Название: Ein Kinderspiel
Автор: Mila Roth
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Spionin wider Willen
isbn: 9783967110333
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Sie ließ die Warteschleifenmusik über sich ergehen und hoffte, dass die Leitung irgendwann wieder frei sein würde. Während sie durch Euskirchen fuhr, überlegte sie fieberhaft, was sie jetzt tun sollte. Am besten fand sie wohl erst einmal heraus, ob die beiden Autos sie tatsächlich verfolgten oder doch nur zufällig den gleichen Weg eingeschlagen hatten. Also bog sie bei nächster Gelegenheit rechts ab, dann wieder rechts und fuhr kreuz und quer durch Euskirchen.
Nach kurzer Zeit verlor sie die Limousine aus den Augen, den Beetle jedoch nicht. Er hatte sich zurückfallen lassen, doch er folgte ihr ganz eindeutig.
Ob sie es schaffen würde, das Paar abzuhängen? Warum folgten die beiden ihr überhaupt? Waren das etwa auch Agenten, und falls ja, für wen arbeiteten sie? Sie hatte keinen Schimmer, was für Informationen sich in der Papiertüte befanden. Es war ihr auch nicht erlaubt, sie näher anzusehen. Sie hatte lediglich den Auftrag, sie heil ins Institut zu bringen.
Bei ihrem nächsten Blick in den Rückspiegel stellte sie fest, dass der Beetle wieder nähergekommen war. Also bog sie entschlossen wieder auf die B266 ab und gab etwas mehr Gas. Der Wagen blieb hinter ihr und sie erschrak, als wenige Augenblicke später die schwarze Limousine aus einer Seitenstraße hinter ihr einscherte. Offenbar hatte der Fahrer nur auf sie gewartet. Nein, es waren sogar zwei Männer, wie sie jetzt, da das Auto so dicht hinter ihr fuhr, erkennen konnte. Zwei Männer mit dunklen Sonnenbrillen, was bei dem eher diesigen Wetter heute extrem auffällig wirkte.
Ihr Herzschlag wollte sich gar nicht mehr beruhigen, doch sie zwang sich, den Blick auf den Verkehr vor ihr zu richten. Sie musste die Verfolger irgendwie loswerden. Wer wusste schon, was die vorhatten? Womöglich waren sie sogar bewaffnet und würden sie zum Anhalten zwingen oder auf ihr Auto schießen. Nicht hier in der Stadt, das glaubte sie weniger, aber auf der Landstraße?
Sie hielt sich, als sie Euskirchen verließ, gerade so an das Geschwindigkeitslimit, überholte einen Traktor und zwei Motorroller und hatte nicht viel später Rheinbach erreicht. Ihre beiden Verfolger waren noch immer hinter ihr, jedoch etwas entfernt. Da sie sich in ihrer Heimatstadt bestens auskannte, bog sie bei nächster Gelegenheit links ab, dann wieder rechts und fuhr im Zickzack durch den Ort. Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der noch immer die Warteschleifenmusik dudelte, passierte sie die Shell-Tankstelle und bog, einer Eingebung folgend, einen Moment später auf den Parkplatz vor dem HIT Markt ab. Dort fuhr sie in eine Parklücke nahe beim Eingang, schnappte sich Umhängetasche und Handy und rannte, so schnell sie konnte, in den Supermarkt.
2
Rheinbach, Meckenheimer Straße
HIT Markt
Donnerstag, 26. April, 15:27 Uhr
Etwas atemlos sah Janna sich in dem großen Supermarkt um und steuerte dann zielstrebig die Kassen an. Renate Loosen, eine gute Bekannte ihrer Mutter, arbeitete hier und hatte hoffentlich auch jetzt gerade Dienst. Als Janna sie an einer der Kassen sitzen sah, setzte sie ein, wie sie hoffte, fröhliches Lächeln auf und ging auf sie zu. Zum Glück war gerade nicht viel los.
»Hallo Renate, gut, dass ich dich hier treffe.«
»Janna, hallo, hast du gar nichts eingekauft? Du siehst ein bisschen gestresst aus.« Die Kassiererin lächelte ihr neugierig zu. Sie war Mitte fünfzig, ein wenig mollig und trug einen schicken schwarzen Pagenschnitt, der gut zu ihrem herzförmigen Gesicht passte.
