Der Nachsommer. Adalbert Stifter
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Читать онлайн книгу Der Nachsommer - Adalbert Stifter страница 15

Название: Der Nachsommer

Автор: Adalbert Stifter

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726630862

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СКАЧАТЬ gingen von diesem Feldersitze, auf dem wir nun schon eine Weile gesessen waren, nicht mehr weiter von dem Hause weg, sondern nachdem wir uns erhober hatten, schlug mein Begleiter wieder den Rückweg ein.

      Wir gingen auf demselben Wege zurück, auf dem wir gekommen waren.

      Die Donner erschallten nun sogar lauter und verkündeten sich bald an dieser Stelle des Himmels, bald an jener.

      Als wir wieder in den Garten eingetreten waren, als mein Begleiter das Pförtchen hinter sich geschlossen hatte, und als wir von dem großen Kirschbaume bereits abwärts gingen, sagte er zu mir: „Erlaubt, daß ich nach dem Knaben rufe und ihm etwas befehle.“

      Ich stimmte sogleich zu, und er rief gegen eine Stelle des Gebüsches: „Gustav!“

      Der Knabe, den ich im Heraufgehen gesehen hatte, kam fast an der nämlichen Stelle des Gartens zum Vorscheine, an welcher er früher herausgetreten war. Da er jetzt länger vor uns stehen blieb, konnte ich ihn genauer betrachten. Sein Angesicht erschien mir sehr rosig und schön, und besonders einnehmend zeigten sich die großen schwarzen Augen unter den braunen Locken, die ich schon früher beobachtet hatte.

      „Gustav“, sagte mein Begleiter, „wenn du noch an deinem Tische oder sonst irgendwo in dem Garten bleiben willst, so erinnere dich an das, was ich dir über Gewitter gesagt habe. Da die Wolken über den ganzen Himmel stehen, so weiß man nicht, wann überhaupt ein Blitz auf die Erde niederfährt und an welcher Stelle er sie treffen wird. Darum verweile unter keinem höheren Baume. Sonst kannst du hierbleiben, wie du willst. Dieser Herr bleibt heute bei uns, und du wirst zur Abendspeisestunde in dem Speisezimmer eintreffen.“

      „Ja“, sagte der Knabe, verneigte sich und ging wieder auf einem Sandwege in die Gesträuche des Gartens zurück.

      „Dieser Knabe ist mein Pflegesohn“, sagte mein Begleiter, „er ist gewohnt, zu dieser Tageszeit einen Spaziergang mit mir zu machen, darum kam er, da wir bei dem Kirschbaume saßen, von seinem Arbeitstische, den er im Garten hat, zu uns empor, um mich zu suchen; allein da er sah, daß ein Fremder da sei, ging er wieder an seine Stelle zurück.“

      Mir, der ich mich an den einfachen, folgerichtigen Ausdruck gewöhnt hatte, fiel es jetzt abermals auf, daß mein Begleiter, der, wenn er von seinen Feldern redete, fast immer den Ausdruck unser gebraucht hatte, nun, da er von seinem Pflegesohne sprach, den Ausdruck mein wählte, da er doch, wenn er etwa seine Gattin einbezog, jetzt auch das Wort unser gebrauchen sollte.

      Als wir von dem Rasengrunde hinabgekommen waren und den bepflanzten Garten betreten hatten, gingen wir in ihm auf einem anderen Wege zurück, als auf dem wir heraufgegangen waren.

      Auf diesem Wege sah ich nun, daß der Besitzer des Gartens auch Weinreben in demselben zog, obwohl das Land der Pflege dieses Gewächses nicht ganz günstig ist. Es waren eigene dunkle Mauern aufgeführt, an denen die Reben mittelst Holzgittern emporgeleitet wurden. Durch andere Mauern wurden die Winde abgehalten. Gegen Mittag allein waren die Stellen offen. So sammelte er die Hitze und gewährte Schutz. Auch Pfirsiche zog er auf dieselbe Weise, und aus den Blättern derselben schloß ich auf sehr edle Gattungen.

      Wir gingen hier an großen Linden vorüber, und in ihrer Nähe erblickte ich ein Bienenhaus.

      Von dem Gewächshause sah ich auf dem Rückwege wohl die Längenseite, konnte aber nichts Näheres erkennen, weil mein Begleiter den Weg zu ihm nicht einschlug. Ich wollte ihn auch nicht eigens darum ersuchen: ich vermutete, daß er mich zu seiner Familie führen würde.

