Das unsterbliche Nashorn. Dorothea Flechsig
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Название: Das unsterbliche Nashorn

Автор: Dorothea Flechsig

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9783943030792

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СКАЧАТЬ Geld bezahlen musste, denn ihre Rente war nicht üppig. So musste sie gut haushalten.

      Florin las viel in Büchern, die ihm Elvira aus der Bibliothek mitbrachte. Da sie immer Angst hatte, es könnte irgendjemand dahinterkommen, dass Florin nicht ihr Enkel war, erzog sie ihn, möglichst nicht aufzufallen. Sie wusste, dass es eigentlich eine Straftat war, ein Kind aufzunehmen, ohne es bei den Behörden anzumelden. Das machte es erforderlich, anderen Menschen nichts von sich zu erzählen, sich niemandem anzuvertrauen. Solange Florin sich erinnern konnte, hatte Elvira ihn ermahnt, was er sagen solle, wenn jemand nachfragte, woher er komme oder wer er sei. „Ja, ja, ich weiß“, antwortete Florin. „Ich heiße Florin und bin dein Enkel. Solange meine Mutter im Ausland studiert, wohne ich bei dir.“

      Florin fehlte es an nichts. Nur sehnte er sich nach gleichaltrigen Kindern. Aus Angst und Vorsicht sollte er keine Freundschaften vertiefen. Wenn es ihm langweilig wurde, spielte er Klavier. Die Musik beruhigte ihn, und während er spielte, verfiel er in Träumerei. Er stellte sich all das vor, was ihm fehlte, oder was er nicht konnte. Wie er mit einem Freund lachend auf dem Fahrrad um die Wette fuhr oder wie er mit Kumpels auf dem Sportfeld tobte. Er stellte sich seine Mutter vor. Sie war wunderschön, breitete die Arme nach ihm aus und lachte ihn glücklich an. Die Tasten des Klaviers wurden sein innerer Halt. Er brauchte das Spielen, um zu überleben, genauso wie das Ein- und Ausatmen.

      Immer öfter wurde es ihm eintönig, nur mit Elvira zu reden. Die Neugier, andere Menschen, vor allem Gleichaltrige, näher kennenzulernen, wuchs von Tag zu Tag. Er wünschte sich, in einer Fußballmannschaft mitzuspielen. Aber Elvira blieb streng. Deshalb war er manchmal sehr frech zu ihr oder ärgerte sie mit Absicht, indem er extra nicht auf sie hörte. Elvira war ihm aber nie lange böse.

      Eines Tages entdeckte Florin etwas sehr Ungewöhnliches. Er beobachtete ein Mädchen im Hinterhof. Sie saß auf einer Mauer, schaute auf ihr Handy und nickte mit dem Kopf im Takt. Florin schlenderte auf sie zu. Sie trug Kopfhörer.

      Elvira war unterwegs. Sie hatte einen Arzttermin und musste sich neue Tabletten verschreiben lassen, denn ihr Herz war schwach und sie hatte das Gefühl, dass es in letzter Zeit in der Nacht manchmal unregelmäßig schlug. Fasziniert sah Florin dem Mädchen zu. Ihr braunes Haar hatte einen Rotschimmer in der Sonne und sie trug ein dunkelgrünes Haarband. Er stand nur da und schaute sie an. Sie nahm die Kopfhörer ab.

      „Was is’n los?“, fragte sie forsch.

      „Was meinst du?“, wunderte sich Florin. „Was soll sein?“

      „Was glotzt du so?“, zischte sie genervt.

      „Ich glotze nicht. Ich sehe dich nur an.“ Florin betrachtete sie weiter.

      „Hast du irgendein Problem?“, fragte sie unhöflich. Als Florin den Kopf schüttelte, steckte sie ihre Kopfhörer wieder in ihre Ohren und drehte sich von ihm weg.

      Florin kletterte geschickt auf die Mauer und setzte sich nur einige Meter entfernt von ihr hin. „Du bist unhöflich!“, sagte er laut.

