Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke
Автор: Guy de Maupassant
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962817695
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Ich muss nämlich gestehen, dass ich an diesen Rendezvous unter dem Dache des Gatten gar keinen Geschmack finde; es sind dies die Mäusefallen, in denen man die Dummen fängt. Sie aber ließ mit Bitten und Flehen nicht nach und weinte sogar schliesslich.
»Du wirst sehen, wie zärtlich ich mit Dir sein werde«, fügte sie hinzu.
Das »zärrrtlich« klang wie der Wirbel eines Tambours, der zum Sturme schlägt.
Ihr Wunsch kam mir so merkwürdig vor, dass ich mir ihn gar nicht erklären konnte; bei längerem Nachdenken glaubte ich jedoch, es sei irgend ein tiefer Hass gegen ihren Mann darunter verborgen, die stille Rachsucht vielleicht einer Frau, die mit Wonne den ihr widerwärtigen Gatten betrügt, und diesen Betrug noch vergrössern möchte, indem sie denselben in seinem Hause, auf seinen Möbeln, in seinen Kissen vollzieht.
»Ist Dein Mann sehr schlecht gegen Dich?« fragte ich sie.
»O nein«, entgegnete sie mit erstaunter Miene, »sogar sehr gut.«
»Aber Du liebst ihn wohl Deinerseits nicht?«
Sie sah mich mit ihren großen fragenden Augen an:
»Doch, ich liebe ihn sehr, im Gegenteil, sogar ganz ausserordentlich; aber nicht so sehr, wie ich Dich liebe, mein Herrrz!«
Ich verstand von alledem nichts, und während ich noch über des Rätsels Lösung nachdachte, erdrückte sie meinen Mund mit einer jener Schmeicheleien, deren Einfluss auf mich sie hinreichend kannte.
»Sag’, wirst Du kommen?« fragte sie leise.
Ich konnte mich aber nicht entschliessen. Da kleidete sie sich schleunigst an und ging fort.
Acht Tage verstrichen, ohne dass ich sie zu sehen bekam. Am neunten erschien sie wieder, blieb mit ernster Miene auf der Schwelle stehen und fragte:
»Willst Du diese Nacht bei mirr in meinen Arrrmen rruhen? Kommst Du nicht, so war ich zum letzten Male hier.«
Acht Tage, lieber Freund, ist eine lange Zeit, und in Afrika kommen sie einem wie ein Monat vor.
»Ja!« rief ich, die Arme öffnend, in die sie sich mit einem Freudenschrei stürzte.
Als die Nacht hereingebrochen war, wartete sie in einer benachbarten Strasse auf mich und geleitete mich zu ihrem Heim.
Sie bewohnten in der Nähe des Hafens ein kleines niedriges Haus. Wir durchschritten zuerst eine Küche, die zugleich als Speisezimmer diente, und gelangten dann in ein weißgetünchtes sauberes Gemach mit Fotografien der Verwandten an den Wänden und Papierblumen unter Glasglocken. Marroca schien vor Freude närrisch geworden zu sein.
»Jetzt bist Du hier, jetzt bist Du zu Hause!« rief sie, im Zimmer umhertanzend, ein über das andere Mal aus.
Und ich tat wirklich, als ob ich zu Hause wäre. Anfangs war ich etwas verlegen, das muss ich gestehen, ja sogar etwas ängstlich. Als ich zögerte, in dieser fremden Wohnung mich eines gewissen Kleidungsstückes zu entledigen, ohne dass ein Mann, wenn er überrascht wird, ebenso linkisch wie lächerlich erscheint und zu jeder Handlungsweise unfähig wird, entriss sie es mir mit Gewalt und trug es mit meinen anderen Sachen in das benachbarte Gemach.
Endlich fand ich meine Sicherheit wieder und suchte ihr dies nach Kräften und so gut zu beweisen, dass wir nach Verlauf von zwei Stunden noch nicht an Ruhe dachten, als plötzlich laute Schläge gegen die Türe uns erzittern Hessen.
»Ich bin’s, Marroca!« rief eine starke männliche Stimme.
»Mein Mann! Schnell, verbirg Dich unterm Bett!« flüsterte sie, in die Höhe fahrend. Ganz verwirrt suchte ich nach meinen Beinkleidern, aber sie drängte mich: »Geh doch, geh doch!«
Ich streckte mich der Länge nach auf dem Bauche aus und lag nun lautlos unter diesem Bette, auf welchem es mir so wohl gewesen war.
Sie schlüpfte in die Küche. Ich hörte, wie sie einen Schrank öffnete, ihn wieder schloss und irgendetwas herbeibrachte, das ich nicht sehen konnte, das sie aber schnell irgend wohin legte; dann, als ihr Mann ungeduldig wurde, antwortete sie mit fester ruhiger Stimme: »Ich finde die Streichhölzerrr nicht.«
»Ah, jetzt habe ich sie«, rief sie dann plötzlich, »ich öffne schon.« Und sie ging hinaus.
Ihr Mann kam herein. Ich sah nur seine Füsse, zwei enorme Füsse. Wenn das Übrige dazu im Verhältnis stand, so müsste es ein wahrer Hüne sein.
Ich hörte Küsse, dann einen Patsch auf die blosse Haut und Lachen.
»Ich habe meine Börse vergessen«, sagte er mit Marseiller Akzent, »deshalb musste ich umkehren. Hoffentlich kannst Du nachher ruhig schlafen.«
Er begab sich an die Kommode und suchte lange, was ihm fehlte, während Marroca sich auf ihr Bett warf, als käme sie vor Müdigkeit um. Hierauf ging er wieder zu ihr hin und versuchte zweifellos seine Zärtlichkeit an ihr, denn sie überhäufte ihn in wirren Redensarten mit einer Flut von rollenden »r«.
Ihre Füsse waren mir so nahe, dass mich ein törichtes, sinnloses und unerklärliches Verlangen ergriff, sie leise zu streicheln. Glücklicherweise konnte ich mich noch beherrschen.
Er schien seinen Zweck übrigens nicht zu erreichen, denn er wurde ärgerlich und sagte:
»Du bist sehr unliebenswürdig heute.« Aber schliesslich musste er gehen. »Adieu Kleine.«
Ein neuer Kuss, die großen Füsse wandten sich fort und verschwanden in der Küche. Die Haustüre schloss sich wieder.
Ich war erlöst!
Langsam, beschämt und niedergeschlagen verliess ich mein Versteck; und während Marroca, immer noch ganz unbekleidet, laut lachend und mit den Händen klatschend um mich herumtanzte, ließ ich mich schwerfällig auf einen Stuhl fallen. Aber mit einem Satze sprang ich wieder in die Höhe; etwas Kaltes lag unter mir, und da ich nicht mehr an hatte, als meine Gefährtin, so war СКАЧАТЬ