DASDA. Karoline Toso
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Читать онлайн книгу DASDA - Karoline Toso страница 6

Название: DASDA

Автор: Karoline Toso

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: EDITION LIGHTHOUSE

isbn: 9783941717442

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СКАЧАТЬ sagte ich: »Na du?« Da fletschte er wieder die Zähne, nahm das große edelschwarze Rohr, das er schwer um den plumpen Hals trug, und zielte auf mich. Erschrocken machte ich mich davon. Seitdem aber suchte ich ihn immer wieder dort auf, wo er oft war, und ich sah, dass er dieses Rohr oft benutzte und es vorwiegend auf Blumen richtete. Es surrte dann immer kurz, bevor mein Dasda es wieder senkte. Die Blumen erlitten keinen Schaden davon.

      Als ich wieder einmal auf der Lauer nach ihm war und er dann endlich kam, um sich unter meiner Lieblingslinde niederzulassen, bemerkte ich, dass Regentropfen aus seinen Augen sickerten. Dergleichen hatte ich bis dahin nur manchmal bei den Jungen dieser Wesen beobachtet und gedacht, es handle sich um die Unvollkommenheit des Heranwachsens. Auch klagende Laute vernahm ich von meinem Dasda. Ich setzte mich bequem in seine Nähe auf der Linde über ihm und blickte auf ihn hinab, der da schwerfällig auf eines der Holzgerüste geplumpst war, die oft bei Bäumen stehen. Immer wieder schüttelte er das Haupt, bis er es schließlich in seine Pranken legte und laut wimmerte, wie Hundejungen es gern tun.

      Ich setzte mich schließlich auf den aufragenden Teil des Holzgerüstes und sagte mit schmeichelnder Stimme:

      »So schlimm wird’s doch wohl nicht sein, du jammerst ja ganz furchtbar!« Er schaute hoch und mir direkt in die Augen, wieder mit jenem Blickkontakt, der mich ganz gefangen nahm. Seine riesigen Kuhaugen schienen von Tiefe und Intellekt erfüllt zu sein. Diesmal gab er keinen Laut von sich und fletschte auch nicht die Zähne. Seine Augen waren auf mich gerichtet, während weiterhin Regentropfen daraus kullerten. In seiner ganzen stumpfen Plumpheit war er doch irgendwie nett. Mutig und überaus selbstbewusst trippelte ich zwei Schritte näher, sodass ich ihn sogar berühren hätte können. Da hob er eine Pranke und strich mir damit ganz leicht über den Hals.

      Überwältigt starrte ich ihn an. Und er mich. Ich spürte etwas in mir, das ich bis dahin nicht gekannt hatte. Es war ein Gefühl der Wärme und Freude. Wäre dieser Dasda einer von uns gewesen, so hätte ich ihn in diesem Moment vielleicht sogar als einen Herrn an meiner Seite akzeptieren können. Eventuell. So aber wusste ich nicht, was mir diese Zuneigung bringen sollte, außer Beobachtungserkenntnisse vielleicht oder auch einen Happen hin und wieder aus seiner Pranke. Aber das schien mir in diesem Augenblick unwichtig zu sein. Das einzige was zählte, waren diese großen traurigen Augen und seine riesige Pranke, die so zart meinen Hals berührt hatte.

      »Ich wünschte, ich könnte dir mein Leid klagen, hübscher Vogel«, vernahm ich ganz unerwartet mit meinem brillanten Verstand. Dieser Inhalt wurde aber weder von Artgenossen noch von den Luftschwingungen gesendet. Er kam direkt aus dem Riesenkopf meines Dasda. Oder besser gesagt aus seinem Inneren, dort wo bei uns das Fühlen und die Ewigkeit sitzen.

      »So klag doch, ich hör dir zu. Wusste gar nicht, dass du denken und dich mitteilen kannst«, antwortete ich in freundlichem Ton. Da verzog er doch ein wenig das Maul nach oben und es sah freundlich aus, nun ja, für so ein plumpes Wesen eben.

      »Werde ich meinem Vater jetzt je gerecht werden? Wird er jemals wieder glücklich sein können und sich von seiner Krankheit erholen? Was wird aus meiner Mutter nach all dem?«, klagte er also.

      »Bla bla bla« antwortete ich ihm beruhigend. Doch ich ahnte schon, dass er diese Art von Trost, die bei unseren Jungen immer zieht, nicht verstehen würde. Wenn er sich auch überraschenderweise mitteilen konnte, verstehen war dann doch eine Nummer zu hoch für ein Wesen wie ihn. Dennoch blieb ich noch lange bei ihm sitzen und fand es schön, dass er mich immer wieder anblickte, direkt in die Augen, so ganz vertraut, und je länger er es tat, desto ruhiger wurde sein Gemüt. Schließlich teilte er noch mit:

      »Dein Wille geschehe, Herr!« wobei ihm Sturzbäche von Regentropfen aus den Augen schossen. Mich irritierte diese Mitteilung. Von welchem Herrn sprach er da? Schließlich erhob ich mich und drehte genüsslich drei Ehrenrunden hoch über ihm. Der Wind und der Schwung meines eleganten Fluges erfüllten mich mit Lust, sodass ich laut aufjauchzte. Dieses herrliche Lied widmete ich meinem Dasda, der nie erfahren würde, wie leicht und schön es hier oben sein kann. Nie würde er wissen, dass seine Regentropfen nur Leben bedeuten und nicht Traurigkeit.

