Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst. Aristoteles
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СКАЧАТЬ und Geistesbildung. Und ferner: es ist Tatsache, daß was nicht frei gewollt ist Verdruß macht; was die Begierde befriedigt aber gewährt Genuß. Sodann, wo liegt der Unterschied zwischen dem Fehltritt der mit Überlegung, und dem der im Affekt begangen ist, was die Unfreiwilligkeit anbetrifft? Denn zu meiden ist doch alles beides, und als menschlich gelten ebensosehr die nicht vom Gedanken geleiteten Affekte und somit auch die aus Affekt und aus Begierde entspringenden Handlungen. Mithin hat es auch keinen Sinn, diese als nicht frei gewollt zu bezeichnen.

      2. Vorsatz und Überlegung

       Inhaltsverzeichnis

      Als nächste Aufgabe, nachdem wir frei gewollte und nicht frei gewollte Handlungen gegeneinander abgegrenzt haben, stellt sich die dar, den Begriff des Vorsätzlichen zu erörtern. Denn dieses gilt für das eigentümlichste Merkmal des sittlichen Willens und für ein noch bedeutsameres Kennzeichen des Charakters als es die Handlungen selber sind. Was vorsätzlich ist, das ist nun offenbar auch frei gewollt; aber die beiden Begriffe fallen doch nicht zusammen, sondern das frei Gewollte ist der umfassendere Begriff. Das frei Gewollte kommt auch bei den Kindern und den Tieren vor, die Vorsätzlichkeit nicht, und die raschen Handlungen des Augenblicks nennen wir zwar frei gewollt, aber den Charakter der Vorsätzlichkeit schreiben wir ihnen nicht zu.

      Man ist schwerlich auf dem rechten Wege, wenn man die Vorsätzlichkeit als ein Begehren, einen Gemütszustand, einen Wunsch oder eine Ansicht bezeichnet. Denn bei Wesen, die nicht mit Vernunft begabt sind, kommt vorsätzliches Handeln nicht vor, wohl aber kommen Begierden und Gemütsstimmungen vor. Wer sich nicht zu beherrschen vermag, handelt aus einem Begehren heraus, aber nicht auf Grund eines Vorsatzes, und umgekehrt, wer seiner Herr ist, handelt vorsätzlich, aber nicht aus einem Begehren heraus. Vorsatz und Begierde stehen zueinander im Gegensatz, aber nicht Begierde und Begierde. Die Begierde ist auf das Angenehme und das Schmerzliche, der Vorsatz weder auf das Schmerzliche noch auf das Angenehme gerichtet.

      Noch weniger hat der Vorsatz mit der Gemütsstimmung zu tun: was aus einer Stimmung entspringt, erscheint am wenigsten einem Vorsatz gemäß. Aber das gilt auch vom Wunsch, so nahe er sich auch mit dem Vorsatz verbunden zeigt. Ein Vorsatz richtet sich nicht auf das was unmöglich ist, und wenn einer sagen sollte, er habe sich dergleichen vorgesetzt, so würde man ihn einfach für geistesschwach halten. Ein Wunsch dagegen kann sich ganz wohl auch auf Unmögliches richten, z.B. darauf, vom Sterben befreit zu bleiben. Der Wunsch ferner hat zum Inhalt auch solches, was man selber niemals herbeizuführen vermag, wie etwa, daß ein Schauspieler oder ein Athlet den Preis gewinne. Zum Vorsatz dagegen macht sich dergleichen kein Mensch, sondern immer nur solches, wovon er glaubt, daß es durch ihn verwirklicht werden kann. Endlich geht der Wunsch mehr auf das Endziel, der Vorsatz mehr auf die Mittel zum Ziel. Man wünscht z.B. gesund zu werden; aber man nimmt sich vor, das zu tun, wodurch man gesund werden kann. Wir wünschen uns glücklich zu sein und sprechen den Wunsch auch aus; aber wollten wir sagen, wir setzen es uns vor, so würde das nicht stimmen. Überhaupt, Inhalt eines Vorsatzes darf man sagen ist das, was in unserer Macht steht.

      Also kann ein Vorsatz auch keine bloße Ansicht sein. Denn eine Ansicht kann man sich augenscheinlich über alles bilden, ebensowohl über die ewigen und über die unmöglichen Dinge wie über das was in unserer Macht steht. Eine Ansicht wird danach beurteilt ob sie wahr oder falsch und nicht danach, ob sie gut oder böse ist; ein Vorsatz aber wird gerade an dem letzteren Unterschied gemessen. Überhaupt also wird niemand beides für dasselbe halten noch es als dasselbe bezeichnen, auch einen Vorsatz nicht als identisch mit irgendeiner Ansicht nehmen. Unsere sittliche Beschaffenheit bestimmt sich danach, ob wir uns das Gute oder das Böse zum Vorsatz machen, nicht danach was für Ansichten wir hegen. Wir bilden den Vorsatz uns einen Gegenstand von dieser oder jener Art anzueignen, ihn zu meiden oder sonst dergleichen; eine Ansicht dagegen bilden wir uns über das Wesen des Gegenstandes, über seinen Wert, und wem oder wie er sich nützlich erweist: dagegen ihn zu erwerben oder zu meiden, das ist ganz und gar nicht der Inhalt einer Ansicht. Ein Vorsatz findet Billigung eher deshalb weil er sich auf das richtet was pflichtmäßig, als deshalb weil er richtig gebildet ist, eine Ansicht dagegen gerade deshalb, weil sie der Wahrheit entspricht. Einen Vorsatz bilden wir betreffs dessen, wovon wir ganz sicher wissen, daß es etwas Gutes ist: eine Ansicht haben wir über das, was wir nicht genau wissen. Es sind auch nicht dieselben Menschen, die die besten Vorsätze und die die besten Ansichten haben; manche haben wohl die bessere Ansicht, bilden aber infolge ihres schlechten Charakters Vorsätze, wie man sie nicht bilden soll. Ob aber eine Ansicht dem Vorsätze vorangeht oder nachfolgt, kommt hier nicht in Betracht. Denn das ist nicht die Frage, die wir behandeln, sondern, ob ein Vorsatz dasselbe ist wie eine Ansicht die jemand hegt.

