Название: Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst
Автор: Aristoteles
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9788075834157
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Verschieden denken kann man über die Frage, ob die Gegenleistung nach dem Nutzen, der dem Empfänger zugefallen ist, zu bemessen und dementsprechend ins Werk zu setzen ist, oder vielmehr nach der Größe des Opfers, das der Geber gebracht hat. Der Empfänger hat die natürliche Neigung, den Wert des Empfangenen herabzusetzen; er sagt wohl, er habe vom Geber solches erhalten, was für diesen nicht in Betracht kam und was er auch ganz gut von anderen hätte bekommen können. Der Geber umgekehrt behauptet, er habe das größte geleistet, was in seiner Macht stand und was sonst kein Mensch hätte leisten können, und das in gefährlichen oder sonstigen dringlichen Lagen. Wäre nun nicht da, wo die Verbindung geschäftlicher Art ist, das Richtige dies, daß der vom Empfänger erlangte Vorteil den Maßstab bildet? Dieser war doch der, der des andern bedurfte, und der andere half ihm aus in der Aussicht, das gleiche zurückzuerlangen. Der gewährte Beistand ist also so groß gewesen, wie der andere den Vorteil davon gehabt hat, und er muß so viel zurückerstatten, wie er Nutzen gehabt hat, oder noch mehr; letzteres ist das Edlere. In Verbindungen dagegen, die der Adel der Gesinnung stiftet, kommt es nicht vor, daß der eine sich über den anderen beklagt; hier liefert das Opfer, das in der Absicht des Gebers lag, den geeigneten Maßstab. Denn wo auf den Adel der Gesinnung und des Charakters gezählt wird, da ist das Entscheidende die Absicht, aus der die Handlung erfolgt.
Zum Streite kann es auch in solchen Verbindungen kommen, wo der eine Teil das Übergewicht hat. Es kann jeder Teil zu viel für sich beanspruchen, und tritt das ein, so geht die Verbindung auseinander. Der Überlegene meint, es komme ihm zu, ein Mehr zu erlangen, denn dem Tüchtigen gebühre ein größerer Anteil. Ganz ähnlich der, der mehr leistet. Denn wer nichts leistet, heißt es, dürfe auch nicht das gleiche erlangen; sonst laufe es auf einen Ehrendienst und nicht auf eine geschäftliche Verbindung hinaus, wenn der bei der Verbindung sich ergebende Gewinn sich nicht nach dem Werte der Leistung richtet. Man meint nämlich, wie in gemeinsamen geschäftlichen Unternehmungen diejenigen, die mehr einschießen, auch mehr empfangen, so müsse es auch in freundschaftlichen Verhältnissen geschehen. Umgekehrt denkt der, der des anderen bedarf, und der Minderwertige, es sei einfach Pflicht eines befreundeten Mannes von guter Gesinnung, denen zu helfen, die der Hilfe bedürfen; denn was habe man sonst von der Freundschaft mit einem tüchtigen und mächtigen Manne, wenn man davon doch keinen Genuß zu schmecken bekomme?
Da kann man nun den Anspruch beider Teile für begründet halten und meinen, beiden Teilen müsse auf Grund des Freundschaftsverhältnisses ein Mehr zufließen, aber nicht ein Mehr derselben Art: vielmehr gebühre dem Höherstehenden die höhere Ehre, und dem in bedürftiger Lage der größere Vorteil. Denn für edle Gesinnung und hilfreiches Tun bildet das Gegengeschenk die Ehre, und für eine bedrängte Lage ist der Gewinn die Hilfe.
So sieht man es denn auch im Staate zugehen. Wer dem Gemeinwesen nichts Nützliches leistet, der genießt auch keine Ehre. Denn was das Gemeinwesen gewähren kann, wird dem gewährt, der sich um das Gemeinwesen verdient macht; das aber ist die Ehre. Ausgeschlossen dagegen ist das, daß man aus den Mitteln des Gemeinwesens Gewinn und Ehre zugleich schöpfe. Denn in allen Stücken zurückzustehen, das erträgt kein Mensch. Wer also an Geldbezügen verkürzt wird, dem teilt man Ehre zu, und wer Geld brauchen kann, erhält Geld. Denn, wie gesagt, das Austeilen nach dem Verhältnis der Würdigkeit stellt die Gleichheit her und erhält das freundschaftliche Band zwischen den Menschen.
