Fairytale gone Bad 4: Die Schwefelbraut. M. H. Steinmetz
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Название: Fairytale gone Bad 4: Die Schwefelbraut

Автор: M. H. Steinmetz

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Fairytale gone bad

isbn: 9783958691520

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Als Mutter noch lebte!

      Die Ohrfeige ihres Vaters traf sie hart und ansatzlos, riss sie aus ihren Erinnerungen. »Scher dich auf die Straße und komm deiner Arbeit nach, oder muss ich nachdrücklicher werden?« Wütend warf ihr der stämmige, hochgewachsene Mann den prall gefüllten Sack vor die Füße. »Und wehe, du verkaufst wieder nichts!« Er schnaufte. »Ich seh dich schon an der Ecke stehen, unter der Laterne ...«

      »Dafür kann ich nichts! Das ist, weil ...« Die erhobene Hand ihres Vaters ließ sie auf der Stelle verstummen. Sie hatte am eigenen Leib erlebt, zu was er imstande war, wenn die Wut seinen Geist im Wahnsinn zerriss und der billige Fusel sein Übriges tat, den er jeden Abend soff. Der plötzliche Tod seiner Frau, Lakrima - was die Weinende bedeutete - hatte ihm die Seele aus dem Leib gerissen. Und, da war sich Bredica sicher, auch den Verstand. Zumindest hatte es für sie den Anschein, denn manchmal, wenn er sie mit diesem seltsam verklärten Blick ansah, da mochte sie denken, dass mehr dahintersteckte als pure Trauer. Dass es das Loch war, das seinen Blick verfinsterte und ihn auf düstere Gedanken brachte. Schwermut vielleicht oder Wahnsinn, auf jeden Fall aber Gewalt.

      Er war auch vorher schon einer gewesen, der seinen Willen gerne mit den Fäusten durchsetzte. Der in der Küche mit dem Glas in der Hand saß und auf Arbeit wartete, anstatt rauszugehen und sich welche zu suchen. Sie wusste nicht mehr, wann er damit aufgehört hatte, erinnerte sich aber an die lautstarken Auseinandersetzungen, die er mit Mutter in der Küche geführt hatte, wenn sie ihn darauf ansprach.

      »Das habe ich nicht nötig! Ich muss nicht um Arbeit betteln«, rechtfertigte er seine Lethargie. In gewisser Weise hatte er damit auch recht. Damals, in einem anderen Leben, in Rumänien, war er wer gewesen. Der Herr im großen Haus in der Mitte des Dorfes. Ein aufrechter Mann von Stand, zu dem man aufsah und zu dem man ging, wenn man Probleme hatte. Doch hier, jenseits des bleiernen Meeres, war er nur ein armer, von Gram gebeugter Schlucker, der wie tausend andere jeden Tag aufs Neue um den Krumen Brot kämpfte, den es zum Überleben brauchte.

      Ihre Mutter war anders gewesen. Sie hatte sich das Finstere aus dem Keller zunutze gemacht, um sie über Wasser zu halten.

      Sie hat viel geweint. Um jede Seele, die sie dem Schwefel aus der Tiefe opferte. Um jedes Leben, das im Schlund verging ...

      Dennoch hat sie die Gaben mit leuchtenden Augen gerne angenommen.

      Nun ist es meine Aufgabe, den unersättlichen Schlund zu bedienen, damit wir überleben können, dachte Bredica wenig begeistert und bückte sich nach dem Sack mit den Schwefelhölzern. Was sollte sie auch anderes machen?

      Lakrima hatte ihr alles über das Loch in der Kellerwand beigebracht. Wie man das gelblich ätzende Gold schöpfte, es mit frischem Blut vermengte, bis es zu einem Brei wurde, in dem sie die handgeschnitzten Hölzchen drehte, bis sich eine leicht entflammbare Kappe bildete. Ein auf dem Holz sitzender Eitertropfen, der nur darauf wartete, seine sorgsam verborgene Krankheit weiterzutragen.

      Es sei fortan die Bestimmung der Frauen unserer Familie, der finsteren Seele des Lochs in der Wand zu dienen, hatte sie immer gesagt. Und das Bredica bereit sein müsse für den Tag, an dem sie nicht mehr sein würde.

      Bredica war es und wiederum nicht. Wie konnte man auch bereit dazu sein, etwas Finsteres aus dem Schlund zu fischen, dass sich in schweflig gelbes Pulver verwandelte, ausgeschissen von Satan persönlich?

      Wie konnte man bereit dazu sein, Flüche auszuspucken, die den einen ins Verderben stürzen und dem anderen ein Lächeln ins Gesicht zaubern würde? Das und nichts anderes war es, was die Hölzchen in sich trugen, die sie mit Bändern zu kleinen Bündeln schnürte.

