Das Moordorf. Max Geißler
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Название: Das Moordorf

Автор: Max Geißler

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788711467626

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СКАЧАТЬ weil jetzt auch Hinnerk die Zeit für gekommen hielt, das Kauen einzustellen, da ihm in diesem Augenblicke das Hören wichtiger schien, erzählte Ham Rugen:

      „Das ist schon lange und war zu der Zeit, da die Hannöversche Regierung das Land verschenkte, wenn einer war, der sich darauf ansiedeln und das Land bebauen wollte — was man die ‚Kolonisten‘ nennt. Damals hat mein Vater zweihundert Morgen erhalten, und wie er starb, siel es mir zu. Was kann ich dafür, dass niemand oder doch nur wenige darum wissen? Wert is ja nix. Aber — ich hab’ mir das Einhaus doch nicht zum Vergnügen mitten ins Teufelsmoor gebaut und doch nu mal gar nicht aus Angst vor die Kontrollörs.“

      „So! So!“

      „Und Ham Rugen hat für die 40 Taler sauer erspartes Geld Gesche und Hinnerk Stelljes nur die Ecke Moorheide gegeben? So!“

      Gesche zischte wie eine Heidenatter und kreischte wie ein Kiebitz, den der Sturm unter den Flügeln fasst und in das Röhricht wirft. Darüber wolle sie noch mit Ham Rugen rechnen! Sie fuhr auf der Diele umher wie eine verflogene Eule.

      Hinnerk Stelljes griff von neuem nach dem Löffel, um den Rest der Grütze am Boden der Schüssel zusammenzustreichen. Gesche zog ihm den Napf unter dem Löffel fort.

      Ham Rugen ging aus der Hütte. Im Gehen wickelte er sich ein Knöllchen Shag; er schob das Papier in die Tasche und das Röllchen in den Mund.

      Gesche Stelljes keifte hinter ihm drein.

      „Vom Moor is die nich“, dachte Ham Rugen in diesem Augenblick, „im Moore sind die Leute geübter im Schweigen.“

      Und Hinnerk Stelljes trottete dem Alten nach — hinüber zu Clas Böschen und seiner Frau.

      Ob Hinnerk Stelljes mit bauen helfen wolle? fragte Wischen Böschen.

      Da wandte sich Hinnerk Stelljes mit einem deutsamen Blick zurück nach der Hütte. Wie er aber vernahm, dass er Stundenlohn erhalten solle, begann er Balken aus dem Haufen Holz zu ziehen, das die Boote gebracht hatten. Er war also mit dem Vorschlag einverstanden.

      In der Ferne lief lautlos ein braunes Segel. Und da noch eins: die Boote führten Stroh und Röhricht zur Dachung herbei. Den Heidesoden für den First hatte Ham Rugen schon gestochen.

      Und der Bau der Hütte, die Clas Böschens und seines Weibes junges Glück beschirmen sollte, begann.

      Wie die Nacht die weissen Nebel aus den Mooren spann und die Gräben ringsum in die Dämmerung zu rauchen begannen, fuhren Clas und Wischen in dem einen, Jan Klüwer in dem andern Boote heimwärts.

      Das Gerüst der Hütte stand.

      Und die kommenden Tage sahen die gezäunten Giebelwände, sahen das Dach entstehen.

      Während Hinnerk Stelljes den Lehm zum Bewurf der Zäunung rührte und bedächtig das braune Moorwasser über die zähe Erdmasse goss, zählte er die Stunden zusammen, die er an der Arbeit gewesen war, und berechnete den Lohn. Er hoffte damit Geschcs Zorn zu dämpfen.

      Und wie auch der Lehm gegen die gezäunten Felder geworfen und glatt gestrichen war, erschien das Boot mit dem kärglichen Hausrat, das Jan Klüwer führte.

      Dann ward die ‚Hüsung‘ bereitet. Und Clas Böschen mit seinem jungen Weib und mit seinem jungen Glück zog ein. Der Bettkasten ward aufgeschlagen; die Hühner hatten ihre Horde und die Ziegen ihren Stand.

      Zehntes Kapitel.

      Am nächsten Morgen, als der schmale Sonnenrand seinen Purpur über das Reifsilber der Moorheide legte und an die Torfwände Flammen warf, stand Claus Böschen mit der Heidehaue im Ried, schnitt das harte Kraut für die Streu der Ziegen und bereitete das Land für den Brand, den er hineinzulegen gedachte.

