Название: Auf zwei Planeten (Science-Fiction)
Автор: Kurd Laßwitz
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
isbn: 9788027209934
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»Ganz richtig«, antwortete La ebenfalls deutsch, »ich tue es nicht zum Vergnügen. Ich bin im Dienst. Wie wollen Sie verstehen diese Nume? Wie wollen Sie verstehen diese Kalalek? Ich bin als Dolmetscher hier«, fügte sie auf martisch hinzu.
»Das ist wahr, an diese Schwierigkeit habe ich gar nicht gedacht. Aber wie leid tut es mir, daß Sie sich so bemühen müssen. Freilich, was könnte ich mir Besseres wünschen – doch wollen Sie nicht Ihren Helm wieder aufsetzen?« La schüttelte den Kopf. Aber sie schlug hinter ihrem Platz eine Lehne mit weichem Polster in die Höhe und stützte dort ihr Haupt auf. So lehnte sie sich zurück und ließ ihre Augen prüfend über das Boot und die ganze Umgebung wandern.
Mit großer Geschwindigkeit durchschnitt das Boot die leise bewegten Wellen der Bucht und hatte in etwa zehn Minuten die Stelle erreicht, an welcher sich mehrere Kanäle von verschiedener Breite verzweigten. Jetzt mußte langsam und vorsichtig gefahren werden, denn ein Gewirr von Felsblöcken und Eisbergen oder Schollen erstreckte sich am Stirnende des Gletschers entlang und verengte das Fahrwasser. Die Martier hatten den Platz bezeichnet, an welchem sie den Fallschirm gefunden hatten, und Saltner spähte nach einer geeigneten Stelle aus, wo man den Gletscher erklimmen könnte. Er schlug seinen Eispickel in eine Scholle und sprang auf dieselbe hinüber, kam wieder zurück und ließ das Boot weiterfahren. Es schien sich von selbst zu verstehen, daß er hier kommandierte.
La ließ ihre Augen mit Wohlgefallen auf seinen entschiedenen Bewegungen ruhen. Dieser Bat, über den sie als Martierin sich so weit erhaben fühlte, war ihr bisher nur seltsam vorgekommen. Aber hier, in seinem Element als gewandter Kletterer, machte er ihr doch einen viel vorteilhafteren Eindruck. Gegenüber den unbeweglichen Kugeln, die ihre Landsleute auf den Schultern trugen, gegenüber den grauen, stumpfen Gesichtern der Eskimos mit ihren vorstehenden Backenknochen bot sein ausdrucksvoller Kopf, seine freie Haltung und kräftige Kühnheit ein Bild, das sie gern betrachtete.
Der Gletscher fiel an den meisten Stellen mit einem senkrechten Abbruch von zehn bis fünfzehn Metern Höhe in die See ab. Endlich hatte Saltner eine Stelle gefunden, an welcher ihm der Aufstieg möglich schien. Gewandt schlug er Stufe auf Stufe in das ziemlich weiche Eis und kletterte, von den Augen der Martier unter Spannung verfolgt, die Eiswand hinauf. Dann warf er das Seil hinab, und die beiden Eskimos folgten ihm an demselben. Bald waren die drei für die Insassen des Bootes hinter dem Rand des Eises verschwunden.
Längere Zeit war nichts von den Kletterern zu vernehmen, und La begann schon ungeduldig nach der Höhe zu blicken. Da erschien Saltner etwa hundert Meter weiter am Rand des Absturzes und winkte dem Boot, sich dorthin zu begeben. Als dies geschehen war, rief er hinunter:
»Ich habe Spuren gefunden. Wird es möglich sein, einige Leute hier heraufzubringen?«
La übersetzte, und der Führer des Bootes ließ antworten, daß dies sehr leicht sei, wenn es Saltner gelänge, mit seinem Seil die Rolle des Aufzuges, den die Martier mit sich führten, hinaufzuziehen und oben zu befestigen.
Dies geschah nach Wunsch. Alsbald hatten die Martier einen bequemen Aufzug eingerichtet, den sie mit den Akkumulatoren ihres Bootes betrieben.
Nicht weit von der Stelle, an welcher die Martier ihren Aufzug angebracht hatten, stieß eine Seitenschlucht in das Haupttal, und hier zog sich ein Streifen von Felstrümmern und Moränenschutt, von Flechten überkleidet, auf dem ganz allmählich ansteigenden Gletscher in die Höhe. Auf diesem Streifen konnte man, ohne sich der unsicheren Oberfläche des Gletschers anzuvertrauen, gut ins Innere des festen Landes gelangen. Saltner hatte nun in dieser Richtung einen Gegenstand zwischen dem Geröll bemerkt, der zwar der weiten Entfernung wegen nicht deutlich erkennbar war, aber jedenfalls untersucht werden mußte, da er von Menschen herzurühren schien, wenn es nicht gar der nur zum Teil sichtbare Körper eines Menschen war. Um jedoch das Gestein zu erreichen, mußte man zunächst eine tiefe und breite Spalte passieren; diese Spalte war an einer Stelle durch eine Schneebrücke überspannt gewesen, die offenbar erst vor kurzem zusammengebrochen war. Gegenwärtig war es unmöglich, dieselbe ohne künstliche Hilfsmittel zu überschreiten, und deshalb hatte Saltner die Martier heraufgerufen. Er sagte sich, es sei sehr wohl denkbar, daß Torm mit Hilfe des vom Fallschirm abgelösten Seiles auf den Gletscher und von dort auf den Moränenstreifen gelangt sei. Mit großer Aufregung hatte er daher jenen dunklen Gegenstand in der Ferne betrachtet.