      Das Mädchen seufzte: „Ey, ich will hier nur in Ruhe meine Musik hören!“

      „Was für Musik hörst du denn?“, fragte Florin. Sie antwortete nicht und reichte ihm schweigend einen der zwei kleinen Kopfhörer. Er rutschte näher und lauschte. „Ah, das habe ich mal im Radio gehört!“

      „Was magst du für Musik?“, fragte sie ihn.

      Florin lächelte, denn jetzt war ihre Stimme freundlicher. „Ich spiele Klavier. Volkslieder, Mozart, Beethoven.“

      „Echt, so was Schräges magst du?“

      Florin nickte verunsichert. „Schräg?“, wiederholte er fragend.

      „Na, so ein altertümliches Geklimper ist nicht so meins! Kannst du gut Klavier spielen?“

      „Ich weiß nicht. Ich kann dir ja mal was vorspielen, wenn du magst.“

      Florin war über seine Worte selbst überrascht. Das würde Elvira bestimmt nicht gefallen.

      „Wie heißt du?“, fragte das Mädchen.

      „Florin. Und du?“

      „Ich bin Paula. Meine Mama besucht hier im Seitenflügel meine Großtante. Sie ist vor Kurzem hierhergezogen.“

      Florin nickte. Paula hatte lange, anmutige Finger.

      Die Nägel ihrer kleinen Finger waren schwarz lackiert.

      „Und du?“, fragte Paula.

      Florin sah zu ihr auf. „Ich wohne bei meiner Oma“, antwortete er zögerlich.

      „Was ist mit deinen Eltern?“

      „Meine Mutter arbeitet im Ausland.“

      „Und dein Vater?“

      „Der auch!“

      Da er es Elvira versprochen hatte, log er. Florin war das Gespräch über seine Eltern unangenehm. Er wollte schnell auf ein anderes Thema kommen. Aber ihm fiel nichts ein. Beide schwiegen.

      „Wie verstehst du dich mit deiner Oma?“, fragte Paula ihn endlich.

      „Wir verstehen uns sehr gut. Sie ist nur oft überängstlich.“

      „Und wie alt bist du?“, fragte Paula ihn weiter.

      „Zwölf, und du?“

      „Dreizehneinhalb und jetzt“ – sie atmete schwer aus – „noch eine Sekunde älter.“ Paula lächelte Florin an und er lächelte zurück.

      „Hast du auch einen Vater?“, fragte Florin. „Klar, aber den seh ich nie. Ist wohl ein Volltrottel. Hat uns schon verlassen, als ich noch ein Baby war.“

      „Das tut mir sehr leid“, antwortete Florin mitfühlend.

      „Braucht dir nicht leid zu tun.“

      „Welcher Arbeit geht deine Mutter nach?“, wollte Florin nun wissen.

      „Warum redest du so geschwollen? Wieso interessiert dich das überhaupt?“

      „Ich wollte nur höflich sein und das traurige Gespräch über deinen Vater beenden“, entschuldigte sich Florin.

      „Ich bin nicht traurig wegen meinem Vater. Ich vermisse ihn überhaupt nicht. Der ist mir egal“, entgegnete ihm Paula. „Du bist echt ein komischer Vogel.“

      Paula hatte schöne geschwungene Augenbrauen. Florin fand überhaupt ihr Gesicht wunderschön. Alles passte perfekt zusammen. Die Augen zur Nase, die Nase zum Mund, der Mund zum Kinn, das Kinn zum Hals. Die Sommersprossen auf ihrer Nase. Sie war hübsch.

      „Vermisst du deinen Vater?“, fragte Paula.

      „Ja!“ Florin nickte traurig.

      Das war nicht gelogen. Oft, wenn er Männer beobachtete, malte er sich aus, dass einer davon sein Vater sein könnte. Als er noch kleiner gewesen war, hatte er sogar einmal die Hand eines Fremden genommen und ihn gefragt, ob er sein Papa sein wolle.

      „Wie СКАЧАТЬ