      Wir alle haben Eltern, Verwandte, Kolleginnen. Und sie haben Flügel so wie jeder von uns. Zwar helfen wir einander und machen fast alles gemeinschaftlich, doch fliegen muss jeder selbst. Ja, klar, verletzt sich jemand von uns, lassen wir ihn nicht allein. Trotzdem, manchmal gib es Unerwartetes, Trauriges. Dann klagen wir gemeinsam und schweigen gemeinsam und erheben uns schließlich gemeinsam, um weiter zu leben, weiter zu fliegen, weiter zu genießen, jeder wie er kann. Mich belächelte man bereits ein bisschen wegen meiner Schwäche für Dasda.

      Anfangs hatten mich Freundinnen begleitet, wenn ich auf der Lauer nach ihm war. Als sie aber sahen, dass es da keine Happen gab, fanden sie mich schrullig.

      »Was hast du davon, den da anzustarren?« fragten sie verächtlich.

      »Er teilt sich mir mit. Ich glaube, sein Vater ist krank oder er hat sich mit ihm gestritten oder so«, antwortete ich ehrlich.

      »Diese Wesen haben keinen Verstand. Sie haben nur Proviant. Rede dir doch nichts ein«, antworteten sie. Ich gebe zu, dass ich mich etwas schämte, denn sie hatten ja Recht. Natürlich wusste ich, dass so ein Wesen nicht wirklich denken und empfinden kann, trotzdem rührte mich mein Dasda und erfüllte mich mit Freude, wann immer ich ihn sah.

      Sehr bald schon hatte ich seine Gewohnheiten herausgefunden. Lang nach meinem Morgenflug bewegte er sich aus seiner Steinhöhle, um nach wenigen Metern, die ich vom Baum aus beobachten konnte, in die nächste Höhle zu wandern. Aus dieser zweiten Höhle kam er erst wieder, wenn die Sonne langsam der Dämmerung Platz gemacht hatte. Das war die Zeit unseres großen Tanzes über der Stadt und unseres Gesanges, so prächtig und wundervoll. Oft stehen die Wesen und staunen uns dabei an. Wie recht sie haben. Gemeinsam sind wir überwältigend.

      In regelmäßigen Abständen veränderte sich der Tagesablauf meines Dasda. Immer nach mehreren Nächten kam er später aus seiner Höhle und betrat gemeinsam mit anderen eine dieser Höhlen, die Himmelstöne von sich geben, gewaltig und Ehrfurcht einflößend. Aus dieser Höhle dringen mitunter Klänge wie von tausend Nachtigallen gleichzeitig. Sehr eindrucksvoll ist das. Anscheinend holen sich die Wesen dort Weisheit für die Zeit zwischen diesen Versammlungen. ›Solche Klänge müssen sogar die stumpfsten Wesen erleuchten‹, dachte ich mir.

      Mein Dasda setzte sich gerne auf das Holzgerüst unter meiner Lieblingslinde. Seit wir einander dort begegnet waren, schien er auf mich zu warten. Und ich wartete auf ihn. Wir hatten also tatsächlich ein Stelldichein. Meinen Kolleginnen durfte ich so etwas nicht sagen, aber ich freute mich täglich darauf, obwohl er nicht täglich kam. Wieder einmal saßen wir beisammen, blickten einander an, berührten einander. Ja, wir berührten einander, er streifte an mir entlang mit seinen Pranken und gab nette Laute von sich und ich wetzte liebevoll meinen Schnabel an seinem Riesenkopf.

      »Was für eine wertvolle Freundin du mir geworden bist. Ich danke dir!«, teilte er mir mit. »Das mache ich doch gerne, du kannst ja nichts dafür, dass du so plump und flugunfähig bist und nichts verstehst. Lieb bist du ja trotzdem«, antwortete ich großzügig und spürte diese Wärme in mir, die ich sonst nur bei besonderen Höhenflügen fühlte, die Lust zu jauchzen. Ich jauchzte ihm mein Lied und er bellte mir mit gefletschten Zähnen ins Gesicht. Natürlich wirkte das brutal, noch dazu mit seinem großen Maul, aber ich wusste inzwischen, dass dies ein Zeichen der Freude bei diesen Wesen war, so unwahrscheinlich das auch klingen mag.

      »Wenn du mich verstehen könntest, wäre manches einfacher für dich, mein lieber Dasda. Viele deiner Sorgen fallen einfach von dir ab, wenn du die Flügel hebst und über den Bäumen hinweg segelst, einfach aus Freude am Fliegen«, wollte ich ihm mitteilen.

      »Du hast СКАЧАТЬ