      Doch das schwefelgelbe Böse war nicht immer gewillt, ihrer Mutter beizustehen. Nicht in jener Nacht, in der man ihr auf dem Nachhauseweg auflauerte. Sie auf offener Straße hinterrücks niederstach. Ihr einen hölzernen Pfahl ins Herz trieb, Gift in Mund und Rachen träufelte. Dem nicht genug schnitt man ihr den Kopf ab und verbrannte was übrig war, zu Asche, die der Wind verwehte.

      Da wollte wohl jemand ganz sichergehen, dass sie sich nicht mehr von den Toten erhob, dachte Bredica. Ein Witz, wenn man bedachte, dass Nekromantie nie ihre Stärke gewesen war.

      Was einmal zur Hölle fährt, das holt man nicht mehr zurück, hatte sie ihr einst erklärt. Denn die Hölle kehrt Gutes zu Bösem um, macht aus Menschen Monster!

      Die Polizei des Molochs New York scherte sich einen Dreck um eine weitere Migrantenleiche in den Straßen von Five Points. Mehr noch, man feierte den Tod der ausländischen Hexe, wie man die schwarz gekleideten und strenggläubigen Frauen aus Osteuropa spöttisch schimpfte. Die Mehrzahl der Polizisten gehörten den Natives an, also jenen, deren Wiege auf dem amerikanischen Kontinent stand und jeden verdammten Krumen als ihr Land bezeichneten, obgleich sie es selbst von den Ureinwohnern gestohlen hatten.

      Für Bredica brach in dieser Nacht eine Welt zusammen, denn man hatte ihr das Liebste auf der Welt genommen. Sie schwor unter Tränen am Grab ihrer Mutter, das eine billige Urne auf dem Sims über dem Kamin war, Rache an den Mördern zu nehmen.

      Doch nach wenigen Tagen holte sie die bittere Realität ein, denn zuallererst hatte sie dafür zu sorgen, dass ihr Vater stets genug zu saufen hatte. Deswegen musste sie den Inhalt des Sacks, der aus gebündelten Flüchen für jeden Zweck bestand, an den Mann bringen. Und das war beileibe nicht leicht. Die meisten ihrer Kunden waren rumänische Einwanderer wie sie selbst. Gefangen in einem dichten Gespinst aus Aberglaube und dem, was die Patriarchen in den Messen predigten. Die Art und Weise von Lakrimas Tod machte die Gemeinde schwätzend. Es musste einen Grund geben, weshalb man sie gleich vier Mal ermordete, wo doch ein einziges Mal für ein irdisches Leben reichte. Daraus folgte ein mit den Gerüchten wucherndes Misstrauen, das man natürlich auch Bredica entgegenbrachte.

      War sie wirklich nur eine Heilkundige?

      Eine, die Dinge auf gutem Weg richten konnte?

      Oder stand sie mit dem Teufel im Bunde, verdorben, bis ins Mark?

      Eine Frage, die nicht beantwortet werden musste, weil jeder die Antwort kannte. Die man billigte, solang es im Verborgenen geschah und die Mittel den Zweck erfüllten. Scheinheilig war das Wort, das Bredica gerne damit in Verbindung brachte.

      Und was ist mit ihrem Balg? Ist dem zu trauen, nach alldem, was geschehen ist?

      Eine weitere, berechtigte Frage, wenn man sich die Umstände als ängstlich gottesfürchtige Person besah. Der schamlose Mord wurde zum Gottesurteil, die Teufelshure war gerichtet. Und was ihre Brut betraf – nun, das würden die Umstände schon richten. Jeder wusste, dass für Ausgestoßene in den Five Points die Überlebenschancen recht gering waren.

      Bredica verstand die Welt nicht mehr. Oft dachte sie an die Tage zurück, in denen sie lachend mit anderen ihres Alters durch die Straßen gerannt war und allerlei Unfug angestellt hatte. Doch nun hatten düstere Wolken ihr Gemüt verfinstert. Sie konnte niemandem mehr trauen und ein jeder tat gut daran, ihr ebenfalls kein Vertrauen entgegenzubringen, was die zuvor gestellte Frage eindeutig beantwortete.

      »Ich werde dich nicht enttäuschen, Mama«, flüsterte sie leise in der unbeheizten Badekammer vor dem stockfleckigen Spiegel stehend. Der Winter war hart, sie hatten kein Geld, um Brennholz zu kaufen, und auch sonst lag alles im Argen. Die Feuchtigkeit kroch aus den Mauern und brachte schwarzen Schimmel, der in Ecken und Winkeln wie fettiges Haar den Rissen folgend nach unten wucherte und auf der Zunge bitter schmeckte, weil die Luft voller Sporen war. Noch ging es ihnen besser als den meisten. Sie hatten ein Dach über dem Kopf, was in diesen schweren Zeiten nicht jeder von sich behaupten konnte. Doch die Uhr tickte laut und unaufhaltsam – die Frage war, wie lang sie dieses noch СКАЧАТЬ