Geliebte Welt. Roland Hardmeier
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Название: Geliebte Welt

Автор: Roland Hardmeier

Издательство: Bookwire

Жанр: Религия: прочее

Серия: Edition IGW

isbn: 9783862567591

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СКАЧАТЬ nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. (Joh 3,16–17)

      Joh 3,16–17 kommt zweifellos ein missiologischer Rang zu. Das Heilsangebot Gottes richtet sich an einzelne Menschen und auf die Welt als Ganzes. Der Kosmos ist das Objekt der leidenschaftlichen Liebe Gottes und darin eingeschlossen sind die Menschen in ihrem gesamten Lebenszusammenhang.

      Zentrale missiologische Texte aus dem Neuen Testament unterstützen diese Gedanken. Jesus sendet seine Nachfolger aus, um das Salz der Erde und das Licht der Welt zu sein (Mt 5,13–16). Hier ist mehr im Blickfeld als die Sendung zu einzelnen Menschen, obschon sie diese freilich einschließt. Nachfolger von Jesus sollen für die Welt als Ganzes ein Segen sein, indem sie wie Salz bewahrend wirken und wie ein Licht Orientierung geben. Im missiologischen Vermächtnis des Evangelisten Markus sendet Jesus seine Jünger in die ganze Welt: „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen“ (Mk 16,15). Hier ist die gesamte erschaffene Welt im Blickfeld. Im Matthäusevangelium werden die Jünger zu allen Völkern gesandt, um sie zu Jüngern zu machen (Mt 28,19). Gewiss schließt dieser Auftrag als zentrales Element die persönliche Jüngerschaft ein. Doch es ist ein Unterschied, ob Menschen zu Jüngern gemacht werden sollen oder ganze Nationen im Blickfeld sind.

      Die Kirche ist also in die Welt gesandt. Sie nimmt teil an der Mission Gottes, der diese Welt so sehr liebt. Sie lässt sich wie Jesus in die Welt senden. Als Jesus in der Wüste dem Versucher widerstanden hatte (Lk 4,1–12), kehrte er von der Kraft des Heiligen Geistes erfüllt nach Galiläa zurück und begann seinen Dienst an den Menschen (Lk 4,14). Der Heilige Geist trieb ihn mitten hinein in die Welt zu den Menschen. Jesus ließ sich in den Lebenszusammenhang der Menschen senden und nahm Anteil am Ergehen einzelner, aber auch der jüdischen Gesellschaft. Mission ist ein trinitarisches Geschehen: Der Vater liebt diese Welt und sendet seinen Sohn in der Kraft des Heiligen Geistes in die Welt, und der Sohn gibt sein Leben hin für die Welt.

      Wenn die Kirche ihren Auftrag erfüllen will, braucht sie eine Theologie der Welt. Von Nöten ist ein Verständnis der Welt als Schöpfung, ein Verständnis der Menschen als Individuen und soziale Wesen, ein Verständnis von Kultur und wie diese Bereiche zusammenhängen. Wir werden in diesem Kapitel mit Blick auf das Neue Testament und die Welt des 21. Jahrhunderts eine Theologie der Welt skizzieren:

      imageZuerst untersuchen wir den Begriff „Welt“ im Neuen Testament und versuchen seine Bedeutungsnuancen herauszuarbeiten.

      imageDann verschaffen wir uns einen Überblick über die Welt des 21. Jahrhunderts und fragen nach der missiologischen Bedeutung des Befundes.

      imageSchließlich versuchen, wir die Kosmos-Theologie des Neuen Testamentes mit der Welt des 21. Jahrhunderts zusammenzubringen, indem wir Überlegungen über das Auftauchen eines neuen Paradigmas anstellen.

       Der Kosmos im Neuen Testament

      Der neutestamentliche Begriff kosmos bedeutet „Welt, Weltall, Gesamtheit“. Er kommt in den Evangelien und in den Briefen gegen zweihundert Mal vor mit deutlichem Schwergewicht in den Schriften des Johannes und bei Paulus (Balz 1992, 766). Folgende Bedeutungsnuancen treten hervor:

      Erstens ist mit Kosmos die sichtbare, der Vergänglichkeit unterworfene Schöpfung gemeint. Die unsichtbare Wirklichkeit Gottes wird seit der Erschaffung der Welt an den Werken der Schöpfung wahrgenommen (Röm 1,20). Mit seinem Verstand kann der Mensch die Welt als von Gott erschaffen erkennen und ist darum unentschuldbar (Röm 1,21). Die Welt ist der Vergänglichkeit unterworfen, aber nicht der Vernichtung preisgegeben (Röm 8,20). Sie ist von der Sünde infiziert, bleibt aber Gottes gute Schöpfung, die seine Herrlichkeit und Macht bezeugt (Ps 19,1ff). Die Schöpfung wird eines Tages zusammen mit den Kindern Gottes von Sklaverei und Verlorenheit befreit werden (Röm 8,21). Das ewige Leben ist sich nicht als ein seelenloser Zustand vorzustellen, sondern als ein wirkliches Leben in einer wirklichen Schöpfung.

