Название: EbenHolz und ElfenBein | Erotischer Roman
Автор: Martin Kandau
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Erotik Romane
isbn: 9783862773602
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»Wie viel von mir darf er denn sehen?«, hatte sie mich gefragt. Ich hatte fast sprachlos geantwortet, dass sie ihm alles zeigen dürfe, was sie wolle.
»Wir werden sehen, was ich will«, hatte Marion daraufhin lasziv gesagt.
Der Gedanke, dass Moe ihrer ganzen Nacktheit begegnen könnte, erregte mich so sehr, wie er mich schockierte. Ich war mir nicht sicher, ob ich das wirklich wollte. Ich wusste nur, dass der Gedanke mich erschütterte und zu überrollen drohte. Nie hatte ich in meinem Leben dieses intensive Entgegenfiebern verspürt. Hier wurden tiefe, dunkle Wünsche berührt, die ich bisher sorgsam verborgen gehalten hatte. Eine verwirrende Neigung. Es erregte mich, dass ein anderer Mann meine Frau nackt sehen würde. Es gab mir etwas und raubte mir zugleich den Verstand, ich konnte diese Lust nicht erklären, wusste nicht, was sie bedeutet, und so forschte ich dieser Neigung nach. Dabei stieß ich auf eine kleine Geschichte aus antiker Zeit. Sie handelte von einem König, sein Name war Kandaules. Er war leibhaftiger Nachkomme des Herakles, und der griechische Geschichtsschreiber Herodot berichtete von ihm:
Der König hatte sich in sein eigenes Weib verliebt. Er war von ihrer Schönheit so begeistert, dass in ihm das Verlangen erwachte, diese Schönheit mit anderen zu teilen. Der König hatte einen Leibwächter, der zugleich ein enger Freund aus Jugendtagen war. Sein Name war Gyges. Als der König ihm von der Schönheit seiner Frau vorschwärmte, wandte Gyges sich schamvoll ab. Kandaules aber zwang ihn dazu, der Königin aus einem Versteck im Zimmer beim Auskleiden zuzusehen. Gyges tat es. Und erblickte die Frau von Kandaules in ihrer ganzen Nacktheit und Schönheit. Als er sich aus dem Zimmer hinausschlich, erkannte die Königin ihn jedoch, und sie zwang ihn, weil er sie nackt gesehen hatte und sie dies als Schande empfand, sich das Leben zu nehmen oder den König zu töten und sie zur Frau zu nehmen. Gyges wählte das Leben, und Kandaules starb.
Aber zuvor erlebte der König Atemberaubendes. Ich konnte spüren, wie er diesem Augenblick entgegengefiebert hatte, in dem er seinem Freund Gyges die nackte Schönheit seiner Königin offenbarte. Er konnte etwas mitteilen, was er selbst nicht fassen konnte. Er konnte ihren Reiz und ihre Schönheit teilen und es damit fassbarer für sich machen. Erst durch die fremden Augen, die voller Bewunderung und Erregung über den herrlichen Leib wanderten, konnte er ihn selbst begreifen, was seine eigene Lust nur umso mehr steigerte.
Im Unterschied zur Legende wusste die Königin in meiner Fantasie schon etwas von der Neigung. Marions Stimme sprach aus den Tiefen meiner Gedanken zu mir: »Stell dir vor, die Königin hätte Gefallen daran gefunden, beobachtet zu werden. Stell dir vor, sie hätte es genossen, betrachtet zu werden. Und der Freund hätte es ebenso genossen. Sie hätte der Begierde dieses anderen Mannes ins Auge gesehen und sich daran erregt. Sie hätte nackt dagestanden und sich selbst in seinen verbotenen Blicken genossen. Und dann hätte sie weiter im Dunkeln auch den König erkannt, der diese verbotenen Blicke mit Faszination verfolgte. Und dann hätten beide sich in die Augen gesehen. Und sich an diesem Moment berauscht!«
Meine Lust wandelte weiter auf dem verbotenen Pfad, und ich hörte Marions Stimme, die in meiner Fantasie weitersprach: »Sag mir: Gefällt dir nur der Moment? Der Moment, in dem sie ihre Nacktheit zeigt? Oder ist es mehr? Ist dieser Moment nur ein Symbol für das, was ihm folgen könnte? Sag mir: Würde es dich erregen, wenn der Freund die Königin berührt, sie streichelt und sie küsst? Stellst du dir nicht vor, dass es die Moral von der Geschicht‘ nicht gäbe und dass dieser Moment sich ganz anders entwickeln würde?«
Die Frage war: Wie weit wäre Kandaules gegangen? Was hätte er gewollt? Wann wäre seine Lust endgültig befriedigt worden? Wo lag das Ende seines Pfades der Lust? Vielleicht hatte er das nicht gewusst. Die Schönheit seiner Königin war zu viel für ihn. Sie machte ihn verrückt, und er musste versuchen, ihrer Herr zu werden. Wie weit wäre er gegangen, um den Reiz zu befriedigen, den seine schöne Königin in ihm auslöste?
