Missionale Theologie. Roland Hardmeier
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Название: Missionale Theologie

Автор: Roland Hardmeier

Издательство: Bookwire

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783862567621

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СКАЧАТЬ die Missio Dei mit der Sendung der Kirche verknüpft und sie in einem heilsgeschichtlichen Ansatz untergebracht. Allerdings haben sie nach Schirrmacher den „wunderbaren Scheck“, den sie ausgestellt haben, nie eingelöst.47 Bei Hartenstein könne das auf die Kürze der von ihm stammenden Texte über die Missio Dei zurückgeführt werden. Vicedom hingegen habe trotz ausführlicher Beschäftigung mit dem Thema exegetische und systematische Ausführungen „über das innertrinitarische Sendungsverhältnis, über die Verbindung von Gott als Gesandtem zum Menschen als Gesandter, über das Verhältnis des Geistes Gottes, der seit Pfingsten Mission betreibt, zum missionalen Handeln der Kirche“ weitgehend vermissen lassen.48

      So bleibt nach Willingen und dem Beitrag Vicedoms die Erkenntnis: Die christliche Mission wurzelt im Wesen Gottes, der ein sendender Gott ist. Die Mission der Kirche ist Teilhabe an der Mission Gottes. So wichtig diese Erkenntnis war, so vieldeutig blieb das Konzept seiner Unschärfe wegen.

       Ein „neues“ Missionsverständnis

      Das Konzept der Missio Dei wurde an den auf Willingen folgenden ökumenischen Weltmissionskonferenzen aufgenommen und weiterentwickelt.49 Allerdings nicht im Sinne Hartensteins, der die Missio Dei eng mit der Missio Ecclesiae verband: „Die Sendung des Sohnes zur Versöhnung des Alls durch die Macht des Geistes ist Grund und Ziel der Mission. Aus der ‚Missio Dei‘ allein kommt die ‚Missio Ecclesiae‘. Damit ist die Mission in den denkbar weitesten Rahmen der Heilsgeschichte und des Heilsplanes Gottes hineingestellt.“ 50 Für Hartenstein und die deutsche Delegation in Willingen gehörte das missionarische Handeln der Kirche untrennbar zur Missio Dei in der Welt.

      Nun aber kam es in der ökumenischen Diskussion zu einer einseitigen Weiterentwicklung des an sich so wertvollen Konzepts. In den 1960er-Jahren übernahmen immer mehr ökumenische Theologen den Begriff der Missio Dei im Sinn des holländischen und des amerikanischen Modells.51 Der missionstheologische Fokus richtete sich weg von der Kirche auf das Wirken Gottes in der Welt – ein Umstand, der in der ökumenischen Bewegung nicht nur auf Zustimmung stieß, sondern auch substanzielle Kritik hervorrief.52 Die Mehrheit aber hatte zu einem „neuen“ Missionsverständnis gefunden: An Gottes Mission teilhaben bedeute, in der Welt mit Gott zusammenzuarbeiten. Ziel sei es, Gottes Schalom aufzurichten. Die Rolle der Kirche sei es, „diese Mission zu bezeugen – weil von ihr zu erwarten ist, dass sie weiß, was vor sich geht – und sich ihr anzuschließen, und zwar in dem Sinne, dass sie mit den Bewegungen in der Welt zusammenarbeitet, die den Schalom fördern, sei es nun, dass sie eine christliche Basis haben oder nicht.“ 53

      Die Unterscheidung von Heilsgeschichte und Weltgeschichte, die in Willingen auf Drängen der deutschen Delegation noch aufrechterhalten worden war, wurde nun ganz aufgegeben.54 Damit einher ging ein verändertes Heilsverständnis und als Folge davon eine inhaltliche Neuausrichtung der Mission. Das Ziel war jetzt nicht mehr die Aufrichtung der Herrschaft Jesu durch die Verkündigung des Evangeliums, sondern die Herbeiführung des innerweltlichen Schalom durch christliches Handeln. Die Kirche war nicht mehr beauftragt, das Evangelium zu bezeugen und zum Glauben zu rufen, sie war jetzt nur noch Partnerin im Kampf für Befreiung aus gesellschaftlichen Zwängen und politischer Unterdrückung.

