Название: Der Douglas
Автор: Max Geißler
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788711467640
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Die Stimme des jungen Douglas zitterte. Da reichte ihm Malcolm die Hand: „Ihr fordert das beste, das ich zu geben habe! Wohlan, zwischen Euch und mir seien die trutzigen Wälle hinfort geschleift, die ein neidisches Verhängnis aufgebaut hatte, die Edelsten unseres Landes zu trennen. Ich weiss; es ist nicht nur die wunderliche Fügung der Stunde, die Euch mit solchem Wunsche mir gegenübertreten lässt. Es ist vielmehr die Erkenntnis in Euch: die Douglas und die Malcolm haben bessere Aufgaben, als den Brand schnöden Hasses zu hüten. Wohlan, der Wille zum Frieden ist da. Möge die Tat ihn krönen!“
Da legte der blonde Douglas seine Hände auf die Schultern des hochgewachsenen Malcolm. Sie sahen sich in die Augen wie zweie, die sich lange gesucht und nun endlich gefunden hatten.
Dann sagte er: „John Malcolm, wenn uns in unserem Leben nichts weiter zu tun beschieden wäre, als diese Stunde herbeigeführt zu haben – es wäre genug! Wer je nach uns den Namen Malcolm oder Douglas tragen wird, muss uns für diese Stunde segnen!“
John Malcolm aber breitete seine Arme aus und umschlang seinen ritterlichen Freund: „Wir wollen Brüder sein, Douglas!“ sagte er und küsste die bleiche Stirne seines Gastes.
*
Wie sie eine Zeit danach im Turmgemach zu dritt beim Steinkruge sassen, der mit edlem Burgunderweine gefüllt war, da röteten sich die Wangen des Genesenden im Glücke der Stunde.
Der Arzt und John berichteten, was sich zugetragen seit jenem Abbruch des Feldlagers. Berichteten auch, wie Marschalk Glenalvon den blutenden Leib des jungen Helden am Quell im Niederholze vor dem wilden Kliff aufgefunden hatte.
„Marschalk – Glenalvon?“ fragte Douglas erstaunt. Er hatte mit dem Ausdrucke höchster Verwunderung zugehört. „Warum führt Ihr den Marschalk nicht zu mir, damit ich ihm danke und ihm seine edle Tat lohne?“
Der alte Arzt sah seinen jungen Herrn mit deutsamem Lächeln an. Dann schaute er nach der Tür. Es war ihm, als müsse sich diese Tür öffnen und der Lauscher Glenalvon darin erscheinen.
„Ihr müsst wissen,“ begann er mit gedämpfter Stimme, „dass dem Marschalk kein Gespräch verborgen zu bleiben scheint, das innerhalb der Mauern von Burg Malcolm geführt wird. Dieser Glenalvon ist ein Wunder von Weisheit und Mannesmut. Aber er ist auch ein Wunder von Verschlagenheit und Tücke ...“
Malcolm setzte hinzu: „So ist er ein giftiges Reptil – – und leider der Vertraute meines Vaters. Lord William Malcolm ist der einzige Mensch, dem der Marschalk in wahrhaft heldischer Treue zugetan ist. Er würde ihn nicht missen mögen; denn es kann sich einer nicht seinen Kopf und seinen rechten Arm abhacken ... Verstehst du das, Archibald Douglas?“
Der blonde, junge Ritter schwieg und sah nachdenklich vor sich hin. Um dem Gespräche eine andere Wendung zu geben, fragte er:
„Hast du Brüder, John Malcolm? Und warum führst du sie nicht zu mir, damit wir uns dieser Stunde gemeinsam freuen?“
„Keine Brüder, Archibald Douglas! Aber meine Schwester Harriet will ich morgen in dies Gemach geleiten.“
Da lächelte der genesende Mann: „Oh, ihre Schönheit ist allmächtig, und ihr Herz ist wunderbar wie ein Märchen.“
Er sprach diese Worte wie im Traume, und seine Augen füllten sich darüber mit hellem Glanze.
„Du weisst ...?“ entgegnete John Malcolm erstaunt.