      Was ist nun der Vorsatz, oder was ist sein unterscheidendes Merkmal, wenn er doch keines von dem Bezeichneten ist? Offenbar ist er ein frei Gewolltes, aber nicht alles frei Gewollte ist auch ein Vorsätzliches. Ist er also das Prämeditierte, das Ergebnis vorhergehender Überlegung? Wirklich ist ein Vorsatz gedankenmäßig und überlegt. Schon das Wort deutet augenscheinlich darauf hin, daß er auf einer Auswahl des einen vor anderem beruht.

      Hat nun solches Überlegen jedes Beliebige zum Inhalt und kann alles Beliebige den Gegenstand einer Überlegung bilden? oder gibt es auch solches worüber eine Überlegung nicht stattfindet? Als einen Gegenstand der Überlegung darf man schwerlich das gelten lassen, worauf ein geistesschwacher oder ein von Sinnen gekommener, sondern nur das, worauf ein vernünftiger Mensch seine Überlegung richtet. Kein Mensch ferner überlegt sich das was ewig ist, z.B. den Weltenbau oder die Inkommensurabilität zwischen der Seite des Quadrats und der Diagonale, und ebensowenig das was zwar in Bewegung ist, dessen Bewegung aber sich in immer gleicherweise vollzieht, sei es, daß solche Wirkung durch äußere kausale Notwendigkeit, sei es, daß sie durch innere Anlage oder durch irgendeinen anderen Grund hervorgebracht werde, z.B. die Sonnenwenden und Sonnenaufgänge. Andererseits überlegt man sich auch nicht, was sich jetzt so, jetzt anders zuträgt, wie Dürre und Regengüsse, oder was Sache bloßen Zufalls ist, wie das Finden eines Schatzes, aber auch nicht einmal alle menschlichen Verhältnisse.

      Welche Staatsverfassung für die Skythen die geeignetste ist, das überlegt sich kein Mensch, der in Lakedämon zu Hause ist; denn unsere Macht reicht nicht bis dahin. Wir überlegen uns vielmehr das was in unserer Macht steht und sich von uns herstellen läßt; das allein bleibt noch übrig.

      Als Ursachen der Ereignisse gelten innere Anlage, äußere Notwendigkeit und Zufall; dazu tritt dann die Vernunft und alle menschliche Einwirkung. Für jede Klasse von Menschen nun ist Gegenstand der Überlegung das, was man selbst zu bewerkstelligen vermag. Kenntnisse, die völlig klar und gesichert sind, überlegt man sich nicht erst, z.B. nicht die Schriftzeichen; denn darüber, wie man zu schreiben hat, gibt es keine zwei verschiedenen Meinungen. Nur was sich durch uns vollziehen läßt, aber nicht immer in derselben Weise, das überlegen wir uns, z.B. Fragen der Heilkunde und des Gelderwerbes oder Fragen der Steuermannskunst, und zwar diese letzteren noch eher als die der leiblichen Übungen, sofern auf jenem Gebiete das Verfahren in geringerem Grade festgelegt ist. Ähnlich verhält es sich durchgängig. Technische Verfahrungsweisen sind Gegenstand der Überlegung in höherem Grade als wissenschaftliche; denn über jene gehen die Meinungen weiter auseinander. Man überlegt sich Dinge, die nur in der Regel vorkommen und deren Verlauf unsicher ist, Dinge, bei denen es unbestimmt ist, wie man sich zu benehmen hat. Wo es sich um wichtige Dinge handelt, da nimmt man überdies noch fremden Rat in Anspruch, weil man sich selber nicht recht zutraut, daß man zu einem richtigen Urteil genügend befähigt sei.

      Gegenstand der Überlegung sind aber nicht die Ziele, sondern die Wege zum Ziel. Ein Arzt überlegt sich nicht, ob er heilen, und ein Redner nicht, ob er überreden soll, ein Staatsmann nicht, ob er vernünftige Einrichtungen im Staate treffen soll; und so gilt es allgemein: niemand überlegt sich den Zweck, den er anstrebt, sondern während der Zweck festgestellt ist, ist die Frage die nach der Art und Weise und nach den Mitteln ihn zu erreichen. Wenn es dabei СКАЧАТЬ