      Zweitens wird Kosmos als Synonym für die Menschheit verwendet. Bei dieser Begriffsverwendung ist die Menschheit als Ganzes, ihr Lebensraum und die Beziehungen der Menschen untereinander im Blickfeld. Paulus dankt Gott für die Christen in Rom, „weil euer Glaube in der ganzen Welt verkündet wird“ (Röm 1,8; vgl. Kol 1,6). Paulus kann sagen, dass „die ganze Welt vor Gott schuldig“ sei (Röm 3,19). Dieselbe Tatsache ist im Blick, wenn Johannes sagt, die Welt habe Christus nicht erkannt (Joh 1,10; vgl. 17,23). Joh 1,10 vereinigt die hauptsächlichen Bedeutungsnuancen in einem Satz: „Er (Christus) war in der Welt (lebte unter den Menschen) und die Welt (Schöpfung) ist durch ihn geworden, aber die Welt (von Gott entfremdete Menschheit) erkannte ihn nicht.“

      Drittens bezeichnet Kosmos die in Widerspruch zu Gott geratene und von ihm entfremdete Menschheit. „Gleicht euch nicht dieser Welt an“, mahnt Paulus, „sondern wandelt euch und erneuert euer Denken“ (Röm 12,2). Gott hat durch das Evangelium die Weisheit der Welt als Torheit entlarvt (1Kor 1,20). Die sich im Widerspruch zu Gott befindende Menschheit erkennt Gottes Wahrheit nicht, welche sich darin zeigt, dass Gott das Schwache, Niedrige und Törichte erwählt (1Kor 1,26–27). Die Weisheit der Welt ist insofern Torheit als die Menschen in ihrer Weisheit Gott nicht erkannten (1Kor 1,21). Nicht alle menschlichen Errungenschaften (z. B. kultureller oder intellektueller Art) dürfen als Torheit abgelehnt werden. Manche Dinge gehören zum Gutsein der Schöpfung, denn durch die Sünde ist das Gute der Schöpfung nicht ausradiert, nur befallen.

      Verstärkt tritt diese Bedeutungsnuance in den Schriften des Johannes hervor. In ihnen finden sich die Grundzüge der paulinischen Rede von der Torheit des Kosmos in gesteigerter Radikalität (Balz 1992, 771). Die Welt ist durch Christus geschaffen, aber die Welt erkannte ihn nicht (Joh 1,9f). Die von Gott entfremdete Welt hasst Christus und die Kirche (Joh 15,18f). Weil die Welt gegen Christus ist und weil ihre Weisheit sich im Widerspruch zur Weisheit Gottes befindet, kann Johannes kategorisch sagen: „Liebt nicht die Welt und was in der Welt ist! Wer die Welt liebt, hat die Liebe zum Vater nicht“ (1Joh 2,15). Hier ist nicht von der Welt als Schöpfung die Rede. Auch nicht davon, dass Christusnachfolger die Menschen oder das Leben in seiner ganzen Vielfalt nicht lieben sollten. Ebenso wenig, dass kulturelle oder intellektuelle Leistungen irrelevant wären. Gott selbst liebt ja die Welt mit leidenschaftlicher Liebe. Johannes qualifiziert seine Aussage: „Denn alles, was in der Welt ist, die Begierde des Fleisches, die Begierde der Augen und das Prahlen mit dem Besitz, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt“ (1Joh 2,16). Die moralischen Entgleisungen und die Habsucht der Welt sollen wir nicht lieben. Die Welt als Schöpfung aber bleibt Gottes geliebte Erde, die Menschen sind Gottes geliebte Geschöpfe, und so wie Gott sollen auch wir lieben.

      Das Neue Testament ist an Eindeutigkeit nicht zu übertreffen, in der es mit der im Widerspruch zu Gott stehenden Menschheit abrechnet. Die ganze Welt liegt im Argen (1Joh 5,19). Doch das ist nur die eine Seite. Johannes bezeugt mit derselben Radikalität, mit der er die Welt im Widerspruch zu Gott beschreibt, die durchgehaltene Liebe Gottes zum Kosmos (Balz 1992, 771). Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richte, sondern dass sie durch ihn gerettet werde (Joh 3,17). Der Kosmos als Gesamtheit – die im Unglauben verharrende Menschheit samt der seufzenden Schöpfung – ist das Objekt der Liebe Gottes. Das ist im Lichte der alttestamentlichen Endzeiterwartung eine überraschende Aussage. Aus der eschatologischen (endzeitlichen) Erwartung des Alten Testamentes ergab sich die Überzeugung, der Messias werde als von Gott eingesetzter Richter die Völker wie Krüge aus Ton zertrümmern (Ps 2,9), die Unterdrücker strafen und die Ungerechtigkeit aus der Welt schaffen (Jes 9,5–6). Jesus aber verkündete den Gott der Liebe, der sein Gericht noch nicht vollzieht und СКАЧАТЬ