Bleib doch, liebes Hausgespenst. Marie Louise Fischer
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Название: Bleib doch, liebes Hausgespenst

Автор: Marie Louise Fischer

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия: Hausgespenst

isbn: 9788711719671

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СКАЧАТЬ Ölgemälde im Erker, der eine Stufe höher lag als der übrige Raum, begann zu wackeln. Dann löste es sich vom Haken und begann, quer durch den Raum zu fliegen. Es stammte aus dem 18. Jahrhundert und stellte einen Jungen mit weit auseinanderstehenden blauen Augen und einer weißen Perücke dar, sehr adrett gekleidet in einen blauen Seidenanzug, mit unter den Knien gebundenen Hosen, weißen Zwirnstrümpfen und schwarzen Schuhen mit silbernen Schnallen. Das Bild glich dem Hausgespenst, wenn es sich sichtbar machte, bis aufs I-Tüpfelchen, und Amadeus pflegte zu behaupten, eben dieser Junge zu sein.

      „Schämt euch! Jetzt habt ihr ihn gekränkt!“ klagte Monika.

      Die Mutter kam ihr zur Hilfe. „Ich finde auch, ihr solltet das lassen! Schließlich hat er euch nichts getan.“

      „Im Gegenteil!“ rief Monika. „Ohne ihn hätten wir in diesem schönen Haus nicht mal zur Miete wohnen können … aber er hat alle anderen Leute vergrault! Und wenn er uns nicht den Schatz gezeigt hätte, hätten wir es niemals kaufen können.“

      Liane ließ sich nicht beschwichtigen. „Ich pfeife auf das schöne Haus! Was hat man schon von einem Haus, in das man keine Leute einladen darf?!“

      „Ach sei doch nicht so! Sicher kannst du das mal! Wenn du einen festen Termin angibst und ich vorher mit Amadeus spreche …“

      Das Ölgemälde hatte eine Ehrenrunde durch den ganzen Raum hinter sich gebracht, um sich dann, so sanft, wie es sich gelöst hatte, wieder an den Haken zu hängen.

      „Das wäre äußerst gnädig von deinem reizenden Gespenst“, sagte Liane in beißendem Ton.

      „Es ist nicht mein Gespenst! Ich habe es nicht erfunden, das weißt du genau! Es war schon im Haus, als wir einzogen!“

      „Das wissen wir doch alle“, sagte Frau Schmidt einlenkend, „laß dich nicht immer von den anderen provozieren, Monika. Sie wissen genau, daß sie allen Grund haben, dir und Amadeus dankbar zu sein.“

      Monika schluckte ihre Tränen und lächelte der Mutter zu. „Danke, Mutti.“

      „Und nun hört auf zu streiten und eßt die Nudelsuppe! Ich habe sie mit viel Liebe gekocht.“

      „So schmeckt sie auch“, lobte Monika.

      „Wenn ich glauben könnte, daß Sophia Loren ihre schlanke Linie wirklich den Spaghetti verdankt, würde ich sogar noch eine zweite Portion nehmen!“ erklärte Liane.

      Alle lachten, und der Friede war wiederhergestellt.

      Nach dem Essen machte Monika ihr Mittagsschläfchen. Sie hatte sich schon so dran gewöhnt, daß ihr, gleichgültig ob ihre Nachtruhe gestört worden war oder nicht, schon nach wenigen Minuten die Augen zufielen. Nach einer knappen Stunde erwachte sie von selber, dehnte und reckte sich, gähnte gründlich, fühlte sich erfrischt und stand auf. Danach kamen die Schularbeiten an die Reihe, und dann Kaspar, der große, bernhardinerartige Hund, der in einer gut ausgepolsterten Hundehütte wohnte. Er gehörte eigentlich Monikas Bruder, aber Peter nahm ihn auf seine Streifzüge in die Umgebung mit, bemühte sich auch gelegentlich, ihm Apportieren und andere Kunststückchen beizubringen. Doch er war zu bequem und zu vergeßlich, um Kaspar die tägliche Pflege angedeihen zu lassen, die ein Hund braucht, um sich wohl zu fühlen. So war es Monika, die für Kaspars Fütterung sorgte, und Monika, die ihn bürstete, ihm die Schlappohren saubermachte und die Nase eincremte.