Die Martier wanden nun aus ihrem Boot genügend lange Stangen empor, um die Spalten überbrücken zu können, und Saltner verrichtete mit den Eskimos die übrige Arbeit. Alsdann wanderte er über die Felstrümmer weiter, eine Kletterpartie, die übrigens schwieriger war und langsamer vor sich ging, als er ursprünglich erwartet hatte.
La hatte sich ebenfalls emporziehen lassen. Auf ausgebreiteten Fellen ruhend sah sie den Arbeiten der Menschen zu. Sie hatte noch niemals einen Gletscher in der Nähe gesehen, geschweige denn betreten. Auf dem Mars gab es solche Gebilde nicht; die Atmosphäre war viel zu trocken, um dieselben zu unterhalten. Mit Bewunderung blickte sie in das Gewirr von Spalten, Trümmern und Zacken, die mit ihren grünlichen Schatten sich von den rötlich im Sonnenschein schimmernden Schneeflächen abhoben. Gar zu gern hätte sie einen Blick in die unergründliche Eisschlucht hineingetan, welche die Menschen überbrückten, aber sie scheute sich, den mühsamen Gang zu zeigen, mit dem sie sich hätte hinschleppen müssen.
Jetzt waren die Menschen fortgegangen; sie konnten die seltsame Figur nicht mehr beobachten, die sich langsam von den Fellen erhob, ihren Kugelhelm aufsetzte und auf zwei Stöcke gestützt der Spalte zuschlich. Der Weg war gar nicht so anstrengend, wie La glaubte; sie hatte sich doch schon einigermaßen geübt, ihre Glieder unter dem Einfluß der Erdschwere zu bewegen. So gelangte sie an den angebrachten Steg und ließ sich am Rand der Gletscherspalte nieder.
An die eine der hinübergelegten Stangen sich haltend, beugte sie vorsichtig den Kopf über den Abgrund. Dunkelgrün dämmerte die Tiefe, aus der das Rauschen des Schmelzwassers dumpf herauftönte. Genau unter ihr streckte sich ein zackiger Grat ihr entgegen, der die Schlucht der Länge nach durchzog. Ein großer Felsblock war hinabgestürzt und auf dem Grat festgehalten worden. Er bildete eine Art Brücke da unten in der Tiefe. Daneben zeigte ein frischer Spalt seine kristallklaren Eiswände. La konnte sich an dem ungewohnten Schauspiel nicht sattsehen. Schwindel kannte sie nicht. Sie war gewohnt, den Weltraum in seiner Unendlichkeit unter ihren Füßen zu erblicken, wenn das Raumschiff die Leere des Sternenhimmels durcheilte. Aber sie kannte auch nicht die Gefahren dieses mürben, abbröckelnden Elements, auf dessen überhängender Kante sie ruhte. Um besser hinabzublicken, zog sie sich an der Stange weiter und stemmte ihre Füße gegen einen Vorsprung des Randes. Der Vorsprung brach. Zerstiebend stürzte er in die Tiefe. Ihr Fuß verlor die Stütze. Sie wollte sich wieder hinaufschwingen, aber die Last war zu schwer für ihre Kräfte. Der unförmliche Helm hinderte sie, ihren Oberkörper frei an dem Steg zu bewegen, an welchen sie sich geklammert hielt. Sie rief um Hilfe, doch die Stimme drang nur schwach unter dem Helm hervor. Eine erneute Anstrengung brachte ihren Körper höher, aber nun glitt die Stange aus ihrer Lage, ihre Hände verloren den Halt – – La stürzte in den Abgrund.
Ihr Angstschrei verhallte zwischen den Eiswänden der Spalte. Aber der Helm, der ihren Absturz verschuldete, wurde vorläufig zu ihrem Retter. Sie fiel auf die Stelle, welche der auf dem Grat ruhende Felsblock verengte, und der elastische Helm hemmte den Sturz. Er war zertrümmert, aber sie selbst fühlte sich unverletzt, sie hatte das Bewußtsein nicht verloren. Mit den Armen sich festklammernd, lag sie auf dem Felsen, unter sich die finstere Tiefe, über sich den schmalen Lichtstreifen des Himmels, unfähig, sich zu bewegen. Sie vermochte nichts zu ihrer Rettung zu tun, Minute auf Minute verrann. Wann würde man sie bemerken? Konnte sie gerettet werden? Sie war vollkommen ruhig. Das Bild der fernen Heimat stieg vor ihr auf. »Noch einmal möcht ich ihn sehen, meinen schönen Nu«, so klang es in ihr, »aber wenn es nicht sein soll, so füg ich mich Deinem Willen im Weltenplan.«
Da vernahm sie Rufe über sich. Ein Kugelhelm wurde СКАЧАТЬ