Es gab ein historisches Gemälde von dem englischen Maler William Etty. Dieses Bild stellt die Szene dar: Da steht die Königin, vollkommen entkleidet, in ihrer reich geformten Nacktheit. Sie steht mit erhobenen Armen und leicht gewölbter Hinterseite da, und ihr ganz nahe, hinter Brokat verborgen im Schatten, steht ihr stiller Betrachter. Sein verbotener Blick weidet sich ungläubig an ihr. Dieser Blick entweiht das Geheimnis, er scheint die Heiligkeit des nackten Leibes zu erobern. Und gleich neben dem heimlichen Betrachter steht atemlos der König, der das sieht.
Das Bild war faszinierend. Ich starrte es lange auf dem Computerbildschirm an. Man spürte darin so einen Hauch von erschrecktem Staunen über die wundervolle Blöße, die die Königin sich gab. Einen reizvolleren Moment konnte ich mir nicht vorstellen. Und wieder hörte ich Marions Stimme, als sei sie die neue Art dieser Königin – modern und liberal, verständnisvoll und zärtlich. Ich hörte, wie sie den dunklen, unbekannten Pfad meiner Fantasie, meiner lustvollsten Sehnsucht, weiterging und dabei zu mir sagte: »Ich will es gern wissen. Bitte sag mir ehrlich, mein Schatz: Wünschst du dir manchmal, dass ein anderer Mann bei uns ist, wenn wir uns lieben? Kannst du dir vorstellen, wie es sein würde, wenn er mich berührt und wenn du es siehst. Wäre es gut für dich? Sag mir: Würde es dich glücklich machen, wenn ich Sex mit einem anderen Mann habe und du darfst dabei zusehen? Wenn ich mich nehmen lasse und dir dabei in die Augen sehe? Wenn ich dabei deinen Blick halte mit all meiner Liebe?«
Diese Worte beschworen einen undenkbaren Reiz, ein Tabu, eine dämonische und alles verzehrende Lust. War dies der Wunsch des König Kandaules? War es mein Wunsch? War es das, was ich zu restloser Befriedung brauchte? War es das, was ich wirklich wollte und was ich aushalten konnte? Ich dachte an den kommenden Samstag, das Fotoshooting, bei dem meine Frau unserem Freund nackte Haut zeigen sollte. Ich dachte daran besessen, qualvoll, ungeduldig, bereit, es aufzuhalten und es im Wahnsinn zu erzwingen. Ich sah Marion vor mir, wie sie sich in einer scheuen Pose sitzend zurückwölbte und ihre ganze busenvolle Nacktheit zeigte. Ein Vollweib, das die ganze, glatte, warme Haut wie einen Mythos zeigte, die nackten Schenkel und die breiten Hügel des vollen Gesäßes, die skulpturalen Hüften, und wie der Pass der Taille in die warme Muskulatur des Rückens und der nackten Schultern emporstieg, über die diese Fülle langer Locken des warmblonden Haares fiel. Wenn sie die Arme in die nackten Hüften stemmte oder sie lustvoll hinterm Kopf verschränkte oder wenn sie einfach nur dalag, so wie die Maja von Goya. Marion, ein frisches, glanzvolles Pin-up-Girl mit der warmen Aura einer gereiften, schönen Frau. Sie schaute unschuldig in die Kamera, sie schaute lächelnd, verschämt, denn sie entblößte sich, zeigte ihre üppige, traumhafte Nacktheit mit würdevoller Demut. Ihre Verletzlichkeit und Wärme – alles wandte sich ihm zu, all das offenbarte sich unserem Freund, alles gab sie nun auch ihm, und das hatte für mich etwas maßlos Befriedigendes. Alles, was Marion bedeutete, ihre Herrlichkeit, ihre Güte, ihr Reiz, würde mir wie vielfach verstärkt erscheinen. Ich würde meine Frau nie so schön, so hinreißend, so begehrenswert erleben, das spürte ich. Blick und Begierde eines anderen Mannes erhöhten sie für mich. Doch für die Entblößung unserer ehelichen Intimität gab es keine Worte, die wirklich darstellen konnten, was es bedeutete. Ein Gefühl, dem ich hilflos ausgeliefert war wie einem berauschenden freien Fall!
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Ich spürte dieses Übermaß an erotischer Unruhe und brannte darauf, diesen Abend bei Moe zu erleben. Das Gefühl war stark ambivalent. Da war die Freude, bei unserem neuen Freund eingeladen zu sein, und es war zugleich die verbotene Erwartung eines sexuellen Ereignisses.
Es war unrealistisch zu denken, dass an diesem Abend die verschiedenen Schmuckstücke, die ins beste Licht gesetzt werden sollten, die Hauptrolle spielten und dass Marion dabei wie eine Puppe blieb und in der Macht ihrer unwiderstehlichen Schönheit nicht ihr Eigenleben entwickelte.
»Nun?«, fragte sie mich am späten Nachmittag, als sie fertig zurechtgemacht für den Abend ins Wohnzimmer trat. »Gefalle ich dir so?«
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