      In Begleitung von Kaspar, der freudig um sie herumsprang, lief sie dann in den Stall, um Bodo, den schweren Hannoveraner, aufzuzäumen. Bodo wieherte vergnügt, denn während der kalten Jahreszeit, wo er nicht draußen weiden konnte, war er immer besonders begierig auf einen Ausritt. Der sanfte Frühlingsregen störte weder ihn noch Monika oder Kaspar. Fast eine Stunde waren sie unterwegs, dann kamen sie durchnäßt, aber glücklich zurück. Monika rieb Bodo gründlich trocken, während Kaspar sich schüttelte, daß die Regentropfen nur so flogen. Sie nahm Kaspar mit ins Haus, weil er dort schneller trocken werden würde – in der Hoffnung, Amadeus würde sich zurückhalten. Denn wenn ein Tier die Nähe des Hausgespenstes spürte, sträubten sich ihm die Haare, und es wurde von Entsetzen gepackt.

      „Laß dich bloß nicht blicken, Amadeus!“ rief sie mit geballter Faust ins Nichts hinein. „Sieh dir an, wie pudelnaß Kaspar ist! Du willst doch nicht, daß er sich erkältet? Also laß ihn gefälligst in Ruhe!“

      „Mit wem sprichst du denn?“ fragte Frau Schmidt, die aus der Küche kam. Aber sofort überschaute sie die Situation. „Ach so. Ich verstehe. Nimm ein warmes Bad, Moni, und zieh frische Sachen an!“

      Monika tat, wie ihr geraten war. Vergnügt aalte sie sich im warmen Wasser – bis ihr einfiel, daß sie etwas vorhatte. Sie gönnte sich noch eine kalte Dusche, sprang dann rasch aus der Wanne und zog sich an. Dann schlüpfte sie in ihre gelben Gummistiefel, lieh sich ohne viel zu fragen Lianes Regenmantel aus und bat die Mutter, ihr ihren Regenhut zu leihen.

      „Was hast du vor?“ fragte Frau Schmidt.

      „Ich will Vati entgegengehen.“

      „Gibt’s was zu besprechen?“

      „Ja.“ Monika, die keineswegs die Geheimnisvolle spielen wollte, holte den Block aus der Schublade, auf dem Frau Schmidt ihre Einkaufsnotizen zu machen pflegte. „Wegen Amadeus!“ schrieb sie auf den Zettel.

      Frau Schmidt las die Mitteilung und riß sie dann rasch in kleine Fetzen – ganz sicher konnte man nicht sein, ob Amadeus am Ende auch noch lesen konnte. „Schon gut, mein Liebes“, sagte sie, „aber dann mußt du dich beeilen.“

      Monika pfiff Kaspar. Aber der erhob sich nur sehr zögernd. Er war froh, daß er ein warmes Plätzchen im Haus gefunden hatte und hatte offensichtlich genug vom Regenwetter.

      „Pfui, wie unsportlich, Kaspar!“ tadelte Monika ihn. „Aber von mir aus. Bleib, wo du bist. Beklage dich nicht, wenn Amadeus dich vergrault. Das hast du dir dann selber zuzuschreiben.“

      Rasch gab sie der Mutter einen Abschiedskuß und lief ins Freie. Immer noch strömte das Wasser vom Himmel. Es war einer jener Landregen, die tagelang anhalten können. Monika machte er nichts aus. Mit weit ausholenden Schritten wanderte sie zielbewußt die schmale asphaltierte Straße entlang, die nach Heidholzen führte. Sie durchquerte einen kleinen Wald und pfiff dabei vor sich hin. Obwohl sie wußte, daß hier weit und breit keine Gefahr lauerte, war es ihr doch immer wieder ein wenig unheimlich, so ganz allein, ohne Kaspar und ohne Bodo, in freier Natur zu sein.

      Als sie sich plötzlich gepackt fühlte, erschrak sie fast zu Tode. Kein Geräusch und kein Schritt hatte sie vor diesem Überfall gewarnt.

      „Hilfe!“ schrie sie. „Lassen Sie mich los. Was fällt Ihnen ein!“

      Sie trat nach hinten aus – aber da war kein Widerstand –, sie kämpfte mit aller Macht, um sich loszureißen. Starke Arme hielten sie unerbittlich umschlungen.

      Nach wenigen Minuten – vielleicht waren es aber auch nur Sekunden – legte sich ihre Panik, und sie konnte wieder klar denken. Sie gab allen Widerstand auf, machte sich ganz schlapp und fragte: „Was wollen Sie eigentlich von mir?“

      Darauf bekam sie keine Antwort, aber sie fühlte, wie sie zurückgezerrt wurde – nicht in den Wald, wie sie gefürchtet hatte, sondern in Richtung auf das Haus am Seerosenteich.

      Monika versuchte, ganz ruhig zu atmen. Sie sah an sich herab. Deutlich fühlte sie die Arme, die СКАЧАТЬ