Der Douglas. Max Geißler
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Название: Der Douglas

Автор: Max Geißler

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788711467640

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СКАЧАТЬ Geheimnis des Turmes

      Als der alte Arzt am nächsten Tage wieder in das Turmgemach trat, fand er den Zustand des Kranken zu seiner grossen Freude besser denn zuvor. Er hatte gefürchtet, das wunderbare Ereignis würde das Fieber von neuem heraufbeschwören. Deshalb meldete er dem Genesenden lächelnd, dass John Malcolm mit seiner Schwester Harriet in kurzer Zeit das Turmgemach aufsuchen würde.

      Nachdem Melvil in eifernder Sorge noch einige gute Ratschläge erteilt hatte, verabschiedete er sich von Douglas.

      Wie er die Wendeltreppe des Turmes hinabstieg, begegnete er dem Geschwisterpaare.

      „Nun, Melvil, wie steht es?“ rief ihm Herr John entgegen.

      „Es ist, als wäre ein Wunder geschehen – auch mit ihm!“ antwortete der Arzt. „Er hatte das Lager bereits verlassen, als ich vorhin zu ihm kam. Fast scheint es, als fände er Gefallen an der Gefangenschaft im Turme von Malcolm – einer Gefangenschaft, die er sich freiwillig auferlegt. Sonst hätte er heute früh wohl ein Ross zum Heimritt von mir gefordert!“

      Eine Minute später betrat John Malcolm mit seiner Schwester Harriet die Einsamkeit des Turmgemaches.

      Douglas schritt ihnen entgegen, verneigte sich tief vor der Jungfrau und berührte ihre Hand mit seinen Lippen. Dann schlang er lachend die Arme um seinen Freund.

      Beim Anblicke der Lieblichen war ein Glanz in die Augen des jungen Ritters gefallen; und auf seine Stirne flog ein freudiges Rot.

      Blossom war gekleidet wie an jenem Morgen, da sie sich für die Heimkehr des Bruders bereitet hatte. Unter den Säumen ihres seegrünen Übergewandes, das an der Seite gerafft war, fiel der dunkelrote Seidensammet des Rockes hervor. Der war mit einer goldenen Borde fein geziert. Auch war es, als bräche ein goldener Schein aus den silbernen Maschen des Netzes, das über ihrem Haare lag, und erhellte das stumpfe Licht des Gemachs.

      Es ist zu denken, was sie sprachen.

      Zuletzt redeten sie über die Heimkehr des Gastes nach Schloss Douglas und die Möglichkeit heimlichen Wiedersehens. Dabei flogen ihre Blicke zueinander wie Vogelpaare im Mai.

      Dass die hochgemuten jungen Ritter ihre Freundschaft fortsetzen und pflegen wollten, das war der Wunsch ihrer Herzen. Auch Harriet sollte Genossin dieser Freundschaft sein. Aber sie sahen keinen Weg, der sie in den Tagen des Winters heimlich zueinander führen konnte. Im Sommer hätte der grüne Bergwald ihre heimlichen Zusammenkünfte vor den Augen Neugieriger beschirmt. Aber nun?

      Archibald Douglas hatte an diesem Morgen ein leichtes Jägerkleid aus weichem Hirschleder angetan. Nun, da er neben Malcolm stand, erkannte Harriet, dass er ihrem Bruder an Stärke und Grösse des Leibes nicht nachstand. Blondes Haar fiel ihm in mässig langen Locken vom Scheitel, und ein leichter Flaum lag über seinen Lippen.

      „Wir wollten Harriet Malcolms Frauenklugheit das Schicksal unserer jungen Freundschaft anheim geben,“ begann John nach einer Weile nachdenklichen Schweigens das Gespräch von neuem.

      „Es ist nicht zu denken, dass es in sorgsamerer Hut sein könnte!“ antwortete Douglas und sah das Burgfräulein mit blanken Augen an. So viel Schönheit und zauberische Anmut hatte der Ritter noch an keiner Frau gesehen.

      Blossom legte ihre weissen Hände vor das Gesicht und liess sie wieder sinken. Es war, als fürchte sie sich vor der Verantwortung, die sie tragen sollte. Sie wandte sich Archibald Douglas zu:

      „Habt Ihr nicht in der Nachbarschaft von Dohlen und Eulen hier im Turme Musse genug gehabt, mir ein wenig nachdenken zu helfen?“ scherzte sie.