So also muß man auch in Verhältnissen zwischen Ungleichen das Verfahren regeln. Wer aus dem Vermögen oder durch das überlegene Verdienst des anderen Aushilfe empfangen hat, der soll mit Ehre als Gegengabe erwidern, indem er gibt, was in seiner Macht steht. Denn wo ein Freundschaftsverhältnis besteht, da verlangt man soviel, als wozu das Vermögen vorhanden ist, nicht soviel, als dem Verdienste entspricht. Das letztere wäre auch gar nicht in allen Verhältnissen möglich, so bei der Ehre, die man den Göttern oder die man den Eltern erweist. Hier könnte doch niemand Ehre nach Verdienst erweisen: dagegen meint man, daß der seine Schuldigkeit tut, der seine Dienste nach seinem Vermögen leistet. Deshalb meint man auch, es stehe zwar dem Sohne nicht zu, sich vom Vater, aber wohl dem Vater, sich vom Sohne loszusagen. Wer schuldet, muß bezahlen; der Sohn aber kann mit allem, was er leistet, nichts tun, was dem ihm vom Vater Geleisteten an Wert entspräche; er bleibt also immer Schuldner. Dagegen steht es dem Gläubiger zu, die Schuld zu erlassen, und so auch dem Vater. Zugleich aber wird es nicht leicht vorkommen, daß einer sich von dem eigenen Sohne abwendet, es sei denn, daß dieser über die Maßen verkommen ist; denn es liegt in der menschlichen Natur, auch abgesehen von der natürlichen Zuneigung, eine hilfreiche Hand nicht von sich zu stoßen. Dem ungeratenen Söhne dagegen erscheint die dem Vater zu leistende Hilfe als etwas, was er besser unterläßt oder wofür er sich wenigstens nicht besonders erwärmt. Denn Wohltaten zu empfangen wünschen sich die meisten, sie zu erweisen meiden sie als eine Last. Soviel über diese Dinge.
e) Austausch ohne Entgelt
In allen Verbindungen, in denen es sich um den Austausch von Leistungen handelt, die der Art nach verschieden sind, ist es, wie wir dargelegt haben, die Proportion, die die Gleichheit herstellt und die Verbindung in Bestand erhält. So bekommt in der wirtschaftlichen Gemeinschaft der Schuhmacher für das Schuhzeug, das er liefert, einen entsprechenden Gegenwert, ebenso der Weber und alle anderen Produzenten auch. Dafür nun ist als das allgemeine Wertmaß das Geld eingeführt worden; auf dieses wird alles zurückgeführt, und an ihm wird alles gemessen.
Bei Liebschaften liegt es anders. Da kommt es vor, daß der Liebhaber sich beklagt, er erlange für seine überschwänglichen Liebesbeweise keine Erwiderung; dergleichen geschieht, wenn er nichts Liebenswertes an sich hat, was ja wohl bisweilen zutreffen mag. Zu anderen Malen beklagt sich wieder der geliebte Gegenstand, daß ihm von dem, was ihm dereinst verheißen worden, jetzt nichts erfüllt werde. Das ist das Ergebnis in dem Falle, wo der eine dem geliebten Gegenstande seine Liebe zuwendet um sinnlicher Befriedigung willen, und dieser dem Liebhaber um des Vorteils willen, und nun beide um ihr Ziel kommen. Hat ein Liebesverhältnis solche Begründung, so tritt die Auflösung ein, wenn die Parteien das nicht erlangen, was sie zu der Verbindung veranlaßt hat. Ihr Interesse war ja gar nicht auf die Person gerichtet, sondern auf das, was ihr anhaftete, und da dies letztere nicht dauert, so dauert eben deshalb auch das Liebesverhältnis nicht. Dagegen eine Liebe, die der Person als solcher mit ihrer inneren Beschaffenheit gilt, diese erweist sich, wie wir dargelegt haben, als dauerhaft.
Die Parteien gehen aber auch dann auseinander, wenn das was sie erlangen ein anderes ist als das was sie begehren. Hier ist es geradeso, als ob sie nichts erlangten; denn eben das Ziel wonach sie streben bleibt ihnen versagt. So erging es einst einem Virtuosen, dem versprochen worden war, je besser er spiele, desto höher würde seine Belohnung sein. Als er nun am folgenden Tage um Erfüllung des Versprechens ersuchte, erhielt er zur Antwort: für das Vergnügen das er bereitet, habe er ja sein Vergnügen bereits erlangt [durch die ihm eröffnete angenehme Aussicht]. Wenn nun die Absicht beider Teile eben darauf gerichtet war, СКАЧАТЬ