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СКАЧАТЬ und schaffte es nicht bis zum Mund. Der schaffte es auch nicht, etwas zu sagen. Ich schluckte und sah wie erstarrt in Richtung Küchentür. Dann schaffte ich es doch. »Guten Morgen, Schneemann ... oder besser gesagt Schneefrau«, grüßte ich völlig überrascht zurück. Eine Frau? Wieso hatte ich nicht an diese Möglichkeit gedacht? Da tauchte auch noch das Gesicht meines Mannes hinter den beiden auf.

      »Hab ich was verpasst?«, murmelte er noch ganz verschlafen und wuselte sich durch die Haare.

      Die Situation war zu komisch. Ich lachte schallend los und die beiden Frauen stimmten mit ein.

      Marlon sah verständnislos hin und her, drehte ab und meinte seufzend: »Frauen ... ein Rätsel der Natur.«

       LustGier

      »Premiere 56«, schrieb Tessa mit einem Kugelschreiber in ihr knallrotes Notizbuch. Hinter ihrer akkurat geschriebenen Überschrift setzte sie einen Doppelpunkt und malte einen exakten kleinen Kreis. Tessa betrachtete die bereits eingezeichneten Kreise hinter den vergangenen Premieren und musste schmunzeln, denn fast alle Smileys lächelten zurück. Sie war voller Optimismus, dass ihre heutige Premiere auch ein Erfolg werden würde. Immer noch lächelnd, schrieb sie unter den Smiley, der noch kein Gesicht hatte: »Sex mit zwei Männern, Jack und Tyler.«

      Tessa warf ihr Premierennotizbuch übermütig neben sich auf das Bett, drehte sich schwungvoll auf den Rücken und verschränkte die Hände unter dem Kopf. Sie atmete tief und zufrieden durch. Ja, Tessa war süchtig, süchtig nach Leben, gierig nach neuen Erfahrungen, hungrig nach Adrenalin. Mit gesetzeswidrigen und halsbrecherischen Aktionen hatte es angefangen, zuerst spontan, später geplant.

      Zu Beginn brachten Tessa kleinere Ladendiebstähle den Kick. Es begann ganz zufällig, als Tessa mit einem ausgesuchten BH an der Kasse stand. Ganz vorn an der Kasse gab es ein Problem und die Schlange rückte einfach nicht weiter. Da es Tessa eilig hatte, den BH aber unbedingt haben wollte, ging sie aus dem Laden, ohne zu bezahlen. Niemand hatte etwas dagegen. Nach diesem Erlebnis machte sich Tessa gezielt auf den Weg nach Konsumgegenständen, die ihr gefielen. Schon bald verloren die Diebstähle ihren Reiz. Tessa wurde nie erwischt. Der Kick, der zu Beginn ihren Körper durchströmt hatte, stellte sich nicht mehr ein. Klauen wurde für Tessa völlig normal, also konnte sie es auch lassen.

      Eines Tages, auf dem Stadtfest, das sie mit Freunden besuchte, beschloss die Gruppe, Riesenrad zu fahren. Für Tessa gab es nichts Langweiligeres, als sich in einer Gondel im Kreis zu drehen. Doch sie wollte sich nicht als Einzige ausschließen und so stieg sie mit ein. Nur langsam fuhr die Gondel nach oben, weil das Riesenrad immer wieder anhielt und neue Besucher zustiegen. Da hatte Tessa wieder einen ihrer spontanen Einfälle. Sie kletterte, zum Entsetzten ihrer Freunde, aus der Gondel auf deren Dach. Nun kam ihr Blut in Wallung. So machte Riesenradfahren Spaß. Als die Gondel ganz oben angekommen war, fühlte sich Tessa groß und mächtig. Sie breitete die Arme aus und lehnte sich nur mit dem Oberkörper an eine der leicht schaukelnden Eisenstreben. Als es wieder abwärts ging, schaukelte die Gondel bedrohlich und Tessa hielt sich im letzten Moment fest, bevor sie zu kippen drohte. Sie lachte ihr Vergnügen laut in die Welt hinaus, die ihr zu Füßen lag. Leider wurden nun auch die anderen Gondelfahrer auf sie aufmerksam und schrien hysterisch herum. Dem Riesenradbetreiber rutschte sicher das Herz in die Hose, als er sah, was die junge Frau da veranstaltete. Geistesgegenwärtig hielt er das Riesenrad jedoch nicht abrupt an, sondern ließ Tessas Gondel in ganz langsamer gleichmäßiger Fahrt wieder nach unten kommen. Auf den letzten Metern wusste Tessa, dass die Fahrt nun für sie zu Ende war und kletterte geschickt wieder in die Gondel zurück. Dort musste sie sich nicht nur die Vorwürfe ihrer Freunde anhören, auch der Riesenradbetreiber fluchte und schimpfte auf sie ein.

      Nach dieser Aktion wurde Tessa klar, sie brauchte Gleichgesinnte oder musste ihren Vergnügungen allein nachgehen.