      Da wir an dem Hause angekommen waren, geleitete er mich bei dem gemeinschaftlichen Eingange desselben hinein, führte mich über eine gewöhnliche Sandsteintreppe in das erste Stockwerk und ging dort mit mir einen Gang entlang, in dem viele Türen waren. Eine derselben öffnete er mit einem Schlüssel, den er schon in seiner Tasche in Bereitschaft hatte, und sagte: „Das ist Euer Zimmer, solange Ihr in diesem Hause bleibt. Ihr könnt jetzt in dasselbe eintreten oder es verlassen, wie es Euch gefällt. Nur müsset Ihr um acht Uhr wieder da sein, zu welcher Stunde Ihr zum Abendessen werdet geholt werden. Ich muß Euch nun allein lassen. In dem Wartezimmer habt Ihr heute in Humboldts Reisen gelesen, ich habe das Buch in dieses Zimmer legen lassen. Wünschet Ihr für jetzt oder für den Abend noch irgendein Buch so nennt es, daß ich sehe, ob es in meiner Büchersammlung enthalten ist.“

      Ich lehnte das Anerbieten ab und sagte, daß ich mit dem Vorhandenen schon zufrieden sei, und wenn ich mich außer Humboldt mit noch andern Buchstaben beschäftigen wolle, so habe ich in meinem Ränzchen schon Vorrat, um teils etwas mit Bleifeder zu schreiben, teils früher Geschriebenes durchzulesen und zu verbessern, welche Beschäftigung ich auf meinen Wanderungen häufig abends vornehme.

      Er verabschiedete sich nach diesen Worten, und ich ging zur Tür hinein.

      Ich übersah mit einem Blicke das Zimmer. Es war ein gewöhnliches Fremdenzimmer, wie man es in jedem größeren Hause auf dem Lande hat, wo man zuweilen in die Lage kömmt, Herberge erteilen zu müssen. Die Geräte waren weder neu noch nach der damals herrschenden Art gemacht, sondern aus verschiedenen Zeiten, aber nicht unangenehm ins Auge fallend. Die Überzüge der Sessel und des Ruhebettes waren gepreßtes Leder, was man damals schon selten mehr fand. Eine gesellige Zugabe, die man nicht häufig in solchen Zimmern findet, war eine altertümliche Pendeluhr in vollem Gange. Mein Ränzlein und mein Stock lagen, wie der Mann gesagt hatte, schon in diesem Zimmer.

      Ich setzte mich nieder, nahm nach einer Weile mein Ränzlein, öffnete es und blätterte in den Papieren, die ich daraus hervorgenommen hatte, und schrieb gelegentlich in denselben.

      Da endlich die Dämmerung gekommen war, stand ich auf, ging gegen eines der beiden offenstehenden Fenster, lehnte mich hinaus und sah herum. Es war wieder Getreide, das ich vor mir auf dem sachte hinabgehenden Hügel erblickte. Am Morgen dieses Tages, da ich von meiner Nachtherberge aufgebrochen war, hatte ich auch Getreide rings um mich gesehen; aber dasselbe war in einem lustigen Wogen begriffen gewesen, während dieses reglos und unbewegt war wie ein Heer von lockeren Lanzen. Vor dem Hause war der Sandplatz, den ich bei meiner Ankunft schon gesehen und betreten hatte. Meine Fenster gingen also auf der Seite der Rosenwand heraus. Von dem Garten tönte noch schwaches Vogelgezwitscher herüber, und der Duft von den Tausenden der Rosen stieg wie eine Opfergabe zu mir empor.

      An dem Himmel, dessen Dämmerung heute viel früher gekommen war, hatte sich eine Veränderung eingefunden. Die Wolkendecke war geteilt, die Wolken standen in einzelnen Stücken gleichsam wie Berge an dem Gewölbe herum, und einzelne reine Teile blickten zwischen ihnen heraus. Die Blitze aber waren stärker und häufiger, die Donner klangen heller und kürzer.

      Als ich eine Weile bei dem Fenster hinausgesehen hatte, hörte ich ein Pochen an meiner Tür, eine Magd trat herein und meldete, daß man mich zum Abendessen erwarte. Ich legte meine Papiere auf das Tischchen, das neben meinem Bette stand, legte den Humboldt darauf und folgte der Magd, nachdem ich die Tür hinter mir gesperrt hatte. Sie führte mich in das Speisezimmer.

      Bei dem Eintritte sah ich drei Personen; den alten Mann, der mit mir den Spaziergang gemacht hatte, einen andern, ebenfalls ältlichen Mann, der durch nichts besonderes auffiel als durch seine Kleidung, welche einen Priester verriet, und den Pflegesohn des Hausbesitzers in seinem blaugestreiften Linnengewande.

      Der Herr des Hauses stellte mich dem Priester vor, indem er sagte: „Das ist der hochwürdige Pfarrer von Rohrberg, der ein Gewitter fürchtet und deshalb diese Nacht in unserm Hause zubringen wird“, und dann auf mich weisend, fügte er bei: „Das ist ein fremder Reisender, der auch heute unser Dach mit uns teilen will.“

      Nach diesen Worten und nach einem kurzen stummen Gebete, setzten wir uns zu dem Tische an unsere angewiesenen Plätze. Das Abendessen СКАЧАТЬ