Douglas legte seine Hand auf die des Freundes und sagte:
„Für die Kunde von ihrer Schönheit und für das Lob der Güte ihres Herzens waren die Mauern der Douglasschlösser nicht stark genug. Und die Feindseligkeit unserer Geschlechter war nicht mächtig genug, ihrem Eindringen zu wehren. Von Harriet Malcolm, der Rose von Schottland, singen die fahrenden Leute. Von ihr und ihrem edlen Sinn erzählen die Mägde am Spinnrade mit glückseligen Augen. Ich freue mich, Harriet Malcolm morgen zu sehen.“
Während Douglas so sprach, erhob sich der Arzt von seinem Sitz. Er schlug dem jungen Ritter das Oberkleid am Halse zurück und schob ihm den Verband zurecht, der sich an Schulter und Brust verschoben hatte. Auf der Stirne sass dem jungen Helden noch der blutrote Striemen eines frischvernarbten Schwerthiebs. Erst an diesem Morgen hatte ihm der Greis die Binde abgenommen. Nun sagte er lächelnd und bedächtig:
„Wenn Ihr bald nach Burg Douglas reiten wollt, Sir, so werden wir jetzt daran denken müssen, Euch in der Stille des Turmgemachs allein zu lassen. Ich bitte, streckt Euch wieder auf den Fellen aus und lasst uns beide heute den Rest des Burgunderweins allein trinken.“
Douglas litt frohgemut die Sorge des greisen Arztes. Dann sagte er scherzend:
„Was meint Ihr, Melvil? Bin ich nicht wieder stark wie ein Löwe?“
Er schlug ihm dabei sanft auf den Arm.
„Hm,“ machte der Alte, „und wenn Euch in einer Stunde ein Geissbock anrennt, so setzt er den Löwen in den Sand. – Wir wollen daran denken hinauszugehen, Herr John,“ wendete er sich an Malcolm, „oder wir wollen höchstens noch ein wenig darüber reden, was zu geschehen hat.“
„Es ist recht,“ antwortete der junge Ritter und wendete sich dem neugewonnenen Freunde zu: „Auf Burg Douglas meinen sie, du wandelst nun unter den Toten! Möchtest du, dass ich einen verschwiegenen Boten reiten lasse, der den Deinen die Kunde hinüberbringt: Archibald Douglas lebt?“
Da legte der Kranke die Hand flach über seine Stirn und sah schweigend nach der gebräunten Decke des Gemachs. Es war, als senke sich eine tiefe Trauer in sein Herz. „Kunde bringen?“ fragte er halblaut. Er redete mit sich selbst. Dann richtete er sich ein wenig auf: „John, du sagst, einen ‚verschwiegenen‘ Boten. Glaubst du, dass ausser unserem alten Doktor ein Mensch lebt, der über das schweigen wird, was in dieser Stunde sich zwischen uns ereignet hat? Ja, wenn wir beide die Ältesten unserer Geschlechter wären! Und wenn wir die Macht hätten zu gebieten: der alte Hass soll nun begraben sein, denn er war die Schmach der Malcolm und Douglas! Aber wir sind beide nur die Söhne unserer Väter. Und in unseren Vätern brennt die Flamme des Hasses verderblich weiter ...“
Noch ehe Douglas geendigt hatte, war Malcolm wieder zurück in den Erker getreten. Auch ihn überkam tiefer Unmut – nun lehnte er die Stirne in schweigsamem Sinnen gegen die kalten Rundscheiben des Fensters.
„Den Hass des Alten von Malcolm gegen die Douglas zerschlägt nur der Tod!“ sagte er dumpf.
„Und den Hass des greisen Lord Douglas wider die Malcolm zerschlägt nur der Tod!“ kam es in gleichem Tone von den Lippen des Kranken.
Endlich trat John Malcolm wieder an das Lager seines Freundes und reichte dem jungen Ritter die Hand: „So wollen wir uns unverbrüchliches Schweigen geloben. Kein Mensch soll von dem Glücke dieser letzten Stunde Kunde bekommen als unser treuer Arzt und Harriet, meine Schwester!“
Bei diesen Worten beugte er sich zu dem goldhaarigen Douglas nieder und küsste ihm die Wange. Dann winkte er dem Arzte:
„Kommt, Melvil, wir wollen zu Harriet gehen und mit ihr heimlich Rat halten! Vielleicht weiss Frauenklugheit einen Weg aus diesem Netze, mit dem uns das Schicksal umstrickt hat.“
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