein. Nichts bin ich mehr ohne sie, СКАЧАТЬ