      Durch Zufall kam sie in Kontakt mit einer S-Bahn-Surfer-Clique. Das klang spannend und das wurde spannend. Tessa traf sich mit den Jungs immer in den Abendstunden. Die Zeit der Dämmerung war für ihr verbotenes Vorhaben am günstigsten. Man wurde nicht allzu schnell entdeckt, konnte selbst aber noch genügend sehen. Das Surfen auf und an den Zügen war für Tessa eine Herausforderung in vielerlei Hinsicht. Es war nicht nur körperlich anstrengend, sie musste sich vor den Gesetzeshütern verbergen und alle ihre Sinne hundertprozentig einsetzen. Der kleinste Fehler konnte verheerende Folgen haben. Das begriff Tessa aber erst, als einer ihrer neuen Surferfreunde bei einem nicht präzisen Sprung zwischen die Gleise geriet und beide Beine verlor. Tessa war körperlich fit, waghalsig und intelligent, aber eins war sie nicht: todesmüde.

      Sie sah sich in dem Bereich Extremsportarten um. Die hatten zwar immer noch ein gewisses Restrisiko, doch Tessa lebte nach dem Motto: »No risk no fun«.

      In den folgenden Monaten nutze sie ihre Freizeit zum Bungee-Jumping und zum Base-Jumping. Ihre Wochenend- und Urlaubsziele suchte sie nach den Möglichkeiten von anderen Extremsportarten aus: Klippenspringen, Wildwasserkanu fah­ren, Klettern. Sie fand unzählige Möglichkeiten, die erfunden wurden, um Menschen an ihre Grenzen zu bringen. Das alles machte Tessa Spaß, sorgte für ausreichend Aktion und Adre­nalin. Tessa hatte jedoch ein Problem. Alles wurde für sie zur Gewohnheit, zur Normalität. Je öfter sie etwas tat, umso langweiliger wurde es für sie.

      Nun, nach drei Jahren, gab es fast nichts mehr, was sie in diesem Bereich ihrem Notizbuch hinzufügen konnte. Sie suchte nach neuen Herausforderungen. So hatte Tessa sich, nach einem One-Night-Stand mit einem überaus erfahrenen und experimentierfreudigen Mann mittleren Alters, auf sinnliche Erfahrungen gestürzt, auf die Lust und den Sex.

      Es waren nicht unbedingt die Premieren selbst, die Tessa in höchste Ektase versetzten. Schon die Tage davor schwebte sie voller Vorfreude auf Wolke sieben. Das war für Tessa der Sinn des Lebens. Leben, lebendig sein, dem Leben alles absaugen und einsaugen, was es zu bieten hatte.

      Für eine feste Beziehung war kein Platz in diesem Leben. Tessa suchte gezielt die Nähe von bereits vergebenen Männern. Ob diese verheiratet waren, interessierte sie nicht. Sie wollte nur Sex, unverbindlichen Sex, und den bekam sie genau von diesen Männern, die keine tieferen Absichten hegten oder sich sogar verlieben wollten.

      Das Kennenlernen solcher Männer war für Tessa kein Problem, im Gegenteil: Es war schon fast zu einfach. Sie hatte eine effiziente Methode entwickelt, die für sie wenig Vorbereitung und Aufwand bedeutete und dem Mann ihrer Wahl einfach nur eine Entscheidung abverlangte: ja oder nein. Hatte sie einen Mann entdeckt, der ihr gefiel, beobachtete sie ihn eine Weile. Dabei war es Tessa völlig egal, wie alt oder jung, groß oder klein, blond oder braun er war. Entscheidend für sie war die Ausstrahlung und Wirkung eines Mannes auf sie. Stellte ihre relativ gute Menschenkenntnis fest, dass sie keinen Psychopaten, keinen Schwulen, keinen Exzentriker oder sonstiges ungeeignetes Exemplar von Mann beobachtete, ging sie einfach auf ihn zu, lächelte ihn verführerisch an, reichte ihm eine Visitenkarte und ging. Auf der gedruckten Vorderseite der Karte stand ein erfundener Vorname, ihre Handynummer und der Spruch: »Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum.«

      Auf der Rückseite stand handschriftlich: »Ruf mich an, wenn Du Lust auf ein Abenteuer hast! Ich will nicht Dich, sondern nur Sex!«

      Siebzig Prozent der so geköderten Männer riefen spätestens nach vierzehn Tagen an.

      Gespannt wie ein Bogen schnellte Tessa aus dem Bett. Es war Zeit für die Vorbereitungen zu »Premiere 56«. Sie eilte zum Kleiderschrank und legte die Sachen für ihren heißen Abend bereit. Zuerst einen weißen String und einen weißen Spitzen-BH. Die Farbe passte hervorragend zu ihrer makellosen braungebrannten Haut. Dann nahm sie zwei Bügel zur Hand und hielt diese rechts und links von sich gestreckt. Gelb oder rot? Ihr Blick wanderte hin und her. Tessa entschied sich für das gelbe Stretchminikleid, das ihren knackigen wohlgeformten Hintern auch wirklich geil aussehen lassen würde und ihre langen Beine nicht allzu sehr bedeckte.

      Summend СКАЧАТЬ