      Wie Jan Klüwer am andern Tage den Torfhaufen glühte, von dem Claus das Feuer auf die Fläche zu werfen gedachte, war Ham Rugen vom grauenden Tag an in Böschens Hütte. Bald hatte er für den Jungen einen Rat, bald ging er Wischen zur Hand, richtete die Klinker für den Herd, hing die Ketten darüber ins Gebälk, oder er schob auch den von ihm gezimmerten Kahn die Gräben entlang zu der Stelle, an welcher der Sand zur Mischung der schweren Moorerde zu finden war.

      Claus Böschen schaufelte den Sand in das Boot, drückte dieses zurück bis in die Nähe der Hütte und entlud es.

      Wie aus dem Torfhaufen eine gelblichgraue Säule hervorstieg, die aber nur kurze Zeit senkrecht emporwirbelte, um alsbald zu brechen wie eine Birke, die der Sturm unter der Krone geknickt und die dann, träge sich ausbreitend, über die Moorheide kroch, deutete Ham Rugen mit der Hand danach.

      „Siehst du“, sagte er zu Jan Klüwer und „siehst du“, sagte er zu Claus Böschen, der eine neue Ladung Sand herandrückte, „das gibt ander’ Wetter. Wenn der Qualm unter das Ried kriecht, ist’s nicht mehr weit.“

      Weiter sagte Ham Rugen: er spüre den Wetterwechsel auch daran, dass die Gicht sich melde; die nächsten Tage würden Sturm oder Regen bringen. Claus Böschen solle nur immer Sand booten, er selbst werde das Moor brennen.

      Ham Rugen fasste den Torfspaten und warf die Glut aus dem schwelenden Haufen über das Land. Allenthalben rauchte der Brand, der fauchte und zischte, und der Qualm quirlte herauf: ein dichter, missfarbiger Nebel wälzte sich in das Moor.

      Ham Rugen und Jan Klüwer standen darin; dem Jungen liefen die Augen über. Er hustete. Wie Schatten standen die beiden in dein rollenden Gewölk.

      „Das löscht noch die Sonne aus“, dachte Jan Klüwer — er sah die goldene Scheibe aus dem Dunste des Moorbrandes wie einen dunkelroten Kürbis im Himmel hängen.

      Weil Gesche Stelljes wusste, dass der kriechende Rauch schlecht Wetter verkünde, hatte sie für Hinnerk allerlei Arbeit in der Hütte. Sie sagte, die andern möchten nur sehen, wie sie weiter kämen. Ob Ham Rugen ihnen geholfen habe wie jenen? Ob er ihnen so viele Morgen gegeben wie Claus Böschen? Gesche hatte immer neue Fragen, und Hinnerk Stelljes hielt doch niemals für nötig, eine Antwort zu geben. Das hatte er sich abgewöhnt, weil er wusste: wenn Gesche einmal redet, dann redet sie auch alles, und er war in solchen Fällen überflüssiger denn je.

      Wöbke Dierks, die mit dem Kind auf dem Arm in der Sonne des Herbstmittags sass, mit dem Rücken gegen die untere Leiste des Fensters gelehnt, vernahm ein Geräusch in der Hütte wie Rascheln von Stroh. Sie wendete sich und sah, wie Gesche aus Ham Rugens Lager einen Arm voll Streu herausnahm und in das eigene Bett breitete. Weil sie Ham Rugen noch im Rauch stehen sah, fasste sie mit beiden Händen von neuem in den Bettschrank — da rann Wöbke Dierks das Blut zum Herzen: wenn Gesche den Strumpf mit dem Gelde fand, wenn sie ...

      Wöbke Dierks mochte nicht daran denken. Sie stürzte in die Hütte.

      „Ham Rugen sagte, er habe das Zucken in den Beinen“, rief Wöbke und ihre Stimme zitterte.

      „Dumme Deern, was geht’s dich an?“

      „Ich hab nur gemeint ...“

      Du sprang Gesche hinzu und schlug Wöbke Dierks mit der flachen Hand über das Gesicht. Klatsch, klatsch —

      „Zucken in den Beinen ...“

      „Du stiehlst Ham Rugens Bettstroh!“ schrie das Mädchen in furchtbarem Schmerz.

      Klatsch, klatsch! СКАЧАТЬ