      Zur vollen Blüte kam dieses veränderte Heilsverständnis an der siebten ökumenischen Weltmissionskonferenz von Bangkok 1973. Das Eintreten für das Heil wurde zum politischen Kampf, durch den der Mensch Anteil habe am Erlösungswerk Gottes in der Welt. Heil bedeute Friede in Vietnam oder Nordirland. Im Bericht der Sektion II „Heil und soziale Gerechtigkeit“ heißt es:

      In dem umfassenden Heilsbegriff erkennen wir vier soziale Dimensionen des Erlösungswerkes: 1. Das Heil wirkt im Kampf um wirtschaftliche Gerechtigkeit gegen die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. 2. Das Heil wirkt im Kampf um die Menschenwürde gegen politische Unterdrückung durch Mitmenschen. 3. Das Heil wirkt im Kampf um Solidarität gegen die Entfremdung der Menschen. 4. Das Heil wirkt im Kampf um die Hoffnung gegen die Verzweiflung im Leben des Einzelnen.55

      Heil wird hier seiner eschatologischen Dimension beraubt und auf ein zwischenmenschliches Ereignis reduziert. Bangkok führte zu einer Umdeutung des Heilsverständnisses und damit zu einer radikalen Neuorientierung der Mission. Nicht mehr der Glaube an Christus und der Ruf zum Glauben standen im missionarischen Fokus. Es ging jetzt um die Verwirklichung des Heils im Diesseits durch den politischen Kampf. Die Missio Dei war auf Grund gelaufen.

      Es kommt nicht von ungefähr, dass der Begriff der Missio Dei als „Containerbegriff“ bezeichnet wird, in den jeder das hineinlesen kann, was er will. So erstaunt es nicht, dass sich in der ökumenischen Missionstheologie das Schlagwort Missio Dei zwischen Willingen und Bangkok von seiner ursprünglichen Bedeutung emanzipierte und seine eigentliche Bedeutung ins Gegenteil verkehrt wurde. Diese Emanzipation hatte eine dreifache Auswirkung:

      Erstens wurde mit der Umdeutung des Missio Dei-Begriffs zu einem innerweltlichen Kampfgeschehen die Tür zum Religionspluralismus aufgestoßen. Man war jetzt überzeugt, dass Gott sein Heil in der Welt auch ohne die Kirche wirkt. Gott sei in der Welt befreiend am Werk und bediene sich dazu auch revolutionärer Bewegungen. Gott sei auch in den nicht christlichen Religionen Heil schaffend am Werk. Islam, Hinduismus und Buddhismus seien legitime Heilswege. Verkündigung müsse durch Dialog ersetzt werden.56

      Zweitens wurde die Kirche durch die einseitige Fokussierung auf Gottes Wirken in der Welt ihrer missionarischen Bedeutung beschnitten. Wenn Gott für die Mission verantwortlich ist, wenn sie von ihm ausgeht und wenn sie sein Werk ist, dann ist die Kirche nicht für die Missio Dei zuständig und wird dazu auch nicht benötigt. „Eine kirchenorientierte Mission mit dem Ziel einer Einfügung von Menschen in den Leib Christi und der Sammlung der Glaubenden, wie sie noch in der Vergangenheit praktiziert wurde, kann es somit nicht mehr geben.“57

      Drittens kam die von den westlichen Ländern angeführte Mission zu einem Stillstand. Angesichts der missionstheologischen Entwicklungen wundert es nicht, dass in Bangkok ein Moratorium (Aufschub) für die Aussendung westlicher Missionare verlangt wurde.58 Die Krise von Willingen führte zum totalen Stillstand von Bangkok. Die Missio Dei hatte keines der drängenden missionstheologischen Probleme lösen können und war selbst zum Problem geworden.

      Innerhalb von nur zwei Jahrzehnten war die Missio Dei ins Gegenteil ihrer ursprünglichen Bedeutung verkehrt worden. Zumindest gilt das für das heilsgeschichtliche Verständnis von Mission, wie es Walter Freytag und Karl Hartenstein in Willingen vertraten. Nur so ist es zu verstehen, dass das Konzept der Missio Dei zur Begründung dafür wurde, die Kirche müsse überhaupt keine Mission mehr treiben.

       2.3Die evangelikale Alternative

      Man kann von einer Säkularisierung des Missio Dei-Begriffs zwischen Willingen 1952 und Bangkok 1973 reden. Mission wurde als Befreiung und Humanisierung verstanden, nicht mehr als das Angebot der Rechtfertigung durch den Glauben an Christus.59 Diese Veränderung im Missionsverständnis zeigte eine weitere Auswirkung: Die evangelikalen Kräfte schieden aus dem ökumenischen Prozess aus. Zwischen 1966 und 1974 fanden intensive Diskussionen zwischen Evangelikalen und Ökumenikern statt, in der Hoffnung, die sich öffnenden missionstheologischen Differenzen überbrücken zu können – ohne Erfolg.60 Der Bruch zwischen beiden Lagern trat immer sichtbarer zu Tage.61

       Die Wheaton Erklärung 1966

      Je mehr sich die Ökumeniker einem humanistischen Ziel der Mission verpflichtet fühlten, desto stärker begannen die Evangelikalen, СКАЧАТЬ