      „Das wohl,“ entgegnete der junge Ritter, „aber – seit Ihr durch diese Tür geschritten seid, ist alles anders geworden um mich her. Es ist keine Einsamkeit mehr, es ist keine graue, glanzlose Umgebung mehr. Nein – alles ist anders geworden. Ich habe nicht einmal Eile, gesund zu werden.“

      Wie Harriet Malcolm die Freude aus diesen Worten klingen hörte, ward sie in ihrem Herzen froh. Aber sie schlug doch die Augen nieder; denn sie fürchtete, der Freund ihres Bruders möchte in solchen lieben Worten den Wunsch zu erkennen gegeben haben, sie einst als Weib zu besitzen. Dann wäre freilich ein trefflicher Bund geschlossen gewesen, und die Liebe hätte sich wieder einmal in ihrer ganzen Herrlichkeit und Stärke gezeigt; sie hätte den jahrhundertalten Hass besiegt wie einen bösen Feind.

      Aber wie hätte das alles geschehen können?

      Kaum wusste sie, was sie dem jungen Douglas auf seine freudige Rede entgegnen solle. Ihre Blicke glitten suchend durch das Gemach. Und nur, um das Schweigen zu brechen, sagte Harriet: „Wir werden noch einmal von vorn anfangen müssen, uns die Sache zu überlegen.“

      Sie hatte daran gedacht, dass sie dem Feinde ihres Vaters nicht verraten dürfe, wie fröhlich ihr Herz geworden sei, seit Douglas und John Malcolm sich gefunden hatten. Aber der junge Ritter hing mit seinen Augen an den Lippen des jungen Burgfräuleins und ward noch froher als zuvor. Denn er vernahm, dass sie nicht nur gern gekommen sei, sondern dass sie auch noch ein wenig in seiner Gesellschaft verweilen wolle.

      Da erhob sie sich von ihrem Sitz, als wolle sie andeuten, dass sie schon länger geblieben sei, als es sich für eine so vornehme Jungfrau schicke, und sagte ganz ruhig:

      „Herr Ritter, es wird nicht schwer sein, meinem Vater alles zu verbergen. Seine Gemächer liegen am anderen Ende des Schlosses, und es ist ein weiter Weg bis dahin. Ich entsinne mich nicht, dass er jemals dieses Turmgelass betreten hätte. Wenn der Marschalk nicht wüsste, dass Ihr hier krank lieget, so brauchte der Lord nie etwas davon zu erfahren. Aber – Marschalk Glenalvon sieht so scharf, als hätte er hundert Augen. Er hat, wie es scheint, auch schon aus dem alten Arzte das Geheimnis herausfragen wollen. Wie wir uns vor seiner Schlauheit hüten sollen, ohne die Unwahrheit zu sagen, das weiss ich nicht.“

      Jungfrau Harriet wandte sich bei diesen Worten langsam der Türe zu.

      Da war es dem jungen Ritter, als solle er die Schönheit des Burgfräuleins nie mehr sehen. Er wagte nicht zu bitten, dass sie noch bleibe, aber er sagte lächelnd:

      „Wir werden uns nun an jedem Tage gemeinsam beraten müssen. Vielleicht können wir den listigen Marschalk durch unseren Arzt irre führen: er soll ihm sagen, ich läge im Fieber. Oder ... er soll sagen, ich sei gestorben und schon begraben ...“

      John Malcolm unterbrach ihn mit sehr nachdenklichem Gesichte: „Du lachst bei diesem Rate, Freund! Aber du hättest ihn ganz im Ernst geben können. Wer weiss, ob wir uns nicht doch am Ende noch mit einer solchen Ausflucht behelfen müssen.“

      Archibald Douglas zuckte die Achseln und sah Blossom an: „Der Däne hätte mir fürwahr einen schlimmen Streich gespielt, wenn er fester dreingehauen hätte. Meint Ihr nicht auch, Jungfrau Harriet? Auf der gespaltenen Stirne hätte Euer klares Auge gewiss nicht ruhen mögen. Und ich hätte die höchste Schönheit nie sehen dürfen, von der sie im Lande erzählen wie von einem Märchen.“

      Harriet reichte ihm die Hand und ging mit ihrem Bruder hinaus.

      Die Wunden brannten Douglas. Er lehnte seine heisse Stirne gegen die Scheiben. Er öffnete das Fenster und trank die kühle, neblige Herbstluft. Ein Flug Zugvögel rauschte am Turme vorüber. ‚Der Sonne nach‘, dachte Douglas. Und wie er sann, erkannte er, dass er von allen Frauen der Erde keine lieber zu seinem Ehegemahle nehmen wolle als Harriet Malcolm. Denn keine war herrlicher als sie. Sie war noch schöner als die Sonne, die im Frühling über die Berge scheint und mit ihrem Zauber die wintermüde Welt zu neuem СКАЧАТЬ