Michael Endes Philosophie. Alexander Oberleitner
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Название: Michael Endes Philosophie

Автор: Alexander Oberleitner

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Blaue Reihe

isbn: 9783787338917

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СКАЧАТЬ – nur du!« (406) Obwohl Bastian seinen Vater nicht mehr erkennt, weiß er, daß seine Suche zu Ende ist. Doch dem »Jungen ohne Namen«, der er nun ist, zerfällt das Bild und damit die letzte Hoffnung unter den Händen. Da taucht plötzlich Atréju auf, den Bastian im Kampf um AURYN beinah getötet und der ihn dennoch nie aufgeben hat. Nun aber legt der Junge ohne Namen das Amulett freiwillig ab – und findet sich darauf mit Atréju im Inneren des Zeichens wieder. So erweist sich AURYN als das Tor, das er die ganze Zeit gesucht hat; denn die Grenzen Phantásiens »liegen nicht außen, sondern innen« (392). Doch erst als Atréju für ihn einsteht, erhält der Junge ohne Namen seine Erinnerung zurück und darf jenes Tor durchschreiten. Wie beim Eintritt nach Phantásien den Namen der Kindlichen Kaiserin, so ruft Bastian nun: »Vater! – Ich – bin – Bastian – Balthasar – Bux!« (419)

      Ohne Übergang findet Bastian sich auf dem Dachboden der Schule wieder, von wo er vor vermeintlich »langer Zeit« (419) zu Mondenkind aufgebrochen ist. Die unendliche Geschichte ist spurlos verschwunden. Heimkehrend zum besorgten Vater erfährt er, daß er nur eine einzige Nacht menschlicher Zeit in Phantásien verbracht hat. Und doch ist nichts mehr wie zuvor. Mit der Geschichte seiner Reise gelingt es Bastian, das Eis zwischen ihm und dem schwer depressiven Vater zu brechen, ja diesen sogar zu Tränen zu rühren. Aber auch Bastian selbst hat sich im Innersten verändert: Mutig sucht er anderntags Herrn Koreander auf und gesteht ihm den Diebstahl und das Verschwinden der Unendlichen Geschichte. Dieser jedoch meint, ihm fehle kein Buch. Er läßt sich Bastians haarsträubendes Abenteuer in allen Details schildern und bemerkt dann seelenruhig: »Du hast mir dieses Buch nicht gestohlen, denn es gehört weder mir noch dir […]. Wenn ich mich nicht irre, dann stammte es selbst schon aus Phantásien. Wer weiß, vielleicht hat es genau in diesem Augenblick gerade jemand anders in der Hand und liest darin.« Auf Bastians verblüffte Frage, ob er ihm das Erzählte denn glaube, erwidert er: »Selbstverständlich […] jeder vernünftige Mensch würde das tun.« Es stellt sich heraus, daß es sich bei dem griesgrämigen Koreander um einen erfahrenen Phantásienreisenden handelt. Die Unendliche Geschichte sei nicht das einzige Tor in jenes Reich, offenbart er Bastian, denn: »Jede wirkliche Geschichte ist eine Unendliche Geschichte« (426). Erleichtert und glücklich kehrt Bastian zum Vater zurück. Am Ende steht Koreanders Prophezeiung: »Bastian Balthasar Bux […] wenn ich mich nicht irre, dann wirst du noch manch einem den Weg nach Phantásien zeigen […].« (428)

       C.Pfade zum philosophischen Denken Michael Endes

      […] die künstlerische Form ist etwas anderes als Erkenntnis. Ein Philosoph ist kein Künstler, auch wenn er ein kreativer Philosoph ist.

       – Michael Ende –

      Jeder – ernsthafte51 – Versuch, Poesie in begrifflicher Sprache nachzuvollziehen, stellt ein Wagnis dar, bei dem es mehrere scharfe Klippen zu umschiffen gilt. »Authentischen«, aber belanglosen Deutungen, die sich kaum von der Bildlichkeit des jeweiligen Werkes entfernen, steht die Tendenz gegenüber, literarische Texte durch gewaltsame »Interpretation« in vorgefertigte (ideo)logische Schemata zu pressen. Gemein ist beiden Irrwegen indes, daß der wesenhafte Unterschied zwischen logisch-begrifflicher und poetischer Sprache von vorneherein nicht oder nicht genügend ernstgenommen wird.52 Wer das philosophische Denken eines Schriftstellers aus dessen Werk heraus zu ergründen sucht, sollte also stets gewahr bleiben, »daß Literatur keine Struktur aus Gedanken ist, sondern eine aus Bildern« (Vladimir Nabokov53). Dies bedeutet aber auch, daß die grundsätzliche Frage nach der Übersetzbarkeit von Literatur in Philosophie bereits vor dem eigentlichen Beginn einer Untersuchung wie der vorliegenden geklärt werden müßte.