»Ja, äh, nein, ich habe nichts gekauft. Ich wollte zu dir.« Ruhig, mahnte Janna sich, verhaspele dich nicht!
»Zu mir? Wie nett. Ich habe gleich meine Pause. Dann können wir ein Tässchen Kaffee trinken, wenn du möchtest.«
»Ähm, nein, dazu habe ich leider keine Zeit. Ich wollte dich nur um einen großen Gefallen bitten.« Kurz blickte Janna sich um, weil sie sich beobachtet fühlte, doch weit und breit war kein Verfolger zu sehen.
»Siebzehn Euro dreiundfünfzig.« Renate kassierte das Geld der einzigen Kundin, die sich an ihrem Kassenband eingefunden hatte, dann verabschiedete sie sie freundlich.
»Marlene, ich mache jetzt schon meine Pause, ja?« Sie winkte einer Kollegin an der übernächsten Kasse, die daraufhin nur kurz nickte, weil sie mit einem älteren Herrn beschäftigt war, der ihr sein Kleingeld hinzählte.
Mit wenigen Handgriffen hatte Renate sich aus der Kassensoftware ausgeloggt und entnahm die Geldkassette. »Hier bitte nicht mehr auflegen«, rief sie einer älteren Dame zu. »Komm, Janna, lass mich nur schnell das Geld wegbringen.«
»Okay.« Janna folgte ihr bis an die Tür zum Personalbereich und wartete dort ungeduldig, bis Renate wieder erschien.
»Also, was kann ich für dich tun?«
Janna holte tief Luft. »Du bist doch bestimmt mit dem Auto hier, oder?«
»Ja, selbstverständlich.«
»Würdest du es mir für ein paar Stunden ausleihen? Mein Golf ist gerade kaputtgegangen. Ich weiß nicht genau, was mit ihm nicht stimmt, aber der Motor springt nicht mehr an.« Sie hasste es, lügen zu müssen, aber jetzt ging es leider nicht anders. »Ich muss aber dringend zu einem Termin nach Bonn. Meine Eltern sind unterwegs und ein Taxi würde ziemlich teuer ...«
»Stimmt. Wie ärgerlich. Aber Autos haben es ja immer so an sich, dass sie zu den unpassendsten Gelegenheiten kaputtgehen. Ich könnte dir da Geschichten erzählen ...« Renate kramte bereits in ihrer Hosentasche und brachte einen Schlüsselbund zutage. »Selbstverständlich kannst du meinen Wagen ausleihen. Er steht drüben bei der Tankstelle. Ich müsste ihn nur bis kurz nach acht heute Abend zurückhaben.«
»Na klar, so lange wird es gar nicht dauern. Danke, Renate, du bist ein großer Schatz! Ich tanke auch, bevor ich zurückkomme.« Erleichtert nahm Janna den Schlüssel für Renates Renault Clio entgegen.
»Ach was, das ist nicht nötig. Du hast mir schließlich auch schon so oft Sachen aus dem Gartencenter mitgebracht und nimmst meine Enkel immer mit zu den Pfadfindern. Ich bin direkt froh, dass ich mich mal revanchieren kann. Hast du schon die Werkstatt benachrichtigt?«
»Ja. Sie kümmern sich darum, sobald es geht.«
»Gut. Hoffentlich hauen sie dich nicht übers Ohr. Man weiß ja, wie das immer geht, wenn Frauen in die Werkstatt kommen.«
»Ich passe schon auf.« Janna lächelte etwas gezwungen und sah sich noch einmal unauffällig um. »Ich muss jetzt los, sonst komme ich zu spät.«
»Ja, natürlich. Mach‘s gut und bis später, Janna!« Renate winkte ihr kurz zu und ging dann zurück in den Personalraum.
Janna machte, dass sie hinauskam. Dabei dachte sie verärgert darüber nach, dass sie sich nun besser auch eine Geschichte für ihre Eltern ausdachte, nur für den Fall, dass diese in der nächsten Zeit mit Renate zusammentreffen würden. Das war ein Punkt bei ihrer Arbeit für das Institut, an den sie sich einfach nicht gewöhnen konnte. Diese ständige Heimlichtuerei und die Lügen, die sie ihren Freunden und ihrer Familie auftischen musste, weil niemand etwas über ihre Tätigkeit für den Geheimdienst erfahren durfte. Doch jetzt war nicht der Zeitpunkt, sich damit auseinanderzusetzen.
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