      Indes ist es doch mehr als unwahrscheinlich, daß das uralte Problem des Verhältnisses vom Logos zum Mythos, von begrifflicher zu bildhafter Sprache im Rahmen dieser Einleitung zufriedenstellend gelöst werden kann. Vielmehr geht es im folgenden darum, eine tragfähige Basis für die vorliegende Untersuchung zu gewinnen, indem mögliche Einwände gegen Ziel oder Methodik derselben, die aus einer (nicht unberechtigten!) Skepsis gegenüber »Deutungen« von Literatur entspringen, thematisiert und beantwortet werden. Hierbei haben wir zuallererst zu klären, auf welche Weise eine »Übertragung« von Poesie in Philosophie mit dem Anspruch exakten wissenschaftlichen Arbeitens vereinbar sein kann. Erst dann gilt es unseren spezifischen Gegenstand, das Werk des Schriftstellers Michael Ende, genauer ins Auge zu fassen: Zeigen sich hier vielleicht besondere Gründe, die gegen den Versuch einer solchen Übertragung sprechen, und falls ja, wie sind sie zu werten? Da indes die vorliegende Untersuchung nicht die bloße Möglichkeit einer philosophischen Interpretation Endes, sondern sein eigenes philosophisches Denken zu ergründen sucht, hat sie noch weiter zu fragen: Welche Elemente birgt das Endesche Werk, die auf ein solches Denken hinweisen? Mehr noch: Inwiefern ist zu erwarten, daß sich die Grundthemen dieses Werkes, so es solche gibt, letztlich als philosophische herausstellen? All dies soll nicht zuletzt auch zur argumentativen Absicherung und zum besseren Verständnis der Grundfragestellung dieser Arbeit beitragen.

       1.Über die Möglichkeit einer philosophischen Interpretation poetischer Texte

      Im Gespräch mit Hanne Täschl und Erhard Eppler klagt Michael Ende:

      In unserem »verkopften« Jahrhundert dressiert man ja schon die Schulkinder im Umgang mit Literatur zu der Frage: Was wollte der Dichter uns sagen? Man sucht immerfort nach einer »Aussage«, nach einer »Botschaft«, nach einer »Lehre«, die der Autor dem Leser oder dem Zuschauer erteilt. Wenn man die herausdestilliert hat, dann – meint man – habe man die Sache verstanden. Damit wird alle Poesie zu einer Verpackungsfrage degradiert. Der Dichter verpackt seine »Botschaft« in poetische Formeln wie in ein hübsches Einwickelpapier, und der Leser oder Zuschauer muß es [sic] bloß wieder auswickeln.54

      Diese Kritik kann wohl jeder nachvollziehen, der selbst den oft lieblosen Umgang mit Literatur im Schulunterricht erlebt hat, welcher nicht wenigen die Lust am Lesen raubt und zu dem auch das tendenziell gewaltsame und schematische »Interpretieren« von Texten gehört. Bedenklich daran ist vor allem, wie frag- und scheinbar mühelos hier oft der Abgrund (um ein Diktum aus Celans Theorie der Übersetzung zu verwenden)55 zwischen poetischer und argumentativer Sprache überschritten wird, ohne sich mit der Suche nach einem gangbaren Steg aufzuhalten.

      Tatsächlich sind es zwei Prämissen, auf denen diese Art der Interpretation von poetischen Texten fußt. Erstens wird davon ausgegangen, daß eine strikte Trennung zwischen Inhalt und Form (»Botschaft« und »Verpackung«) eines literarischen Werkes möglich und sinnvoll sei; zweitens, daß es sich bei dieser um bloßes Beiwerk und Schmuck, bei jenem aber um das Eigentliche des Textes handle, das der Interpret daher herauszuarbeiten (»auszuwickeln«) habe. Beides ist freilich ausgesprochen fragwürdig, worauf nicht nur Ende nachdrücklich hingewiesen hat. Daniel Jones etwa schreibt in seiner Ausgabe der Lyrik des walisischen Dichters Dylan Thomas:

      […] wenn man versuchte, das Dichterische in andere Wörter zu »übersetzen«, es interpretierend in andere Gedanken zu fassen, dann wäre das so, als ob man die Umrisse einer Zeichnung begradigen und ihre Bedeutsamkeit durch das Ausmessen des Ergebnisses in Zoll vorführen würde.56

      Wie ist mit dieser Problematik umzugehen? Wenn wir nicht überhaupt auf jede Art gedanklicher Auseinandersetzung mit Literatur verzichten wollen, so gilt es, einen Pfad abseits von »Botschaften« und »Begradigungen« zu suchen; vor allem aber, uns der so naheliegenden wie selten gestellten Frage zuzuwenden: Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen argumentativer und poetischer Sprache?

      Eine mögliche Antwort wurde bereits angedeutet: Die eine vollzieht СКАЧАТЬ